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"Ich werde im Dschungelcamp meditieren"
Hallo Rainer, du gehst ins Dschungelcamp, du gibst der BILD-Zeitung Interviews - was ist denn los mit dir?
Nichts. Wenn es darum geht, sich oder sein Leben zu verändern, interessiert das den Boulevard. Und ich habe das immer genutzt. Das ging damals mit der Kommune 1 los: "Pfui Teufel: Sex", schrieben sie zwar, aber es hat sie fasziniert. Für die gebildeten Stände ist das ein Unthema. Damit lebe ich jetzt schon ziemlich lange und wundere mich nicht mehr. Das Private ist immer noch nicht politisch.
Du hast also ein gutes Verhältnis zum Boulevard?
Damals bei der Kommune war es so: Uns ging es um die Revolutionierung der Beziehungen, auch der zwischen Mann und Frau, keine Zweier-Beziehungen oder Kleinfamilie mehr. Also Sex. Und Sex ist Schmutz und gehört in BILD und Boulevard. So ist das heute noch.
Im Dschungel-Camp waren schon Daniel Küblböck und Costa Cordalis Kritiker sagen, es sei das Prinzip der Show, Leute lächerlich zu machen. Hast du nicht Angst davor?
Die Privatsphäre zu zeigen ist auch für sie ein Problem. Ebenso an sich zu arbeiten. Daher werden sie natürlich versuchen, so etwas lächerlich zu machen, mit allen Mitteln. Ich aber habe seit 40 Jahren Erfahrung mit den Medien und weiß: Meine Botschaft wird trotzdem durchkommen! Das bestätigt meine Lebenserfahrung. Sonst würde ich das nicht machen. Was haben sie damals nicht alles über die Kommune geschrieben: Untergang des Abendlandes!, Schweine! Während meine Genossen schrien: Enteignet Springer!, haben wir die BILD-Zeitung studiert; der Boulevard drückt das kollektives Unbewusstes aus. Daraus haben wir unsere Aktionen entwickelt, z.B. das Puddingattentat auf den amerikanischen Vizepräsidenten. Leider haben meine Ex-Genossen das vergessen. Für die bin ich eine Mediennutte.
Trifft dich das?
Ich bedaure, dass ich mit ihnen nicht reden kann und wir uns so unterschiedlich entwickelt haben. Sie werfen mir vor: Du machst das nur wegen der Kohle, du gehst zu den Kapitalisten und zu den Prolls von RTL. Wenn ich denen erkläre, dass ich das Dschungelcamp für eine interessante Kommune-Erfahrung halte, glauben die mir das nicht. Dabei ist das dieselbe Versuchsanordnung wie damals!
Leute, die sich freiwillig zusammentun, um gegen bürgerliche Normen zu protestieren, und C-Promis, die für einen Fernsehsender in den Dschungel fahren ist das nicht ein großer Unterschied?
Nein. Letztlich geht es doch um Ausgestoßene, die mit dieser Gesellschaft nicht zurechtkommen. Du bist sozial nicht mehr vermittelbar und begibst dich in eine Art Schulung, entweder um die Welt oder Dich selbst zu verändern.
Weißt du, wer noch dabei ist?
Nein, keine Ahnung. Vor 1. Januar erfährt niemand etwas.
Du darfst noch nicht darüber sprechen.
Nein, ich weiß es wirklich nicht. Ronald Schill munkelt man, aber sicher weiß man nichts.
Siehst du dich selbst auch als C-Promi?
Ja natürlich! Zu 68er-Zeiten war ich für die Boulevard-Presse ein A-Promi, und wurde dann ein C-, D-, oder E-Promi.
Nach der Kommuneerfahrung hast du dich in den Siebzigern und Achtzigern sehr zurückgezogen und dich mit deinem Inneren beschäftigt. Ist dir jetzt die äußere Welt wieder wichtiger geworden?
Ja, aber ich lebe seit damals unter dem Primat des Inneren. Das heißt: Ein möglichst einfaches Leben, Verzicht auf materielle Güter und fleischlose Ernährung.
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Du lebst sehr reduziert. In deiner Wohnung steht ein Bett, ein paar Bücher, alles ist weiß. Äußerlichkeiten scheinen dir nicht wichtig zu sein...
Ich weiß nicht. Wenn mich Leute fragen: Was machst du so? Dann antworte ich: Nichts. Ich habe keine Arbeit oder so etwas. Man könnte höchstens sagen: Ich arbeite mit Medien. Geld interessiert mich dabei nicht. Für mich ist es immer noch schwer, in dieser Gesellschaft etwas Sinnvolles zu tun. Und die Medien sind in unserer Gesellschaft noch das Geistnächste.
