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Angst vor Ungewöhnlichem
Malmö in Schweden. Kopfunter schwimmt ein lebloser Männerkörper im Fluss. Keine Schuhe, braune Jacke, beige Hose. An der Gesäßtasche sind sieben farbige Luftballons befestigt. Teilweise schauen Menschen bestürzt von der Brücke herab, gehen dann aber weiter. Der Mann bleibt seinem Schicksal überlassen.
Was hier nach dem Beginn eines Tatortes klingt, ist in Wirklichkeit eine Kunstinstallation. Der US-amerikanische Künstler Mark Jenkins formt aus durchsichtigem Klebeband Figuren, die unheimlich realitätstreu aussehen. Er zieht ihnen normale Klamotten an und stellt sie irgendwo in der Öffentlichkeit aus. Das urbane Schauspiel, das die Menschen veranstalten, haben sie einmal die Figuren entdeckt, filmt er heimlich mit einer Kamera. In Berlin wurden seine Werke nun erstmals ausgestellt. Erstaunlich ist, wie wenige Menschen auf seine geklonten Klebebandmenschen reagierten. Selbst beim Anschein einer sich gerade vom Dach stürzenden Frau dauerte es Stunden, bis jemand die Polizei rief.
Nicht alle seiner Figuren sind verstörend. Sie sind meist skurril. Ein durchsichtiges Baby klettert auf auf eine Laterne . Eine Frau hält auf einem großen Ortsschild ein Nickerchen. Man mag meinen, es handele sich um lustige Alltagsscherze. Einige Betrachter beschleunigen aber eher ihren Gang, schauen sich beim Vorbeigehen hektisch um. Erschrocken und ängstlich zugleich. Als würden sie erwarten, dass gleich das nächste RTL2-Team um die Ecke springt und sie anprangert.
Außergewöhnliche Dinge auf der Straße sind unbehaglich. Manche Menschen wissen nicht mehr, was Wirklichkeit ist. Andere sind einfach ignorant. Wie reagierst du, wenn du etwas Ungewohntes entdeckst? Bist du der Entdecker und schaust es dir genauer an? Oder willst du lieber nirgendwo mit reingezogen werden? Was aber, wenn es um etwas Ernstes geht – Hast du schon mal erlebt, dass Menschen keine Zivilcourage hatten? Dich dann sogar mit ihnen angelegt?