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Kopieren in der nächsten Dimension: PaperC im Interview

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Drei junge Männer aus Leipzig und Berlin erhielten vor kurzem die begehrte Auszeichnung Start-up des Jahres 2009. Mit ihrem Unternehmen wollen Martin Fröhlich, 26, Felix Hofmann, 26, und Lukas Rieder, 22, das Studium revolutionieren: PaperC stellt den kompletten Inhalt von Fachbüchern digital und kostenlos zur Verfügung. Wenn ein Student ein Fachbuch nicht nur lesen, sondern bearbeiten oder drucken möchte, muss er dafür bezahlen. Das Ende der Uni-Bibliotheken? jetzt.de hat mit Martin Fröhlich über das Projekt PaperC gesprochen. jetzt.de: Für PaperC wurdet ihr mit dem Titel „Start-up des Jahres“ ausgezeichnet. Was ist neu an eurem Modell? Martin Fröhlich: Ganz einfach: Es ist kostenlos. Es gibt weltweit keine Plattform, auf der man alle Bücher komplett und kostenfrei online lesen kann. Und nirgendwo kann ich einfach mal zehn Seiten downloaden, abspeichern und bearbeiten. Wir haben nicht einfach ein amerikanisches Geschäftsmodell kopiert, sondern endlich mal etwas Neues gemacht. Unsere Idee ist einzigartig.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Die drei Gründer von PaperC - Martin ganz rechts Bisher tun sich neue Medien schwer, das gedruckte Buch zu verdrängen. Warum sollte ausgerechnet euer Plan funktionieren? Weil es um Fachbücher geht, nicht um Romane. Kaum ein Fachbuch wird komplett gelesen. Wer wissenschaftlich mit einem Fachbuch arbeitet, liest meist einzelne Seiten oder Kapitel. So gesehen ersetzt unser Modell nicht das Buch, sondern das Kopiergerät, mit dem man sich einzelne Seiten aus dem Buch zieht. Stimmt es, dass PaperC aus einem persönlichen Ärgernis während eurer Studentenzeit heraus entstanden ist? Ja, das stimmt. Mit meinem Partner Felix habe ich BWL an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin studiert. Für sein Masterstudium ist Felix dann an die Universität St. Gallen in die Schweiz gewechselt. Weil er aber zur selben Zeit noch an seiner Diplomarbeit schrieb, musste er ständig zwischen Berlin und St. Gallen pendeln und hatte kiloweise Fachbücher im Gepäck, musste am Flughafen fürs Übergepäck bezahlen. Das hat viel Geld gekostet. Und Geld hat ein Student meistens nicht. Welche Erfahrungen hast du selbst als Student gemacht? Ich habe meine Diplomarbeit in Dänemark geschrieben und musste immer mit dem Auto zur Uni nach Hamburg fahren, um Fachbücher zu kriegen. Und innerhalb der Leihfrist musste ich dann noch mal hin, um das Buch zurückzugeben. Das war erstens mühsam und zweitens habe ich Unmengen von Abgasen in die Luft geblasen. Zwischendurch war ich auch in China, da war es praktisch unmöglich auf Fachbücher zuzugreifen. Inwiefern können auch jene Studenten von eurem Modell profitieren, die nicht zwischen zwei Ländern pendeln? Jeder Student gibt im Jahr durchschnittlich 40 bis 60 Euro allein für Kopien aus. Bei insgesamt 2,2 Millionen deutschsprachigen Studenten werden also jedes Jahr Fachbücher für über 100 Millionen Euro durch den Kopierer gezogen. Dieses Geld muss ein Student aber auch bei PaperC bezahlen. Er darf zwar online kostenlos lesen, aber wenn er einzelne Seiten herunterladen und bearbeiten möchte, kostet es fünf bis zehn Cent. Mit PaperC spart sich ein Student vor allem wertvolle Zeit, weil er nicht mehr zwischen Bücherregalen herumlaufen, nicht mehr am Uni-Kopierer Schlange stehen muss. Ich kenne das ja: Dann bist du endlich an der Reihe und merkst, dass die Kopierkarte leer ist und musst nachladen – das ist ja nur Hektik. Und dann sind da noch die Schließzeiten der Bibliotheken und die schlechte Verfügbarkeit von Büchern. Oft steht in einer Bibliothek ja nur eine einzige Ausgabe eines bestimmten Buches – und das ist dann meistens vergriffen. Da stehst du als Student da und denkst: Das darf nicht wahr sein! Für den Studenten ergibt sich ein Nutzen, aber die Verlage wollen doch sicher verhindern, dass ihr deren Buchinhalte kostenlos im Internet verfügbar