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München, deine Bibliotheken: Zwischen Perlen-Juristinnen und Habit-Trägern
Gehören dazu: Bibliotheken und ihre Eigenheiten (Foto: Leiprecht) Universitätsbibliothek der TU, Stammgelände Rush Hour: Am meisten ist während des Semesters los – vor allem in den Prüfungszeiten. Von 11 bis 17 Uhr ist es oft schwer, noch einen Sitzplatz zu finden. Daran erkennt man den Besucher: Sind alle sehr auf ihre Bücher konzentriert, kommunizieren kaum miteinander. Wie viele Sitzplätze gibt es? 260 Anzahl der Kopierer: Drei, außerdem ein Scanner. Es gibt eine separate Kopierstelle mit weiteren drei Geräten, an denen man auch in Farbe kopieren kann. Wie weit ist der nächste Kaffeeautomat entfernt: Im Stammgelände gibt es in der Garderobe einen Waren- und Getränkeautomat. Außerdem eine Cafeteria. Gemütlichster Ort: Der separate Lesesaal im 2. Obergeschoss. Am ruhigsten sind die Gruppen und Einzelarbeitsräume, die jeweils für einen Monat reserviert werden können. Ältestes Buch, das man hier lesen kann: Alberti, Leon Battista: De re aedificatoria. Florentiae: Laurentii 1485 Was gilt als Ruhestörung – und wie schnell wird sie geahndet? Relativ großzügiger Umgang. Wer mit dem Handy telefoniert, wird angesprochen. Was ist an der Bibliothek einzigartig? Man kann kostenlos scannen. Zudem kann jeder Wasserflaschen in die Lesesäle mitnehmen. Wie ist der Flirtfaktor? Die Frauendichte ist hier für TU-Verhältnisse relativ gut: etwas mehr als 50 Prozent, was auch an den vielen weiblichen Mitarbeitern liegt. Die Quote sinkt allerdings, je mehr Besucher die Bibliothek hat. Das nervt besonders: Trotz der liberalen Trinkverhältnisse darf man nicht alles trinken: Limo zum Beispiel gilt nicht, weil befürchtet wird, dass verschüttete Limo Bücher verkleben könnte.
Bayerische Staatsbibliothek Rush Hour: zwischen 10 Uhr und 19 Uhr. Daran erkennt man den Besucher: Der typische Stabigänger ist tendenziell ein bisschen jünger als der Durchschnittsbibliotheksgänger. Liegt wohl daran, dass hier auch viele Schüler zum Büffeln herkommen. Wie viele Sitzplätze gibt es? 550 Anzahl der Kopierer: Gibt es nicht – aus konservatorischen Gründen. Stattdessen gibt es 15 so genannte Bookscanner. Wie weit ist der nächste Kaffeeautomat? Im Untergeschoss befindet sich eine Cafeteria (mit Terrasse im Sommer). Gemütlichster Ort: Gemütlichkeit kommt bei dem Trubel in der Stabi selten auf. Vielleicht ist das im „Lesesaal-Bereich für Forschung“ anders – aber der Zugang ist streng limitiert: Rein Lernende haben keine Chance. Ältestes Buch: Im Allgemeinen Lesesaal wird Literatur ab dem Erscheinungsjahr 1700 bereit gestellt. Was gilt als Ruhestörung – und wie schnell wird sie geahndet? Unterhaltungen, Arbeitsgruppen, Handybenutzung und sonstige ruhestörende Aktivitäten sind untersagt. Was ist einzigartig? Neun Millionen Bücher, dazu ein Altbestand mit Werken aus der Frühzeit des Buchdrucks, eine der bedeutendsten Handschriftensammlungen der Welt. Die Bayerische Staatsbibliothek ist außerdem die zweitgrößte Zeitschriftenbibliothek Europas. Wie ist der Flirtfaktor? Gefühlte größte Partnerbörse Münchens. Wer als Frau in die Cafeteria geht, um zu lernen, sollte am besten grimmig kucken und sich auf den Lernstoff konzentrieren. Sonst lockt man nur Jungs an. Das nervt besonders: Sitzplätze zum Lernen werden belegt. Und zwar einige Stunden, bevor man zum Lernen wieder kommt. Auf diese Unsitte haben sich besonders BWL-Studenten spezialisiert. Das wird gerne mitgebracht: MacBook- Laptops von Apple, in weiß. Wer mehr mitschleppen will, bekommt eine durchsichtige Plastiktüte mit der Aufschrift „Sternstunden“.
