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Erst hui, dann gähn. Alles hat man irgendwann satt. Oder?

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Als Kind habe ich mich über alle Maßen für Modelleisenbahnen interessiert. Ich konnte die Katalognummern von Lokomotiven auswendig, schrieb in Kinderschrift sehr lange Listen mit allen Zubehörteilen, die ich unbedingt brauchte und verfasste meine Weihnachtswunschzettel für die nächsten drei Jahre im voraus. Ich schrieb, abermals in Kinderschrift, an die Firma Märklin und bat um Poster und, etwas blauäugig, um Ausschussware. Kam natürlich nichts. War auch gut, denn irgendwann standen die Kisten mit Schienen und Co. in der Garage.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ich interessierte mich nämlich neuerdings unheimlich fürs Angeln, schrieb wieder Listen, machte bei Preisausschreiben mit, legte die Fischerprüfung im Alter von elf Jahren ab und gab bis zu meinem 14. Lebensjahr mein ganzes Geld für Blinker, Schnur und Angelruten aus. Nie hätte ich gedacht, dass ich noch irgendwann ein anderes Hobby brauchen würde. Zwei Jahre später allerdings konnte ich mich kaum noch erinnern, was mich dazu bewogen hatte, mit einer grünen Weste tagelang am Seeufer zu hocken. Stattdessen hörte ich Musik. Ernsthaft natürlich, begann Musikzeitschriften nicht nur zu lesen, sondern Platte für Platte nachzukaufen, entdeckte Backkataloge, amerikanische Fanzines und Merchandise-Versender. Je (alterna)tiver ich in die Popmusik eintauchen konnte, umso besser, wahrer, schien mir die Sache. Ich kannte alles, Schlagzeuger, Bandhistorien, Referenzen, fand Konzerte mich zwanzig Besuchern mainstreamig, fuhr mit dem Zug in komische Städte, um die Plattenflohmärkte zu besuchen, erbettelte Poster und schoss wacklige Fotos, auf denen Musiker inkognito zu sehen waren. Gleichzeitig arbeitete ich am Look meiner Leidenschaft, erkramte Unmengen Plastiklampen aus den 70er, schleppte olle Sessel und alte Hüte von Omas Dachboden, zwängte mich in amerikanische Firmen-T-Shirts, schlug mich mit marodierenden aber stylishen Kofferplattenspielern herum… .

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Solange bis sich irgendwann Staub auf den Plattenspieler legte, ich nicht mehr jede Single meiner zehn Lieblingsbands kaufte, sondern nur noch jedes neue Album. Das machte ich irgendwann auch nicht mehr, sondern ließ mir nur noch erzählen, wie es klingt - zumindest solange bis ich die Freunde, die mir das erzählen konnten, auch kaum mehr sah. Das ganze Trash-Sammelsurium hatte ich langsam satt, ich konnte die knallbunten organischen Plastikdinger nicht mehr sehen und räumte sie nach und nach in den Keller, zu den Angeln, zu den Märklin-Schienen und dem ganzen Rest, für den ich mal brannte. Geht das jetzt immer so weiter? Erst ganz toll finden und dann ganz satt haben? Welche Hypes hast du mit der Zeit wieder abgelegt? Wovon konntest du erst nicht genug kriegen und willst jetzt nichts mehr davon hören?

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