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Wer reinkommt, ist drin
Türsteher meiden! Der Türsteher gehört zum typischen Münchner Personal wie der Wiesnwirt oder der Standlbesitzer. Stadtlegenden ranken sich seit jeher darum, wer reinkommt und wer nicht: In den Salzhandel, in den Club, in die BussiBussi-Clique, ins geschlossene Bierzelt oder in die Stammelf des FC Bayern. Insgeheim hätten die Münchner manchmal gerne einen Türsteher für ihre Stadt, einen, der an Föhntagen sagt: „Heute nur Stammgäste auf der Stammstrecke!“ Als Neumünchner sollte man jedenfalls die Türsteher in den ersten Monaten nicht allzu oft herausfordern, schließlich sprechen die meistens nur die unangenehme Wahrheit aus: „Dich kenn ich fei nicht.“
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Seit Anfang August lebt die Grafikerin Joanna Swistowski in München. In ihrem sehenswerten Fotoblog Mewnich zeigt sie ihren Blick auf die neue Stadt. Nicht assimilieren, nicht konkurrieren! Der Münchner ist es gewöhnt, dass sich sogar Tagestouristen mit Einweg-Lederhosen und Vollräuschen anpassen und dass Neulinge nach einem halben Jahr in München korrektes Bairisch nachahmen. Das macht ihn nicht nur grantig, sondern auch misstrauisch: Wäre es etwa so leicht, Münchner zu werden? Natürlich nicht, deswegen sollte man ihn ruhig ein bisschen in dem Glauben lassen und als Neumünchner mindestens zwei Jahre lang die Ur-Münchner Anmerkungen zu Stadt und Welt mit gespieltem Erstaunen anhören.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Die richtigen Filme schauen! Wie keine andere deutsche Stadt, hat München seine DNA in Serien konserviert und der BR ist verpflichtet, regelmäßig einige davon zu zeigen, denn auch die echten Münchner vergessen bisweilen, was das Münchnerische noch mal genau ausmacht. Die zum Einstieg wichtigsten Serien in wertender Reihenfolge: Kir Royal (Man lernt: Münchnerisch, wie das innerstädtische Gesellschaftssystem und die Medienlandschaft funktionieren und welche Autos die einzig wahren zur hiesigen Fortbewegung sind.) Pumuckl (Man lernt: Bairisch, findet in Meister Eder eine prägende Vaterfigur und bekommt Eindrücke vom Münchner Hinterhof-Denken, zum Beispiel, dass jedes komische Geräusch „Wahrscheinlich a Viech!“ ist.) Monaco Franze (Man lernt: Das sehr wichtige Stenz-Einmaleins, das dem Münchner die Fortpflanzung erleichtert, das Prinzip Schwabing und warum es so wichtig ist, Spezl zu haben) Polizeiinspektion 1 (Man lernt: Das Prinzip Sedlmayr und wie harmlos die Münchner Unterwelt ist und woher ergo diese große Gemütlichkeit kommt.) Wer einigermaßen firm in diesen Meisterwerken ist, wird auf jeder Party und in jedem Wirtshaus beim Smalltalk sein Auskommen haben.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Nicht die falsche Meinung haben! Münchner sind empfindlich und haben, wie jede hochentwickelte Zivilisation, ihre wunden Punkte. Wer also nicht gleich als auswärtiger Besserwisser enttarnt werden möchte, sollte sich vor dem Herausposaunen unangenehmer Wahrheiten hüten und lieber der Stadtmeinung anschließen. Hier einige Beispiele: Falsche Meinung: „Föhn ist hier doch so eine Ausrede für massenhaft auftretendes menschliches Versagen.“ Richtige Meinung: „Wer den Föhn spürt, ist besonders sensibel und ein guter Münchner.“ Falsche Meinung: „So lustig ist das Karl-Valentin-Museum jetzt aber nicht.“ Richtige Meinung: „Karl Valentin ist der Einzige, der überhaupt je lustig war. Wer was anderes sagt, hat keinen Humor nicht.“ Falsche Meinung: „Eure heiligen Bierschwemmen sind doch nur Systemgastronomie mit TurboAbfertigung.“ Richtige Meinung: „Das Essen schmeckt dort sehr gut, die Kellnerinnen haben liebenswerten Grant und es geht so schnell, damit das Bier nicht schal wird.“ Falsche Meinung: „Die Löwenpfote streicheln soll Glück bringen? Echt jetzt? Und welche genau?“ Richtige Meinung: „Dann lasst es halt bleibn, wirst scho seh’n, was’d davon hast.“ Falsche Meinung: „Die Theresienwiese ist ja ganz schön öd, so ohne Oktoberfest.“ Richtige Meinung: „München hat viele Grünflächen mitten in der Stadt.“ Falsche Meinung: „Egal, ob Karneval oder Fasching, in München findet sich nichts, was annähernd damit zu tun hat.“ Richtige Meinung: „Schmarrn, in München wurde der Fasching erfunden!“ Falsche Meinung: „Die Moshammer-Krawatten sahen doch scheußlich aus.“ Richtige Meinung: „Der Herr Moshammer war ein Original, wie es heute gar keine mehr gibt.“
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Auf Integration pfeifen!
Bei echten Münchnern entscheiden nicht erst die richtigen Schulen über den Status, sondern schon das Krankenhaus, in dem sie geboren wurden. Es ist also aussichtslos, als Zuwanderer jemals als Münchner durchzugehen, selbst wenn man schon Jahrzehnte den Schäfflertanz beherrscht. Das macht nichts, denn dafür ist München nun mal seit jeher eine begehrte Einwanderungsstadt und die Urbevölkerung hat ihre Integrationsdebatte schon vor langer Zeit mit einem fortschrittlichen Ergebnis abgeschlossen, es lautet in etwa: Wer nicht von hier ist, der hat’s eh schon schwer genug, der darf sich zur Genesung bittschön gern ein wenig an unserer Heimat delektieren.
Text: max-scharnigg - Bilder: Joanna Swistowski/Mewnich