Pädagogenbibliothek im „Schweinchenbau“ Rush Hour: Dienstags, mittwochs und donnerstags. Die Mittagszeit und die Pausenzeit zwischen Veranstaltungen sind beliebt. Daran erkennt man den Besucher: Schleppt meist eine durchsichtige Plastiktüte mit sich. Dabei sind darin immer Handy und Laptop. An der Lesesaaltheke geht es deshalb zu wie beim Zoll – schließlich muss geprüft werden, was hinein- und was heraus getragen wird. Wie viele Sitzplätze gibt es? 186 Anzahl der Kopierer: Sieben Wie weit ist der nächste Kaffeeautomat? Gleich gegenüber, bei der Mensa Gemütlichster Ort: Der Garderobenvorraum mit hingeschmissenen statt eingeschlossenen Klamotten: Hier wird geredet, gegessen, (Kaffee) getrunken. Ruhigste Ecke: An den großen Fenstern mit Blick auf die Leopoldstraße. Hier sitzt man völlig lärmgeschützt und sieht das Leben geräuschlos vorüberziehen. Ältestes Buch: Ulrich Zwingli: „Von erkiesen und freyheit der speisen“ (1522) Was gilt bereits als Ruhestörung – und wie schnell wird sie geahndet? Ruhestörungen sind an der Tagesordnung. Allerdings erziehen sich die Benutzer selbst - die Mitarbeiter der Bibliothek müssen sich hier meist nicht einschalten. Was ist einzigartig? Die Mensa liegt nur ein paar Meter entfernt. Und: ziemlich viele Pflanzen. Wie ist der Flirtfaktor? Bei den Kopierern im obersten Stock besonders hoch. Denn da ist meistens einer kaputt – und die Chancen steigen beträchtlich. Sinnvoll sind Sätze wie „Funktioniert deiner auch nicht?“ Das wird gerne missachtet: Privates Surfen ist an den wenigen Internetcomputern nicht erlaubt – trotzdem erwischen die Bibliothekare immer wieder Studenten beim Schreiben privater E-Mails. Das nervt besonders: Man muss sich seine Schließfachnummer gut merken - denn auf vielen Schlüsseln steht sie überhaupt nicht drauf.
Bibliothek des Historicums Rush Hour: Zwischen 12 Uhr und 16 Uhr ist viel los, da die Studenten dann vor, zwischen und nach Veranstaltungen die Bibliothek kurz besuchen. Wie viele Sitzplätze gibt es? 325 Anzahl der Kopierer: Zehn Wie weit ist der nächste Kaffeeautomat? Gern besucht wird das ein paar Meter entfernte Amaliencafé, weil dort der Espresso nur einen Euro kostet. Gemütlichster Ort: Der Innenhof, wo man im Sommer gemütlich auf der Wiese rund um den Brunnen hocken kann. Ruhigste Ecke: Die Fensterplätze mit Aussicht auf den Salinenhof laden dazu ein, den Gedanken freien Lauf zu lassen. Ältestes Buch: Valerius Maximus noviter recognitus. Venedig 1523 Was gilt bereits als Ruhestörung – und wie schnell wird sie geahndet? Alles, was andere Benutzer übermäßig stört Was ist einzigartig? Der Ausblick auf den Salinenhof und die moderne Architektur. Wie ist der Flirtfaktor? Im Sommer am Brunnen im Innenhof im leicht überdurchschnittlichen Bereich. Das wird gerne missachtet: Hier trauen sich auffallend viele Leute, einfach mal so mit dem Handy zu telefonieren Das nervt besonders: Absichtliches, gemeines Bücherverstellen. Außerdem dürfen aus gutem Grund die Juristen hier zu bestimmten Zeiten gar nicht mehr rein.
