Einer der bekanntesten Köpfe der Piraten-Partei, Christopher Lauer, hat öffentlich erklärt, dass Twitter für ihn gestorben ist. Darf der das als Mitglied einer Partei, die für wenig mehr als Netz-Affinität steht?
christina-waechter
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Christopher Lauer, Vorsitzender der Piraten-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus (und dem ein oder anderen jetzt-User noch als „Commodore Schmidtlepp“ bekannt), hat via FAZ seinen Twitter-Ausstieg maximal dramatisch und reichweitenstark verkündet. Ist ja auch gut zu wissen, wenn eines der prominentesten Mitglieder der Partei, die für wenig mehr steht, als für ihre Affinität zu Netz-Themen und modernen, flachen Kommunikationsstrukturen, dass also dieser Mensch beschließt, seinen Twitter-Account zu schließen und in Zukunft nur noch per Mail zu kommunizieren.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Illustration: Julia Schubert
Lauer nennt in seinem Text mehrere Gründe für die selbst gewählte Abstinenz: Twitter kostet ihn zu viel Zeit, pro Tag mindestens eine Stunde. Twitter kostet ihn jede Menge Nerven, er muss dumme Kommentare und Beleidigungen lesen, hat schon mehr als 500 Personen geblockt und ist zunehmend genervt von Twitter-Freunden, die nicht vorher überlegen, bevor sie belanglose Sachen tweeten. Twitter zerfasert seine Kommunikation und Journalisten nerven ihn mit Interview-Anfragen per Privatnachricht.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Illustration: Julia Schubert
Oh, the irony!
Seine vermutlich wichtigste Erkenntnis nach drei Jahren Twitter: Es lohnt sich gar nicht. Mit den „alten Medien“ – einem Artikel in der FAZ oder einem Auftritt in einer Talkshow – kann er sehr viel mehr Menschen erreichen, als mit den durchaus beeindruckenden 22.500 Followern, die er zuletzt angesammelt hatte. Und überhaupt: Selbst wenn alle 800.000 deutschen Twitter-Nutzer ihm folgen würden, dann hätte er immer noch sehr viel weniger Follower als Justin Bieber und Barack Obama.
Ist der Twitter-Ausstieg Lauers aus dem Netzwerk vergleichbar mit dem Kirchenaustritt eines prominenten CSU/CDU-Mitglieds? Darf der das als Pirat? Oder macht sich der streitbare Abgeordnete nur mal wieder wichtig, nachdem er zuletzt per SMS seinem Parteivorsitzenden den Austritt nahegelegt hatte? Oder macht er das einzig Richtige und sammelt seine Kräfte für wichtigere Dinge?