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Menschenrechtstechnisch auf iPhone-Niveau?

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Wenn die Komiker kommen, wird es ernst. „Somewhere right now in the White House, President Obama is walking around looking for the reset button on his 2nd term“, twitterte Ari Fleischer jüngst. Etwas süffisant, natürlich. Das ist die Art des ehemaligen Pressesprechers von George W. Bush. Und so ist auch sein Lob ein vergiftetes: „Drohnenangriffe, Lauschangriffe, Guantanamo, Entführungen, Militärtribunale“, sagte er, „Obama verwirklicht Bushs vierte Amtszeit, dabei hat er Bush einst vorgeworfen, die Verfassung zu missachten.“ Wie gesagt: Etwas süffisant. Und genau darin sehr wirkungsvoll. Wenig demontiert ein Symbol schließlich so sehr wie Spott.  

Zumal, wenn er die Realität trifft: Die Sammlung privater Telefon- und Internetdaten bei Unternehmen wie Google, Apple, Microsoft oder Facebook, die Bespitzelung von Journalisten, Drohnenangriffe, der Umgang mit Whistleblowern – das ist Bush-Politik, fortgesetzt von Obama. Bushs „Patriot Act“ verlängerte er 2011, den „Foreign Intelligence Surveillance Act“ Ende 2012. Das nun diskutierte Überwachungsprogramm „PRISM“ geht ebenfalls auf Bush zurück und wurde von der Obama-Regierung weitergeführt.  

Besonders in Deutschland macht sich eine Art Enttäuschung darüber breit: Als Barack Obama Ende des vergangenen Jahres wiedergewählt wurde, ergab eine ARD-Umfrage schließlich, dass 91 Prozent hierzulande für ihn gestimmt hätten.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

US-Präsident Obama - bist du enttäuscht von ihm?

Womöglich aufgrund eines Missverständnisses? Ein schwarzer, vermeintlich linker Präsident, der das menschenverachtende Gefangenenlager auf Guantánamo schließen lassen und Kriege beenden wollte, der redete mit dem alten Europa, statt es einfach in die Pflicht zu nehmen: all das war wohl menschgewordener europäischer Zeitgeist. Dazu hatte Barack Obama Unmengen von jenem Cool an sich, von dem gerne geschwärmt wird, wenn es um afroamerikanische Kultur geht. Ein Pop-Phänomen beinahe.  

Das Glück von Symbolfiguren (und Pop-Phänomenen) ist es, dass die Bilder, die wir von ihnen haben, lange entkoppelt funktionieren von Worten. Sogar von Taten. Und das Bild von Obama ist besonders stark. Wer sich etwa die Obama-Meme vor allem im deutschen Internet betrachtet, sieht den Präsidenten als Rapper mit Gangster-Gestus, oder als säuselnder R’n’B-Crooner im Regen. „I got 99 Problems – but Bin Laden ain’t one“ steht unter einem zum Beispiel. Ein Zitat von Jay Z, umgemünzt auf die Liquidierung des einst meistgesuchten Terroristen. Angeordnet vom obersten Heerführer.  

Die Bilder sind unendlich weit weg von der Lebenswirklichkeit eines Menschen, der die Elite-Universität Harvard mit magna cum laude abgeschlossen hat. Wie Obamas politisches Handeln oft sehr weit weg ist von den Ideen, die wir davon haben. Schon lang.  

Wir wissen inzwischen, dass Obama bis Dezember 2009, als er in Oslo den Friedensnobelpreis abholte, mehr Drohnenangriffe angeordnet hatte, als George W. Bush in acht Jahren. Die amerikanische Organisation ProPublica, die sich mit der Fördung von investigativem Journalismus beschäftigt, hat jüngst eine Timeline veröffentlicht, die zeigen soll, wie rigoros der Präsident mit Whistleblowern umgeht. Mit Menschen wie Bradley Manning also, die militärische und Regierungsgeheimnisse der Öffentlichkeit stecken. Von 1945 bis 2009 gab es demnach gerade einmal drei Anklagen gegen Whistleblower (von denen zwei schuldig gesprochen wurden). Unter Obama sind alleine in den letzten vier Jahren sechs ehemalige Mitarbeiter der Regierung oder amerikanischer Behörden, wie CIA oder FBI, angeklagt worden.  

Man muss mit dieser Timeline sehr vorsichtig umgehen. Die unterstellte Kausalität (doppelte Zahl = rigiderer Kurs gegen Whistleblower) funktioniert nämlich nicht, weil sie keine Erhebung darüber enthält, wie viele Whistleblower den Anklagen in den jeweiligen Zeiträumen gegenüberstanden. Aber genau dieser Umstand, die Tatsache, dass inzwischen Statistiken GEGEN Obama zurechtkonstruiert werden, hat eine sehr eigene Aussagekraft: Das Bild von „Hope“ und „Change“ bröckelt. Die Symbolkraft Obamas scheint zu schwinden. Auch in Deutschland:  

„Ich bin immer noch locker und cool. Auch wenn mich zu Hause manche schon mit dem iPhone vergleichen, was 2009 auch deutlich cooler war als jetzt“, legte Ralf Husmann dem US-Präsidenten gerade in seiner „Ghostwriter“-Kolumne im Kultur Spiegel in den Mund. „Es heißt, man sehe jetzt klarer die Mängel, und menschenrechtstechnisch könnten das iPhone und ich auch nachlegen. Sei’s drum!“ Lustig. Süffisant auch. Wenn die Komiker kommen, wird es ernst.  

Oder doch noch nicht? Wie empfindest du die Entwicklung der letzten Monate und vor allem der letzten Tage? Bist du enttäuscht von Obama? Oder hatte er für dich nie die Symbolkraft, wie für viele andere? Ist er für dich eher ein Opfer innenpolitischer Kämpfe, dessen Projekte - wie die Schließung Guantanamos - am Widerstand der Republikaner scheitern? Oder ein Machtpolitiker wie Bush? Hat er den Nobelpreis zu Recht bekommen? Und wie steht es für dich um seine großen Versprechungen „Hope“ und „Change“? Immer noch große Ziele oder längst große Illusion?

Text: jakob-biazza - Foto: afp

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