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Unter Münchnern

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A – A-Typ
Münchner U-Bahn-Züge sind blau. Und sie sind Typen - so werden die Baureihen der Triebfahrzeuge der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) genannt. Am häufigsten ist derzeit Typ A unterwegs, der zwischen 1967 und 1983 gebaut wurde. Mit seiner kompakten Form und den kleinen Fenstern wirkt er bullig. Der Fußboden ist oft etwas abgeschabt und auf den Kunstledersitzen sind Generationen von Münchnern zur Arbeit gefahren. Die moderne C-Reihe kommt dynamischer daher, ist aber lange nicht so charmant.
 
B – Bewacher mit Rolltreppenwissen
Auch wenn es Fälle von U-Bahn-Schlägern in die Schlagzeilen schaffen: München ist nicht gerade die Bronx, es passiert verhältnismäßig wenig. Vielleicht hat das auch damit zu tun, dass die Angestellten der Münchner U-Bahn-Bewachungsgesellschaft mbH regelmäßig Streife gehen. (Gut zu wissen: Die Damen und Herren können im Notfall auch stehengebliebene Rolltreppen wieder anwerfen.)

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



C – „Charmante“ Handlesedienste
Handleserinnen passen gestresste Frauen gern beim Warten auf die U-Bahn ab. Sie blicken dann grantige Frauengesichter versonnen von unten aus an und langen unaufgefordert nach der Hand. Dabei bieten sie auch „spontan“ an, die Farbe der Aura zu verraten.
 
D – Daten
Für Zahlenfreunde: 95 km ist das Münchner U-Bahn-Netz lang, es zählt sechs Linien und 100 Bahnhöfe. Insgesamt gehören 576 Züge zum Fahrzeugbestand, vergangenes Jahr beförderten sie 360 Millionen Passagiere bei einer mittleren Reisegeschwindigkeit von 36,4 km/h. Für den Notfall befinden sich 666 Sprechstellen in den Bahnhöfen.
 
E – Erste!
Die Münchner U-Bahn wurde im Oktober 1971 eröffnet – sogar für deutsche Großstadtverhältnisse spät. Die Berliner waren schon 1902 unterirdisch unterwegs. Die erste U-Bahn der Welt tuckerte ab 1863 durch London.
 
F – Fensterln
In der U-Bahn nicht so spannend wie in der alpinen Originalversion, aber bei schüchternen Teenagern beliebt. Im Prinzip funktioniert es so, dass der Junge das Mädchen heimlich im spiegelnden Fenster anschaut. Oder umgekehrt.
 
G – Grant
Böse Zungen behaupten: Grant ist der Naturzustand der U-Bahn-Fahrer – zumindest derjenigen, die nicht aus den neuen Bundesländern stammen. Der Fahrgast aber verfällt selbst in diesen Aggregatszustand, wenn Umbauarbeiten das Ausweichen auf Schienenersatzverkehr-Busse nötig machen. Zefix!
 
H – Handyfunkloch
Handygespräche waren in der Münchner U-Bahn lange Opfer eines unterirdischen Riesenfunklochs. Über Jahre sah die MVG auch keinen Handlungsbedarf, sie berief sich auf Umfragen, nach denen Fahrgäste sich von Handys gestört fühlten. Seit Juli funktioniert der Mobilfunkempfang im Münchner Stadtgebiet aber.

I – Innere Werte
Einen Abstellplatz fürs Fahrrad suchen wird nicht besser, wenn es regnet und die U-Bahn gerade abfährt. An der Haltestelle Olympia-Einkaufszentrum gibt es zwischen Oberfläche und Bahnsteig ein komplett unterirdisches Fahrradparkhaus.
 
J – Jahrhundertfanblog
Der Blog www.muenchnerubahn.de setzt den blauen Zügen ein Online-Denkmal. Allein die Datenfülle hier ist atemberaubend und ein Königreich für U-Bahn-Nerds: Geschichte, Linien, Ausstattungsdetails der verschiedenen Zugtypen, die Defibrillatoren auf den Bahnsteigen – alles wird hier ausgiebig gewürdigt.

K – Küssort
Wie überall ist in München die Rolltreppe das Tor zur Unterwelt. Sie ist aber auch ein guter Ort für Verliebte, die unterschiedlich groß sind und sich auf Augenhöhe küssen wollen.
 
