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Dienen dir deine Gene als faule Ausrede?
Vermutlich ist meine Matheschwäche einfach angeboren, vererbt gewissermaßen. Das steht eigentlich schon lange für mich fest. Meine Mutter hat schon ihre Vierer und Fünfer im Matheunterricht kassiert und bei meinen Zeugnissen immer großmütig über die Zahl hinweg gesehen, die im Kästchen Mathematik stand. Als meine jüngere Schwester dann zum ersten Mal mit einer Aufgabe ankam, die sie nicht lösen konnte, wurde mir klar: Wir steigen alle drei ab einer gewissen Schwierigkeitsstufe einfach aus und beginnen, uns durchzumogeln und den Stoff nur soweit zu durchdringen wie es irgendwie nötig ist, um die rettende Vier zu erreichen. Ist ja gesellschaftlich auch immer noch weitgehend akzeptiert, dass manche Leute es mit Zahlen, Funktionen und Parabeln eben nicht so haben. Da ruht man sich doch gerne mal darauf aus, dass mathematische Begabung mit Sicherheit rein gar nichts mit Ehrgeiz oder Fleiß sondern in erster Linie mit den eigenen Genen zu tun hat. Und an denen kann man nun mal nichts ändern – irgendwie praktisch in diesem Fall.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Die Studie, die Neurowissenschaftler der amerikanischen Duke University nun veröffentlicht haben, scheint diese faule Ausrede im ersten Moment zu legitimieren, denn: Das Forschungsteam um Ariel Starr hat herausgefunden, dass bereits Babys im Alter von sechs Monaten aufgrund ihres unterschiedlichen Zahlensinns in zwei Gruppen eingeteilt werden können. 48 Kinder waren insgesamt an der Studie beteiligt. Im Labor wurden ihnen zwei Bildschirme gezeigt. Auf dem einen waren immer genau zehn schwarze Punkte zu sehen, auf dem anderen variierte die Anzahl zwischen zehn und zwanzig Punkten. Während ein Teil der Babys genau dorthin blickte, wo mehr passierte, also mehr Punkte zu sehen waren, schien dies den anderen beteiligten Kindern zu entgehen. Ich vermute schwer, ich hätte zu letzterer Gruppe gehört. Der Gruppe mit dem mangelnden Zahlensinn. Drei Jahre später wurden die Kinder erneut zu einem Test eingeladen und siehe da: genau die Testpersonen, die bereits als Baby ein angeborenes Gespür für Mengen hatten, stellten auch bei der zweiten Testreihe ihren besseren Zahlensinn unter Beweis.
Die Autoren der Studie sind sich sicher, dass diese Ergebnisse der erste Beleg dafür sind, dass mathematische Fähigkeiten bis zu einem gewissen Grad erheblich von unseren Genen abhängen. Allerdings stellen sie allen Matheversagern damit keinen Freifahrtschein aus. Durch ausreichend Motivation, durch Erfahrung und Bildung, also im Klartext durch Nachhilfeunterricht und jede Menge Übung können es auch die unaufmerksamen Babys in der Studie durchaus schaffen, ihre mangelnde Begabung beim Jonglieren mit Zahlen auszugleichen. Kommt eben nur darauf an, ob man das auch möchte oder sich lieber auf der Kurzfassung der Studie ausruht und sich weiterhin bei jeder Gelegenheit auf die vererbte Matheschwäche rausredet.
Wie sieht es bei dir aus? Ruhst du dich gerne auf der Ausrede aus, deine Gene seien letztlich Schuld an deinen (nicht vorhandenen) Begabungen? Oder versuchst du, deine genetischen Voraussetzungen durch Ehrgeiz und ausreichend Motivation auszuhebeln?
Text: lisa-freudlsperger - Foto: photocase.com / markcarper