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Der Ticker vom Sofa aus

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Warschau am Mittwoch? Abgesagt. Empfang des luxemburgischen Regierungschefs am Donnerstag? Verschoben. Neujahrsempfang im Schloss Bellevue? Wird vielleicht auch nichts.

Es sind häusliche drei Wochen, die auf Kanzlerin Merkel zukommen: Nach der Diagnose "unvollständiger Bruch im linken hinteren Beckenring" haben ihre Ärzte Bettruhe oder zumindest Sofalage angeordnet. Sie wird von dort aus viele Geschäfte in Heimarbeit erledigen, heißt es. Langweilig wird es ihr also nicht werden.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Beine hoch - und dann was? Comics lesen? Konsole spielen? Mails abarbeiten?

Kranksein, Bettruhe, ein Lager auf der Couch: Da wirbeln mir die Kindheitserinnerungen nur so durch den Hinterkopf! Wenn ich krank war, lief mein Tag immer nach einem genauen Plan ab: Morgens Umlagern vom Bett auf die Couch im Wohnzimmer (wobei meine Mutter das noch warme Bettzeug hinter mir hertrug und dann schwungvoll über mich breitete - einer der besten Momente des Tages!). Dann Verabschiedung der berufstätigen Mutter und der schulpflichtigen, weil ja gesunden Schwester - gefolgt von einer vierstündigen unbeaufsichtigten Odyssee durchs Privatfernsehen, die nur von Schlafpausen unterbrochen wurden. Nachmittags dann, wenn die Mutter zurück und wieder Herrin über die Fernbedienung war: Asterix lesen bis zum Abend.

Diese Traditionen haben sich erstaunlich lang gehalten - auch wenn ich seit Jahren bei Krankheit keine mütterliche Pflege mehr genieße. Spüre ich körperliches Unwohlsein, das einen Fehltag rechtfertigt, zelebriere ich den Ausnahmezustand durchaus feierlich. Ich lege mich immer noch morgens mit Bettzeug aufs Sofa (obwohl man den Fernseher vom Bett aus besser sieht). Alsdann lese ich mich zum siebenundachtzigsten Mal durch meine Calvin-und-Hobbes-Sammlung, während im Hintergrund aktueller TV-Schund vorbeizüngelt. Arbeiten auf der Couch? Kann ich nicht. Und will ich auch nicht. Wenn ich schon krank bin, will ich die unfreiwillige Pause auch mit demonstrativer Unnützigkeit und frivoler Ineffizienz kontern.

Wie ist das bei dir? Welche Rituale hast du, wenn du entschieden hast, dass du "heute mal lieber daheim" bleibst? Welche davon haben sich aus der Kindheit erhalten, welche sind neu? Und was sind deine Methoden, dir auf dem Sofa die Zeit zu vertreiben? Irgendwelche Tipps für die Bundeskanzlerin?


Text: lucas-grunewald - Foto: secretgarden / photocase.com

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