Auch wenn man weiß, dass Schubladendenken unfair ist - es gibt Dinge, die andere auf Anhieb unsympathisch erscheinen lassen. Was löst bei dir den Vollidiot-Reflex aus?
sina-pousset
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Beim berühmten ersten Eindruck hat eigentlich jeder eine faire Chance verdient. Wenn sich aber um den Hals meines Gegenübers ein Leopardenschal windet oder mir ein rattengleiches Hündchen aus der Handtasche entgegenglupscht, entwischt mir die Toleranzgrenze und rennt zusammen mit strassbesetzten Gürteln und Plastikfingernägeln davon. Das kommt vielleicht daher, dass man nach den ersten zwei Jahrzehnten auf dem Planeten davon ausgeht, ein hervorragender Menschenkenner zu sein und wider besseres Wissen und gute Vorsätze manchmal unwillkürlich beginnt, Schobladen zu packen. In dieser reflexartigen Vorgehensweise teilt man die Welt in böse, gut und blöd. Und genau da landen die Leopardenschalträger, in der Schublade mit den Blöden. Die, die Leopardenschals tragen, können nämlich kein Regalbrett anbohren, haben einen schmierigen Freund mit Doppelnamen, verzieren sich an allen möglichen Körperstellen mit Glitzer und kreischen, sobald ihr Lieblings-Technomix von Rihanna im Club anläuft. Davon gehe ich zumindest stark aus. Auch wenn ich weiß, dass es unfair ist.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Illustration: Julia Schubert
Dass es unfair ist, weiß man spätestens, wenn man bei anderen in der Schublade landet. Das hält aber niemanden davon ab, andere anhand ihres Schuhwerks, ihrer Uhr oder ihres Haustiers psychologisch zu durchleuchten. Damit schmeichelt man schließlich dem Ego. Denn die Dinge, die man an anderen verachtet, stehen für den Gegenentwurf zum eigenen Selbstbild – und das wird durch die Konfrontation mit dem Feind ein kleines bisschen aufgewertet: „So“, denkt man sich, „bin ich Gott sei Dank nicht.“. Und versichert sich selbst noch einmal den Stammplatz in der Schublade der Guten.
Wann ist bei dir jemand auf den ersten Blick unten durch? Bestätigt sich dein erster Eindruck oder wurden deine Vorurteile auch schon über den Haufen geworfen? Wie gehst du damit um, wenn du bei anderen in einer Schublade verschwindest?