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Zwei Pfund Nostalgie, bitte
jetzt.de: Warum lieben wir eigentlich Tante-Emma-Läden?
Sebastian Diehl: Das Besondere ist vor allem die persönliche Bedienung. Die Läden strahlen einen gewissen Charme aus und als Kunde wird man noch richtig wahrgenommen. Bei den Discountern ist das ziemlich untergegangen. In Deutschland haben sich die Ketten ausgebreitet, die kleinen Läden wurden verdrängt. Aber die alten Tante-Emma-Läden waren auch nicht mehr zeitgemäß. Sie lebten von der Gemütlichkeit, waren meistens langsam und hatten ein angestaubtes Image. Die Leute suchten nach etwas Neuem, was aber nicht gleichzeitig bedeutet, dass das Alte nicht mehr gut war.
Also habt ihr beschlossen, mit eurem Laden „Emmas Enkel“ dem alten Konzept neues Leben einzuhauchen?
Ja. Als wir klein waren, gab es noch viele dieser Läden. Wir haben dort in den Schulpausen unsere Brote gekauft oder uns mit Süßigkeiten versorgt. Während unseres Studiums waren Benjamin und ich dann im Ausland. Ich in Barcelona und er in China und New York, und überall waren diese Tante-Emma-Läden noch in unterschiedlichsten Facetten verfügbar, ganz anders als in Deutschland. Und weil wir schon immer diese Idee hatten, selber einen zu eröffnen, haben wir uns damit befasst, warum sie ausgestorben sind, welche wirtschaftlichen Gründe das hatte und was man tun müsste, um sie wieder zu beleben. Irgendwann sind wir zu dem Schluss gekommen, sie um die Online-Komponente zu ergänzen. Wir sind noch jung und wenn wir nicht jetzt etwas wagen, wann dann?
Wie läuft ein Einkauf bei euch ab?
Unser Alleinstellungsmerkmal ist der Multikanal-Ansatz. Es gibt drei Wege, um bei uns einzukaufen. Du kannst zu uns in den Laden kommen, deinen Einkaufszettel abgeben und wir packen dir alles zusammen. Oder zu setzt dich in unsere Stube, trinkst einen Kaffee und wählst an den hier liegenden iPads die Produkte aus, die du gerne kaufen würdest. Oder, und das ist die letzte Möglichkeit, du bestellst von Zuhause oder unterwegs via Internet und dann bringen wir dir deinen Einkauf innerhalb von zwei Stunden nach Hause.
Was habt ihr in eurem Sortiment?
Wir haben mittlerweile 2 500 Produkte, sind aber mit nur 1 500 gestartet. Das geht von der Schokolade über den Aufschnitt zur Zahnpasta. Wobei wir immer viel Wert auf die Qualität legen. Das immer größer werdende Sortiment kommt durch den guten Kontakt zu unseren Kunden, was ja auch immer eines der Grundprinzipien eines Tante Emma Ladens war. Der Kontakt findet sowohl im Laden selbst, zwischen Verkäufer und Einkäufer statt, als auch über Social Media. Wenn ich sehe, was bei uns an Facebook-Kommunikation mit den Kunden läuft, kann ich nur staunen. Ganz viele schreiben uns ihre Anregungen auf die Pinnwand oder wünschen sich bestimmte Produkte, die wir dann in unser Angebot aufnehmen. So entwickelt sich unser Sortiment kontinuierlich weiter, wir bleiben im Gespräch mit den Kunden und haben immer das Ohr am Markt.
Wie erklärt ihr euch euren Erfolg, wo der Internetversand von Lebensmitteln doch bisher eher schlecht lief?
Unserer Meinung nach fehlte es immer an Konzepten und am Willen des Handels selbst. Wir haben gesehen, dass Online-Lebensmittel-kaufen nur in Deutschland nicht funktioniert, überall sonst auf der Welt aber schon, deshalb war uns klar, dass es mit der richtigen Idee auch funktionieren würde.
Und dafür habt ihr euch gerade Düsseldorf ausgesucht?
Wir brauchten eine große Stadt, die aber auch facettenreich ist. Wir haben hier kaufkräftige Kunden, aber auch viel Multikulti, was wir wichtig finden. Außerdem habe ich schon hier gewohnt, deshalb war Düsseldorf naheliegend. Wir mussten uns ganz oft rechtfertigen, warum wir nicht in Berlin sind.
Wie reagieren die Leute auf euch?
Die Resonanz ist gigantisch. Wir sind richtig platt. Man merkt zwar, dass das Konzept in Deutschland noch neu ist, wenn die Menschen es aber einmal verstanden haben, dann sind sie dankbar dafür und nutzen es auch immer öfter. Viele neue Kunden kommen auch erst einmal in den Laden, um sich zu versichern, dass wir frische Produkte haben, und bestellen dann nur noch über das Internet. Insgesamt kommen zwar immer noch mehr Menschen her, dafür sind die Bestellungen über das Internet um das zehnfache größer.
Bist du gerne eine Tante Emma?
Total. Die wahre Tante Emma ist aber meine Oma. Die kommt immer wieder her, obwohl sie schon 84 ist, und bringt saisonale Deko vorbei. Letztens erst hat sie alle Pfosten umstrickt, die auf dem Bürgersteig vor unserem Laden stehen. Außerdem prüft sie uns auf Seniorentauglichkeit. Wenn sie kommt, springen alle auch immer viel mehr, als bei mir.
Seit einer Woche liefern Emmas Enkel (emmas-enkel.de) deutschlandweit.
Text: lena-niethammer - Foto: dpa