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Ja, ich will - oder? Der Hochzeitsticker
Auf der Webseite des Slate-Magazins hat die Autorin Julia Shaw folgende krude These zur Ehe aufgestellt: Viele Menschen wollen nicht heiraten, weil sie auf den perfekten Seelenverwandten warten; in Wirklichkeit aber werde ein Mensch erst dann zum Seelenverwandten, wenn man ihm das Ja-Wort gegeben hat. Heiraten, vor allem jung heiraten, ist laut Shaw die Lösung aller Probleme. Man ist einander versprochen, miteinander verschworen und geht gemeinsam durch Dick und Dünn, Höhen und Tiefen, nichts kann einem etwas anhaben. Als Beispiel führt sie ihre eigene Ehe (eingegangen mit 23 mit einem damals 25-Jährigen) an, in der sie und ihr Mann sich bisher stets geholfen haben und glücklich miteinander waren, auch ohne mit dem Ringetausch bis zum festen Job und dem eigenen Haus zu warten. Dass die meisten Menschen ersteinmal Karriere machen wollen, bevor sie heiraten, und das Heiratsalter darum seit Generationen stetig ansteigt, hält Shaw für einen großen Fehler.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Wann ist der beste Zeitpunkt zum Heiraten?
Das Problem ist, dass die Autorin von sich auf andere schließt. Nur, weil die junge Ehe für sie funktioniert hat, funktioniert sie noch lange nicht für jeden. Shaw selbst zählt in ihrem Text berühmte frühe Ehen von Britney Spears und Jessica Simpsons oder fiktive aus Serien wie „Girls“ auf, die schnell in die Brüche gingen, nachdem sowieso schon jeder damit gerechnet hat. Außerdem ist das gesamte Liebes-Idyll und Zueinander-Stehen, das sie beschreibt, genauso ohne eine vorherige Hochzeit möglich. Und schließlich ist da noch dieses Seelenverwandten-Argument, das mindestens für jeden, der nicht gläubig ist, aber auch für die meisten anderen, völlig haltlos daherkommt. Darum wurden zu Shaws heiratet-jung-Plädpoyer bereits zwei Gegenreden geschrieben. Sie pochen auf die Erkenntnis, dass Frauen, die später heiraten, auf lange Sicht meist mehr verdienen, und darauf, dass auch eine Ehe nicht immer alles so viel leichter und schöner macht wie Shaw behauptet – sondern mitunter sehr viel Arbeit bedeuten kann. Und sie verweisen auf Statistiken, die beweisen, dass die Scheidungsraten zurückgehen, seit das Heiratsalter ansteigt.
Trotz ihrer sehr selbstreferentiellen und esoterischen Argumentation, spricht Shaw aber auch einen wahren Punkt an: jung zu heiraten ist nicht mehr besonders beliebt. Eigentlich ist sogar heiraten generell nicht mehr besonders beliebt. Immerhin kann man auch ein langjähriges Paar sein und eine Familie gründen, ohne die Gemeinschaft im Standesamt und der Kirche besiegeln zu lassen. Die gesellschaftliche Norm erfordert hierzulande nicht mehr immer und überall eine Eheschließung. Für viele spielt der Gedanke an Kinder und Familie eine große Rolle in der Lebensplanung – der an die Ehe aber überhaupt keine.
Wie stehst du zur Ehe? Findest du sie wichtig oder ist sie dir egal? Findest du, wir sollten uns wieder früher auf einen Partner festlegen und heiraten? Oder erst nach vielen Beziehungsjahren das Ja-Wort geben? Oder besser überhaupt nie?
Text: nadja-schlueter - Foto: suze / photocase.com