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Interview: Wie fühlt man sich als WM-Helfer?

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Was bedeutet es für euch, dass die WM in Deutschland stattfindet? Martin: Das ist einfach grandios. Alles hautnah mitzuerleben, das finde ich beeindruckend. Es sind ja nicht nur die Spiele, die Menschen treffen sich draußen, unterhalten sich über Fußball, über Schiedsrichterleistungen, über alles. Außerdem erhoffe ich mir einen riesigen Schub für den Fußball in Deutschland. Glenda: Das ist toll, ich finde es aber auch eigenartig. Mir fällt auf, dass in Brasilien viel mehr Werbung für die WM gemacht wird als in Deutschland. Das ist doch komisch. Ich lebe hier, deshalb muss ich unbedingt dabei sein. Und als Volunteer habe ich die Chance, viel mehr als nur ein Zuschauer zu sein. Was genau kommt als Volunteers auf euch zu? Glenda: Ich habe mich für Verwaltung und Medienarbeit gemeldet. Weil ich Publizistik studiere, wäre mir die PR-Arbeit lieber. Martin: Ich weiß, dass ich vorläufig für den Pressebetreuungsbereich eingeteilt bin und in Berlin eingesetzt werde. Wir werden die Medienvertreter bei ihrer Arbeit unterstützen, also Interviews organisieren, übersetzen, Informationen einholen und verteilen, Berichte verfassen etc. Wie habt ihr von dem Volunteer-Programm erfahren? Martin: Das war schon lange vor dem Confederations-Cup 2005. Damals gab es schon zigtausend Bewerber und ich fürchtete keine Chance zu haben. Ich hab’ mich aber trotzdem beworben, weil ich dachte, du willst ja dem Fußball dienen. Wenn die WM im eigenen Land ist, da muss man einfach aktiv mit dabei sein. Zugucken tut man ja sowieso. Glenda: Kurz nach der Fußball-EM in Portugal habe ich in einer Zeitung die Werbung fürs Volunteer-Programm gesehen und mich gleich online angemeldet. Ein halbes Jahr später wurde intensiv nachgefragt: nach meinem Interesse an der WM, nach meinen Erfahrungen, wie viel Zeit ich habe, ob ich auch ohne Beazahlung arbeiten würde. Was ist stärker: die Vorfreude oder die Aufregung? Martin: Die Vorfreude. Aber man muss auch ehrlich sagen: es ist eben auch Arbeit. Allerdings eine, zu der wohl viel Spaß gehören wird. Glenda: Ja, Vorfreude. Aber wenn man arbeitet, kann man das alles nicht immer nur genießen. Wie ist eure Beziehung zum Fußball? Glenda: Hey, was soll ich da erklären? Ich bin Brasilianerin. Das sagt doch alles. Fußball ist Brasiliens größte Leidenschaft. Auch wenn Frauen in Brasilien erst in den letzten Jahren so richtig angefangen haben Fußball zu spielen, wurden sie genauso von dieser Leidenschaft geprägt. Als ich noch in Rio lebte, bin ich mit meinem Onkel oder meiner Schwester ins Stadion gegangen, meistens zu den Spielen von Vasco da Gama. Martin: Mit vier Jahren habe ich in Erfurt angefangen zu spielen. Gekickt habe ich bis zur Landesklasse und bin nebenbei Schiedsrichter geworden. Irgendwann muss man sich entscheiden: spielen oder pfeifen. Seit zehn Jahren pfeife ich fast jedes Wochenende Fußballspiele, momentan sogar in der Oberliga. Den Trainerschein habe ich auch noch gemacht. Dem Fußball bin ich also seit jeher sehr eng verbunden. Eine WM ist trotzdem etwas Besonderes. Martin: Ich fahre jede Woche viele hundert Kilometer aus Leidenschaft für den Fußball. Wenn ich zum Fußball fahre, dann freue ich mich den ganzen Tag darauf. Genauso ist das jetzt mit der WM. Und, ja, sie ist etwas Besonderes: ein kultureller Schmelztiegel. Deutschland spielt nicht jeden Tag gegen Ecuador oder Costa Rica. Auch diese Teams haben Fans, und die feiern hier. Das ist etwas ganz anderes als ein Bundesliga- oder Champions League-Spiel. Glenda: Bundesliga schaue ich kaum. Bei einer WM geht es mir so, dass mein Herz schneller klopft als sonst. Allein all diese Leute zu sehen und die verschiedenen Arten, wie sie mitfiebern oder über den Schiedsrichter schimpfen, das ist sehr aufregend. Ich schaue gerne zu den anderen Fans und beobachte ihre Leidenschaft, das ist fast so wichtig wie das Spiel selbst. Als Volunteer hat man aber vor allem mit der Organisation zu tun. Habt Ihr auch dafür eine Leidenschaft entwickelt? Martin: Das hat sich erst während meines Studiums ergeben. Eigentlich wollte ich immer was in der Wirtschaft machen und habe zwei Semester BWL studiert. Aber dann habe ich gewechselt. Ich studiere jetzt Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt Organisationsentwicklung. In diesem Bereich mache ich zurzeit ein Praktikum bei Volkswagen in Braunschweig. Glenda: In Brasilien habe ich schon als Volunteer für soziale Projekte gearbeitet. Mit Menschen zusammen zu sein, bei etwas mitzuhelfen – das mache ich einfach gerne. Diesmal kommt beides zusammen: mitarbeiten und Fußball, das passt perfekt. Und wer wird Weltmeister? Glenda: Spanien oder Portugal. Brasilien ist stark, hat aber schon so oft gewonnen. Martin: Ich hoffe, dass Deutschland ins Finale kommt und dort gegen Brasilien einigermaßen mithalten kann. Aber das ist nur eine Hoffnung.

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