Juristische Bibliothek für Öffentliches Recht Rush Hour: März, August, September (Hausarbeitenzeit) Daran erkennt mn den Besucher: Am Durchblättern des Schönfelder, das ist die Gesetzessammlung in Mauersteinform. Frauen zudem an den mitgebrachten Handcremes, mit denen sie sich von Zeit zu Zeit die Finger einschmieren. Wie viele Sitzplätze gibt es? 224 Anzahl der Kopierer: Drei Wie weit ist der nächste Kaffeeautomat? Unten beim Eingang gibt’s einen. Gemütlichster Ort: Der sogenannte „Sonderraum“: Da sind wenig Leute, und man kann ungestört lernen. Ruhigste Ecke: Die „Examensvorbereitungsecke“, in der sich alle versammeln, die gerade vor großen Prüfungen stehen. Ältestes Buch: „Gesetz- u. Verordnungen Sammlung für das Königreich Bayern“ von 1880 Was gilt bereits als Ruhestörung – und wie schnell wird sie geahndet? Lautes Sprechen in der Bibliothek regeln meistens die Studenten unter sich. Was ist einzigartig? Laptop-Arbeitsplätze mit Stromanschluss, für eine Institutsbibliothek viele sachfremde Bücher. Was ist das beliebteste Kleidungsstück? Jurastudentinnen erkennt man an den hohen Absätzen, Perlenketten und rosa Schals. Die Männer klappen sogar im Sommer ihren Polokragen hoch. Wie ist der Flirtfaktor? Nicht so niedrig, wie man denkt. Manchmal sieht man hier Juristenpärchen. Das wird gerne missachtet: Zu Hausarbeiten-Zeiten verschwinden auf wundersame Weise Bücher von ihren angestammten Plätzen – und tauchen erst bei der nächsten Revision wieder auf, allerdings meist ziemlich zerfleddert. Im Zimmer mit der Aufschrift „Sonderraum“ (links hinter der Eingangskontrolle) sollte man nicht reden – dort sitzen die ganzen Streber. Das nervt besonders: Unbeliebt machen sich jene, die im Sommer ihre Stiefel ausziehen.
Bibliothek Theologie/Philosophie Rush Hour: Stoßzeiten sind täglich von etwa 11 bis 15 Uhr. Dann steht ein Schild vor der Tür: „Die Bibliothek ist voll besetzt, Einlass nur für Philosophen, Theologen und Religionswissenschaftler“. Daran erkennt man den Besucher: Die fachfremden Benutzer (Jura, BWL, Medizin) anhand Ihrer Designerkleidung. Das Fachgebiet Theologie bringt es mit sich, dass der eine oder andere Benutzer im Habit erscheint. Wie viele Sitzplätze gibt es? 154 Anzahl der Kopierer: Vier Wie weit ist der nächste Kaffeeautomat? Im Untergeschoss der nahen U-Bahn-Station Universität gibt es was. Oder in der Cafeteria im Adalberttrakt. Gemütlichster Ort: Galerien mit Blick zur Ludwigstraße und den Springbrunnen auf dem Geschwister-Scholl-Platz. Ältestes Buch: Aus dem 17. Jahrhundert. Was gilt bereits als Ruhestörung – und wie schnell wird sie geahndet? Wegen dem Linoleum-Boden hallen Gespräche im Eingangsbereich ziemlich laut. Was ist einzigartig? Die jüngste und größte Fachbibliothek an der LMU München. Wie ist der Flirtfaktor? Selbst die Theologiestudenten sind nicht so langweilig, wie man denken könnte. Keine Chancen hat man nur bei jenen Benutzern, die sich in Ordenstracht kleiden. Schließlich gilt hier ja das Keuschheitsgebot. Das wird gerne missachtet: Manche verstellen absichtlich Bücher und verstecken sie in so genannten „Nestern“, um die Werke für sich alleine zu nutzen.