Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

"Manche Namen sind wie Wetten auf die Zukunft"

Teile diesen Beitrag mit Anderen:

Markus Eggensperger, 35, studierte Jura und Wirtschaft in Bayreuth und gründete mit drei Freunden im Jahr 2000 den Domain-Registrar united-domains.de, eine der nach eigenen Angaben fünf größten deutschen Vergabestellen von Domains. Über united-domains.de wurden bislang 1,3 Millionen Domains registriert. Ein Interview über gute und schlechte Namen von Websites. jetzt.de: Herr Eggensperger, welche Domains sind gerade besonders begehrt? Eggensperger: 2007 wurde porn.com für 9,5 Millionen US-Dollar verkauft, computer.com für 2,1 Millionen und poker.de für eine Million. jetzt.de: Der Wert von poker.de ist in den vergangenen Jahren mit der Beliebtheit des Spiels gestiegen, oder? Eggensperger: Manche Namen sind wie eine Wette auf die Zukunft. 2008, im Jahr der Finanzkrise, waren die teuersten Domains invest.com, kredit.de und fund.com - letztere wurde angeblich sogar für 10 Millionen US-Dollar verkauft. jetzt.de: Wann ist ein Domain-Name richtig gut? Eggensperger: Sprechen Sie ihn einmal auf den Anrufbeantworter eines Freundes. Wenn der Ihre Website nach dem Hören sofort findet, ist es ein guter Name. jetzt.de: Gibt es echte Trottelnamen, also Namen, bei denen Sie immer wieder neu den Kopf schütteln müssen? Eggensperger: Von Trotteln will ich nicht reden. Aber wenn ich einen Rebrand mache, also mein Unternehmen umbenenne, würde ich mich eigentlich nicht O2 nennen. Bei O2 ist auch nicht klar: Ist es eine Null? Schreibe ich die zwei in der URL aus? O2 musste O2-online.de registrieren, weil es bis vor kurzem keine zweistelligen Domainnamen unter ".de" gab und auch diese Kombination weiter unzulässig ist. Keine Meisterleistung also, wenn ich mich bei der Namenswahl in einem wichtigen Vertriebskanal so stark behindere. jetzt.de: Was kann ich eigentlich beim Registrieren einer Domain falsch machen? Eggensperger: Noch heute vergessen viele Unternehmen, naheliegende Tippfehler mit zu registrieren. jetzt.de: Also nicht nur "Google", sondern auch "Googel"? Eggensperger: Oder Microsaft oder Jahoo. Viele Hasardeure versuchen mit naheliegenden Domains Geld zu machen und es kostet Zeit und Geld, die von der Rechtsabteilung abmahnen zu lassen.

Default Bild

„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Markus Eggensperger jetzt.de: Aber warum sollte man mir meine Domain streitig machen, wenn ich sie früher reserviert habe? Eggensperger: Wenn Sie zum Beispiel die Domain www.sicher.de registrieren, passiert Ihnen nichts. Der Name ist beschreibend, deshalb kann niemand Markenrechte daran haben - Renault hat die Adresse reserviert, weil sie angeblich die sichersten Autos bauen. Streitig macht man Ihnen Ihre Adresse aber beispielsweise, wenn Sie Markenrecht verletzen. Ein Beispiel: Shell. Es gab in Hamburg einen Mann, der mit Nachnamen Shell hieß und die Domain hatte. Die Geschichte ging bis vor den Bundesgerichtshof, bis entschieden wurde: Hier überwiegt das Markenrecht. jetzt.de: Für den Konzern? Eggensperger: Weil Shell so eine überragende Bekanntheit hat. jetzt.de: Wissen Sie, wer die erste Domain überhaupt registriert hat? Eggensperger: Das war wohl nordu.net am 1.1.1985. Die erste dotcom war ein Vierteljahr später symbolics.com, die noch heute existiert. Aber erst 2000 setzte ein richtiger Registrierboom ein. Heute sind gut 75 Millionen ".com"-Domains und zwölf Millionen ".de"-Domains registriert - die deutsche Endung war bis vor kurzem sogar nach ".com" die zweithäufigste Endung weltweit. jetzt.de: Welche ist nun auf Platz zwei? Eggensperger: ".cn" für China. jetzt.de: Warum läuft ".de" so gut? Eggensperger: Bei uns gibt es eine sehr effiziente Organisation der Domainvergabe. Der Staat hielt sich aus dem System heraus und die denic, eine Genossenschaft, organisierte die Vergabe unkompliziert. jetzt.de: Was würden Sie mir raten, wenn ich gern noch eine Website unter meinem Namen registrieren möchte? Eggensperger: "Peter" und "Wagner" ist nicht eben selten. jetzt.de: Muss man so sagen. Eggensperger: Wenn Sie sich eine exotischere Domain aussuchen, also eine andere Länderendung, dann ist die meist etwas teurer als eine ".de"-Domain. Ferner wurden aber auch neue Endungen wie ".info" und ".eu" eingeführt. Da gibt es vielleicht noch Chancen. Jetzt steht wieder eine Reform an, nach der Endungen wie ".berlin" oder ".bayern" möglich werden. Oder ".bank" oder ".tel". jetzt.de: Gibt es nicht einen Weg, nur den Namen als URL zu registrieren? Eggensperger: Das geht bislang nicht, soll aber bald zumindest theoretisch ermöglicht werden. Hier müssten Sie dann schon bereit sein, mehrere hunderttausend Euro für ihre Domain-Endung ".wagner" zu investieren und einen monatelangen, hochformalistischen Vergabeprozess durchlaufen. Das ist eigentlich nur für große Unternehmen denkbar. jetzt.de: Nun sind wir zum Beispiel die ".com" gewohnt - sind die neuen Endungen nicht irgendwie unnötig? Eggensperger: Viele neue Endungen sind sicher nur in begrenztem Maße erfolgversprechend. Ich glaube auch, dass durch die Einführung neuer Endungen vielmehr die ".com" oder ".de"-Adressen noch wertvoller werden.

Text: peter-wagner - Foto: privat

  • teilen
  • schließen