Warum?
Die Medien, das Virtuelle ist für mich geistnäher. Da passiert etwas im Kopf, nicht draußen in der physischen Welt. Ich kümmere mich kaum mehr um Materie, bis zum Sex. Das bringt mir alles nichts.
Was meinst du damit nichts bringen? Sex macht doch immerhin Spaß.
Natürlich! Aber der Spaß steht in keinem Verhältnis zum dafür notwendigen Aufwand. Ich hab doch alles ausprobiert, was die bürgerliche Gesellschaft an Ekstasen und den dahin führenden Techniken kennt: Sex, Musik, Drogen, alles. Es hat mich nicht weit genug gebracht. Vor kurzem habe ich einen Tesla getestet, diesen Elektro-Rennwagen. Mein Vater war Rennfahrer, daher verstehe ich etwas davon, aber ich bin seit 40 Jahren in keinem mehr gesessen. Und ja, es hat Spaß gemacht. Ich verstehe, was die Leute daran fasziniert. Aber dieses kurze High ist nichts im Vergleich zu dem High, das ich durch andere Techniken erlange.
Du meinst Meditation?
Ja. Ein solches High ist unvergleichlich. Aber ich muss sagen, dass ich immer wieder enttäuscht von mir bin, wie schlecht es mir gelingt.
Können wir eigentlich mal das Licht anmachen?
Ja, natürlich.
Du meditierst täglich?
Seit ich 1972 von meinem Meister initiiert worden bin, täglich und zwar den zehnten Teil meiner Zeit, also zweieinhalb Stunden.
Das ist lang!
Ja, sehr lang...
Aber wenn ich nicht den Kontakt zu meinem Inneren aufnehmen würde, könnte ich hier nicht leben. Doch wie gesagt, es fällt mir sehr schwer. Ich bin eigentlich eine Null auf diesem Gebiet.
Im Dschungelcamp wirst du auch meditieren?
Ja natürlich!
Musst du dafür alleine sein?
Ich kann es auch unter Leuten, aber das zieht wieder Aufmerksamkeit auf sich und das spürt man. Den Veranstaltern wird das wahrscheinlich nicht so gut gefallen, die wollen ja Gehampel haben. Vielleicht werde ich ja auch gleich rausgewählt, weil ich den Zuschauern zu langweilig bin. Aber erstmal muss ich sehen, ob sie überhaupt meine Bedingungen akzeptieren.
Welche denn?
Keine Tiere töten, quälen, essen. Auch keine Insekten. Das werde ich auf keinen Fall tun! Aber es gibt ja genug andere Arten, wie man Leute an ihre Grenzen bringen kann.
Das reizt dich auch daran: Deine eigene Grenzen auszutesten?
Mir geht es darum, mich mit mir selbst zu konfrontieren und mehr über mich selbst zu erfahren. Ich bin dieses Jahr 70 Jahre alt geworden und beschäftige mich viel mit dem Alter. Ich gehöre ja zu einer Generation, die zum Glück im Alter noch viele Jahre lang nicht von Erschöpfung und Demenz geprägt sein wird. Wie so ein neues Alter aussieht, wissen wir noch nicht. Wir haben früher mal die Jugend erfunden, haben aber scheinbar verloren danach, aber jetzt werden wir noch das Alter neu erfinden. Das wird spannend.
Wie sieht denn sonst dein Alltag aus?
Fünf bis sechs Stunden verbringe ich im Internet, ein bisschen sehe ich auch fern. Ich gehe zum Zeitungslesen und Büchertauschen in die Bibliothek und gehe spazieren und sonst treffe ich mich mit den Frauen, ein, zwei, drei, vieren, je nachdem. Manchmal habe ich Auftritte und Vorträge vor Schülern und Schulklassen, in Medien.
Bist du eitel?
Wahrscheinlich. Wenn es bedeutet, dass ich besser werden möchte in spiritueller Hinsicht. Und ich glaube, dass sich das körperlich auswirkt. Insofern bin ich wohl ein eitler Mensch: Ich will gut drauf sein und es zeigen.
Geht es bei Meditation nicht um die Überwindung der Eitelkeit?
Es geht um die Überwindung der äußeren Eitelkeit, ich aber will mich innerlich verbessern. Nur wer sich selbst erkennt, ist glücklich.
Text: philipp-mattheis - Fotos: Philipp Mattheis