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Püriert läuft's wie geschmiert

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Christian Schumm kauft Orangen und vor seinen Füßen wächst die Orangensaftpfütze. Er nimmt sein Taschenmesser mit dem eingravierten Namen: „Christian“. Er nimmt eine Orange aus einer Kiste mit der Aufschrift „Safta“, schneidet sie inzwei und drückt die Orangenhälfte mit einer Hand aus. Der Saft suppt auf den Asphaltboden der Münchner Großmarkthalle. Ganz nett, meint Christian, aber es ginge noch besser. Er greift sich noch eine Orange, Sorte „Süße Susi“. Aber die ist zu trocken. Er sucht weiter und hat sie wenig später gefunden: die perfekte Orange – schön saftig, ein wenig süß, ein bisschen sauer. Christian bestellt 15 Paletten – über 1000 Kisten. In einer Abfüllfirma bei Bayreuth werden die Orangen dann gepresst, dazu kommen frischer Apfelsaft, zerdrückte Bananen und je nach Geschmacksrichtung Erdbeeren, Himbeeren, Mangos, Pfirsiche oder Karotten. Alles wird püriert, pasteurisiert und in kleine Viertelliterflaschen gefüllt. Fertig ist der Smoothie. „Das ist kein Saft, den wir da herstellen“, sagt Christians Geschäftspartner Christoph Haas, „sondern eigentlich ein Obstsalat im Glas.“

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Smoothies sind das, was Energy-Drinks in den Neunzigern waren: der Getränke-Hype der Stunde. Und die halbe Lebensmittelindustrie versucht gerade, daran zu verdienen. Es gibt Smoothies von Mövenpick, Chiquita und Knorr, bei Aldi, bei Plus und bei Starbucks. Und dann gibt es noch Grand Choice, eine kleine junge Firma aus München. Geleitet wird sie von Christian Schumm, 33, und Christoph Haas, 30. Jeden Monat verkaufen sie eine stolze Menge von 25 000 bis zu 30 000 Flaschen. Wie machen die das bloß? Die Suche nach dem Rezept "Warum ist da noch keiner drauf gekommen?" Ein Büro im Gewerbegebiet Steinhausen, gleich neben der Autobahn. Christian Schumm hat im Konferenzraum Platz genommen. Er trägt ein kariertes Hemd und einen dunklen Pullover, eine runde Brille und wenn er redet, dann hört man an der Tonfärbung noch ein bisschen, dass er ursprünglich aus Franken kommt. Christian holt ein in schweres Holz geschnitztes Bild hervor. Es zeigt seinen Großvater, wie er mit einem Laster voller Kohlköpfe am Bamberger Bahnhof steht. Ein Künstler hatte es gemacht, um sein Essen zu bezahlen, damals in den ärmlichen 30er Jahren. Seit vier Generationen sind die Schumms Obst- und Gemüsehändler. Stolz hat Christian den Konferenzraum mit alten „Schummfrucht“-Holzkisten dekoriert. Im Grand-Choice-Firmenprospekt findet man Schwarzweißfotos von Opas alter Apfelpresse. Christian ging auch ins Obstgeschäft. Er machte eine Ausbildung auf dem Münchner Großmarkt. Später eröffnete er dort seine eigene Importfirma für exotisches Obst aus aller Welt. Dann kam das Oktoberfest und Christian bekam Besuch von einem alten Freund, den er noch aus Bamberg kannte. Der war mittlerweile Investmentbanker in London und erzählte Christian von einem neuartigen Getränk, das es dort gerade Renner sei – dem Smoothie. „Warum ist da eigentlich noch kein deutscher Hersteller drauf gekommen“, dachte sich Christian. Das war vor zweieinhalb Jahren. In seinem kleinen Außenlager am Münchner Großmarkt begann er nach dem richtigen Rezept zu suchen. Er nahm einen Pürierstab, ein paar Früchte, einen Topf und machte seinen ersten Smoothie. Der Banker und der Obsthändler waren vom Ergebnis überzeugt. Sie gründeten eine Firma. Eine Münchner Kaffeshopkette hatte gleich Interesse und wollte die Smoothies in ihren Filialen verkaufen. Aus dem Geschäft wurde nichts. Aber die Firmengründer machten weiter, gingen zu Kantinen und Hotels und gewannen Kunde für Kunde dazu. Dem Mitgründer wurde die Doppelbelastung aus Bankgeschäft und eigener Firma bald zu viel. Dafür arbeitet jetzt Christoph Haas in der Geschäftsführung mit. Er hat jahrelang im Handel gearbeitet und war von Christians Firma sofort begeistert. Heute gibt es Grand-Choice-Smoothies unter anderem in den Kantinen der Bayerischen Landesbank, der Allianz, bei Feinkost Käfer und bei Julius Meinl in Wien. Die Firma ist so schnell gewachsen, dass sie in den vergangenen Monaten vier mal umziehen musste. Heute arbeiten dort neun Angestellte. Die Produktion wurde so umfangreich, dass sie mittlerweile an einen Abfüller bei Bayreuth ausgelagert wurde. Es gibt Verkaufsbüros in Berlin, Frankfurt und Hamburg. An guten Tagen kommen fünf neue Kunden dazu.