L – Lenbachplatz
Der Ausgang Lenbachplatz am Stachus ist ein Geheimtipp für Paare. Die Rolltreppe dort ist mit 56,5 Metern nämlich die längste in ganz München.
 
M – Minimal Merchandise
Die MVG vermarktet die U-Bahn dezent: Für U-Bahn-Fans sind Gläser, Krüge und ein „Chefhaferl“ vorgesehen, Bücher und Miniatur-Modelle gibt es nur zu Bus und Tram. Nette Spielereien sucht man vergebens.
 
N – Nacheinander
Die Münchner U-Bahn entstand nicht in einem Schub, das Netz wurde in Etappen erweitert. Entsprechend kann man heute mehrere Stationengruppen erkennen, die ähnlich aussehen, wie zum Beispiel die geradlinig-funktionalen Haltestellen der ersten Jahre. Andere Stationen sind Unikate, die die Handschrift einzelner Architekten tragen. Besonders beeindruckend: die Fotocollage „Forst“ am St.-Martins-Platz: Sie setzt sich aus 72 000 Einzelansichten zusammen.

O – Olympischer Planungsschub
Erste U-Bahn-Pläne entstanden schon im München der Jahrhundertwende, passiert ist lange nichts. Erst als 1966 die Vergabe der Olympischen Spiele 1972 beschlossen wurde, nahmen die Planungen Fahrt auf.
 
P – Promille
Ein Dilemma: Eigentlich ja toll, dass alkoholisierte Mitmenschen sich nicht selbst hinters Steuer setzen und stattdessen die U-Bahn nutzen, um irgendwie nach Hause zu kommen. Aber auf 17-jährige Sitznachbarn, die – mit mühsam unterdrücktem Brechreiz – näher schwanken, kann man verzichten.
 
Q – Quietschorange
Der Marienplatz ist die am meisten frequentierte U-Bahn-Station. Hier lernt man drängeln und quetschen. Und der orangefarbene Bahnsteig reißt zuverlässig aus morgendlichem Halbschlaf oder abendlicher Beschickerung.
 
R – Rollmops-Sardinen-Komplex
Das Gefühl, das den Fahrgast zu Stoßzeiten in der U-Bahn beschleicht. Es ähnelt der Paranoia und hat mit Salami-Atem, Rucksäcken im Magen und zu wenig Platz zu tun. Um der übergroßen Nähe zu entgehen, machen sich Betroffene entweder dünn und lang („Sardine“) oder knüllen sich platzsparend auf der Sitzbank zusammen („Rollmops“).
 
S – Schlucki
„Schlucki“ ist seit 2006 Teil der MVG-Fahrzeugflotte. Wenn keine Züge fahren, schleicht der Reinigungszug mit 10 km/h durch das U-Bahnnetz und saugt Müll aus dem Gleisbett.
 
T – Tod durch U-Bahn
Tragische Todesfälle sind selten, aber es gab sie: In Erinnerung ist vielen Münchnern der Linienbus geblieben, der im September 1994 am Bahnhof Trudering in einen Tunnel stürzte, in dem Ausbauarbeiten zur Linie U2 stattfanden. Drei Menschen starben damals.
 
U – U-Bahn-Simulator
Wer ausprobieren möchte, wie man eine U-Bahn steuert, oder ein interessiertes Patenkind hat, sollte dem MVG-Museum einen Besuch abstatten. Im Führerstand eines Betriebswagens von 1981 ist hier ein Fahrsimulator integriert.
 
V – Verkehrt herum
Die U-Bahn-Linien sind nicht chronologisch nach dem Datum ihrer Inbetriebnahme nummeriert. Nicht die U1 eröffnete das Liniennetz, sondern die U6. Wie die anderen Linien war sie nach der Tramlinie mit der gleichen Ziffer benannt, die ursprünglich eine ähnliche Strecke überirdisch befuhr.
 
W – Westfriedhof
Riesige Lampenschirme in verschiedenen Farben hängen von den Decken und bilden warme Lichtkegel, die Decke und die groben Wände sind blau angeleuchtet. Man fühlt sich eher wie in einer Kirche als in einer U-Bahn-Station.
 
Z – Zweites Leben
Die Designer Carola Klöckner und Florian Fischer geben als „Helmut Morrison“ ausgemusterten U-Bahn-Wartebänken aus den 70er Jahren neuen Schwung: Sie machen Schaukelstühle daraus.

Text: therese-meitinger - Illustration: katharina-bitzl

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