macht. Die Verlage haben uns anfangs den Vogel gezeigt, uns gar nicht für voll genommen(lacht). Die dachten, dass wir ihnen etwas wegnehmen wollen. Wie konntet ihr das Vertrauen der Verlage gewinnen? Es gab einen Verlag, dessen Geschäftsführer selbst Universitätsprofessor ist, und der uns von Anfang an unterstützt hat. Über ihn kam der Kontakt mit den ersten Fachbuchverlagen in der Schweiz zustande. Erst wurden wir abgewimmelt, dann hat man uns eine halbe Stunde für ein Gespräch gegeben und am Ende saßen wir nach zwei Stunden immer noch in den Verlagshäusern, weil die unser Projekt so spannend fanden. Dass der Börsenverein des Deutschen Buchhandels euch im Frühjahr mit einem Innovationspreis auszeichnete, hat euch bestimmt in die Karten gespielt. Klar, danach ging es Schlag auf Schlag. Plötzlich wollte jeder dabei sein. Die Auszeichnung kam ja aus der Buchbranche selbst und war daher eine Art Stempel, der angezeigt hat, dass wir ernst zunehmen sind. Das Beispiel der Musikindustrie hat ja gezeigt, dass es besser ist, mit der Entwicklung im Internet zu gehen. Die Verlage merken inzwischen, dass unser Modell keine Bedrohung, sondern eine Marketing-Chance ist. Denn: Niemand wird 200 Seiten eines Fachbuchs am Bildschirm lesen. Ein Student kopiert einzelne Seiten eines Buches auch deshalb, um beispielsweise Textstellen auf dem Papier zu markieren. Wie löst ihr dieses Problem, ohne dass man selbst drucken muss? Indem jeder Student die entsprechenden Textstellen direkt am Bildschirm mit Notizen und Markierungen versehen und online ablegen kann. Jede Seite die du erwirbst, bleibt gespeichert. So gehe ich auch dem illegalen File-sharing aus dem Weg: Warum soll ich mir ein Buch noch illegal runterladen, wenn ich es bei PaperC legal und umsonst kriegen kann und dazu noch Funktionen wie eine automatische Fußnotenerkennung bekomme. Trotzdem wird es doch Jahre dauern, bis ihr eine so großes Zahl an Fachbüchern bieten könnt, um mit Uni-Bibliotheken zu konkurrieren. Das wird sehr schnell gehen. Wir spüren schon jetzt das große Interesse der Verlage und durch die Auszeichnung „Start-up des Jahres“ wird es auch über deutsche Grenzen hinaus noch größer werden. Von Januar an wird schon der erste internationale Verlag mit seinem kompletten Programm auf PaperC zu finden sein. Wir wollen irgendwann das zitierfähige Wikipedia sein. Der bisherige Erfolg gibt euch freilich Recht, aber habt ihr selbst nie an der Idee gezweifelt? Wir hatten nie Zweifel, weil wir ja genau wussten, was in der Musikindustrie passiert ist. Man muss dem heutigen Internetnutzer die Wahl lassen, ob er sich ein Buch nur im Netz ansehen, oder ob er es kaufen möchte. Der Musikkonsument kann sich ja auch entscheiden, ob er sich ein Lied bei Youtube kostenlos anhört oder ob er es sich bei iTunes für 99 Cent herunterlädt. Verdient ihr mit eurer Geschäftsidee bereits Geld? Wir sind auf dem besten Weg, dieses Ziel zu erreichen. Wenn alles weiter nach Plan läuft, werden wir irgendwann im nächsten Jahr schwarze Zahlen schreiben. Was kannst du all jenen jungen Menschen raten, die trotz Krise ebenfalls ein erfolgreiches Unternehmen gründen möchten? Man sollte lernbereit sein und nicht sofort nach dem ganz großen Erfolg streben. Es ist besser, wenn man sich Zwischenziele setzt und diese nach und nach verwirklicht. Aber das Wichtigste ist natürlich das Team, wir ergänzen uns einfach perfekt. Wenn bei uns einer im Tief steckt, holen die anderen ihn da wieder raus. Nur wenn man im Team Klartext redet, übersteht man auch Rückschläge. Welche Rolle spielen finanzielle Fördermittel? Allein die Vision hätte euch wohl kaum so weit gebracht. Durch das EXIST Gründerstipendium des Bundes waren wir natürlich erstmal entlastet. Es gehört schon viel Glück dazu, klar. Aber eben auch die richtigen Leute, die alle das gleiche Ziel verfolgen. PaperC ist unser gemeinsames Baby. Und unser Baby ist gerade dabei laufen zu lernen. *** Hier der Link zu PaperC.

Text: andreas-glas - Foto: Manuel Krug

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