Was das Erfolgsgeheimnis von Grand Choice ist? „Du hast keine Ahnung, wie Fruchtsäfte normalerweise hergestellt werden, oder?“ meint Christoph, lächelt und erzählt, wie erstaunt die Arbeiter in der Abfüllfabrik waren, als sie Smoothies herstellen sollten. „Das war dort für viele das erste mal, dass sie echtes Obst verarbeitet haben“, sagt Christoph. Für die meisten Fruchtsäfte wird einfach nur fertig angeliefertes Konzentrat aufbereitet. So machen auch ein paar der großen Lebensmittelkonzerne ihre Smoothies. Praktisch völlig ohne frisches Obst.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Lieber edel als albern Die Etiketten auf den Flaschen sind schlicht und sollen die ganze Aufmerksamkeit auf den bunten Saft lenken: Ein schneeweißes Etikett, in schwarzer Schrift Firmenname und Geschmacksrichtung, als Farbtupfer das kleine spiralförmige Grand-Choice-Logo. Das wirkt edel und ganz anders als die Konkurrenten mit ihren bunten Fruchtfotos, krachigen Schriftarten und lustigen Namen. Es gibt tatsächlich eine Firma, die nennt ihre Smoothies „Ehrliches Murmeltier“ und „Ehrlicher Mops“. So was Albernes würde Christian seinem Saft nie antun. Dafür kosten Grand-Choice-Smoothies im Laden auch stolze 2,70 Euro je Viertelliterfläschchen. Sie halten sich nur vier Wochen und schmecken je nach Produktionswoche ein klein wenig anders. „Wir hatten deswegen schon Anrufe von Kunden“, erzählt Christoph. „Als wir denen erklärt haben, dass das daran liegt, dass wir unser Obst immer aktuell und frisch vom Markt kaufen, waren die begeistert.“ Und selbst wenn nicht: Kompromisse würden sie bei der Qualität eh keine machen. Grand Choice soll nicht das Red Bull der Smoothies werden. Dann schon lieber ein Luxusartikel. Die großen Hersteller liefern sich einen Preiskampf in den Supermarkt-Kühlregalen. Grand Choice bekommt man nur im Feinkostgeschäft. Die Großen machen teure Werbung. Grand Choice ist subtiler. Sie haben eine Kooperation mit einem Surfmagazin gestartet, unterstützen Filmemacher, Extrembergsteiger und Golfturniere. Und wenn im Fernsehen die Kandidatinnen von „Germany's Next Topmodel“ sich mal von Heidi Klum erholen, dann trinken sie Grand-Choice-Smoothies. So lässt sich auch ohne riesige Werbeausgaben so einiges an Glamour erzeugen. „Das ist doch die einzige Chance die wir haben“, sagt Christian, „hohe Qualität liefern und zu hohen Preisen verkaufen.“ Das und die eigene Kreativität. Vor kurzem habe die beiden einen Spezial-Smoothie auf den Markt gebracht. Er trägt den Namen „Detox“, enthält Honig und Ingwer, hat ein recht medizinisch aussehendes kleines rotes Kreuz auf dem Etikett und verspricht, was nicht viele Säfte tun: Linderung für den Kater vom Vorabend.

Text: bernhard-huebner - Fotos: Dana Brüller

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