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Googelst du beim Lesen?

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In meinem letzten Urlaub habe ich „Das größere Wunder“ von Thomas Glavinic gelesen. Einen großen Teil des Buches nimmt die Schilderung einer Mount-Everest-Besteigung ein, das hat mich sehr fasziniert. Während ich das las, befand ich mich in einem kleinen Ort in den Bergen und dann auf einer noch kleineren Insel und hatte das Buch in Rekordzeit durch. Vor allem, weil es in dem kleinen Ort und auf der kleinen Insel kein Internet gab. Denn ansonsten habe ich eine Angewohnheit, die meine Lektüre verzögert, aber, wie ich finde, auch bereichert: Ich googele beim Lesen.  

Hätte es also Internet gegeben, hätte ich sehr viel länger gebraucht, weil ich unbedingt Bilder zum Buch hätte sehen wollen: das Basislager, den Khumbu-Eisbruch, die Leichengasse, Lager 4 auf dem Südsattel, den Gipfel, von dem aus man die Erdkrümmung sieht.  

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Reichen dir die Beschreibungen im Buch - oder musst du es genauer wissen?

Es gibt Menschen, die das sicher sehr schlimm finden. „Hast du denn keine Vorstellungskraft?“, fragen sie vielleicht, „Reicht es dir nicht, was im Buch beschrieben wird?“ Theoretisch schon. Aber ich weiß ja eben auch, dass es den Mount Everest wirklich gibt und dass es Bilder davon gibt, und ich will wissen, ob es die Leichengasse auch wirklich gibt, und ich will noch mehr Geschichten zu all diesen verrückten Orten lesen und zu den verrückten Menschen, die dahingehen. Ich will den Buch-Kosmos, der schon so toll ist, erweitern, wachsen lassen, ich will, dass er nie aufhört.  

Und ich will etwas lernen. Früher, als ich das Internet noch nicht die ganze Zeit in Form eines Smartphones bei mir hatte, nutzte ich einen Zettel als Lesezeichen, auf den ich Namen (besonders ergiebig: die Lektüre von „Deutsches Theater“ von Benjamin von Stuckrad-Barre) und Begriffe aus dem Buch notierte, die ich nicht kannte, um sie später nachzuschlagen (ja, im Lexikon!) oder zu googeln. Heute mache ich das sofort, mit dem Telefon. Und zwar nicht nur beim Bücherlesen, sondern auch, wenn ich Zeitung lese. Wenn in einem Artikel die Geschichte eines Menschen nur am Rande erwähnt wird, weil man davon ausgeht, dass der Leser sie schon kennt oder sie nichts zur Sache tut, wenn der Name einer Militäroperation fällt, die vor vielen Jahren stattgefunden hat, wenn erwähnt wird, XY sei immer so bunt angezogen – sofort öffne ich die Google-App und suche los. Und dann wird die Geschichte, die ich grade lese, die Welt, in der ich gerade bin, wieder ein Stückchen größer.  

Und du? Liest du auch mit geöffneter Suchmaschine? Willst du auch immer alles sofort nachschauen? Oder findest du, dass es Verrat am Text ist, wenn man das Lesen dauernd unterbricht, um noch was anderes zu lesen oder anzuschauen?

Text: nadja-schlueter - Foto: veoveo/photocase.de

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