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Hype ist, was ihr daraus macht

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Hinter jeder Hausecke in Berlin kann er lauern: Ashton Kutcher. Der sagenumwobene Hollywood-Beau und die berühmte halbe Portion in „Two and a half Man.“ Plötzlich könnte er da stehen, auf einem holprigen Gehsteig mitten in Mitte. Natürlich mit einem Koffer voller Geldscheine, die er ohne nachzudenken in die aberwitzigsten Start-Up-Ideen investiert. Schließlich hat er doch auch Berliner Digital-Unternehmen wie Amen und Gidsy mit Millionen überhäuft. 

  So viel zu den Wunschträumen. In Wirklichkeit ist die Start-Up-Szene in Berlin „ein unheimlich hartes Geschäft. Ohne Glamour und Privatleben, aber dafür mit vielen durchgearbeiteten Wochenenden.“ Das sagt jedenfalls Derk Marseille, der Moderator und Erfinder der Web-Radioshow „Friday at Six“. Der Niederländer muss es wissen, schließlich hat er in seiner Sendung schon mit mehr als 100 Machern aus der Start-Up-Szene gesprochen. Kaum einer kennt daher das diffuse Geflecht aus Innovationen, Investoren und einem irrwitzigem Hype besser als er. Die Hauptstadt sei derzeit ein Jahrmarkt von Konzepten und Eitelkeiten. „Zu wenig Ideen, zu viel Geld“, so Marseilles Eindruck. Junge Unternehmer buhlen mit versiertem Marketing-Denglisch um Aufmerksamkeit, werfen bunte Powerpoint-Präsentation auf graue Leinwände und hoffen darauf, dass Venture-Capital-Firmen mit sechs- bis siebenstelligen Beträgen ihre Tortengrafiken Wirklichkeit werden lassen. Neue Helden werden geboren. Eine Mischung aus Hipsterness und Unternehmergeist, die vielleicht am besten in der Person des Amen-Gründers Felix Petersen dargestellt wird. Wär man nicht gerne selbst so cool und gleichzeitig so erfolgreich? Aber was ist davon wahr und was ist nur Mediengedöns? Für Derk Marseille steht es jedenfalls fest: „Hype ist nur etwas für Leute , die keine Ahnung haben.“ Und damit die Leute mehr Ahnung bekommen, was die Gründung eines Start-Up-Unternehmens wirklich bedeutet, gibt es seit fast einem Jahr „Friday at Six.“

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Derk Marseille, Erfinder und Moderator von "Friday at Six"

Bei Derk Marseille dreht sich dann alles um die neue digitale Business-Elite: Zu Gast im Studio sind die Gründer und Lenker von jungen Firmen wie Readmill, Eyeem oder Upcload aber auch schon eher etablierten Unternehmen wie PayPal. „Wichtig ist mir nur, ob in der Firma ein Start-Up-Geist herrscht“, sagt der Moderator. Für ihn gibt es einen besonderen digitalen Life-Style: Eine Mischung aus Passion, Unternehmergeist und einer Prise Anarchie. „Man will die Dinge selbst in die Hand nehmen, unabhängig sein und etwas ändern, dass macht die Menschen hinter den Start-Ups aus.“ Er sieht es als Befreiung aus der Unmündigkeit der modernen Angestelltenverhältnisse von Großunternehmen. Dort ist man nur ein kleines Rädchen im Getriebe und wird zum Spielball, wie Charlie Chaplin in Moderne Zeiten. Marseilles Eindruck nach vielen Interviews: „Ein Start-Up gründet man nicht in erster Linie wegen des Geldes, sondern um sich etwas Eigenes aufzubauen.“ Derk Marseille lebt den Geist der Start-Up-Gründer selbst. Seine Show produziert er alleine und unabhängig von einem Medien-Unternehmen und präsentiert die Sendung auf einer eigenen Webseite. „Technologie gibt uns die Möglichkeit uns zu befreien“, so sein Credo. Er ist sogar so frei, jede Folge von „Friday at Six“ aus den Räumen eines anderen Start-Up-Unternehmens in den Äther zu schicken. Bisher war er bei 25 Firmen zu Gast, immer war eine Band dabei, die live gespielt hat. „Viele Musiker finden es einfach lustig, in einem Büro ein Konzert zu geben. Das haben die noch nie gemacht.“ So entsteht in jeder Folge eine Mischung aus nerdigem Expertentum und Entertainment – ein bisschen das, was ein Start-Up auch ausmacht.

  Wie kam es eigentlich zu der Idee von „Friday at Six“? Eigentlich ist der Holländer Marseille Auslandskorrespondent eines niederländischen Radiosenders. Er berichtete über den Obama-Wahlkampf 2008 oder die WM in Südafrika. Im Februar 2011 zog er schließlich nach Berlin. „Ich hatte noch kein eigenes Büro, da bot mir Edial Dekker - einer der Gründer von Gidsy – an, eine Woche in seinem Büro zu arbeiten.“ So entstand der Kontakt zur Start-Up-Szene. Damals war Gidsy ein kleines Unternehmen mit vier Mann. Erst später wurde es zum Start-Up des Jahres 2011 gewählt. Jetzt hat es ein Millionen-Investment bekommen. „Ich fand die Leidenschaft der Leute dort faszinierend und wollte daraus eine Sendung machen.“ Für seinen Radiosender war das nicht möglich, also hat er selbst etwas auf die Beine gestellt: „In Holland trinkt man freitags um 18 Uhr im Büro ein Bier und unterhält sich mit den Kollegen – darum auch der Name.“ Allerdings wird „Friday at Six“ immer um 20 Uhr ausgestrahlt: Am jeweils letzten Freitag des Monats.

  Derk Marseille geht es gar nicht so sehr um Start-Ups, sondern mehr um Unternehmergeist an sich. „Ich könnte meine Sendung auch aus Baden-Württemberg senden, dann nur mit mittelständischen Unternehmen.“ Mittelständler teilen nach seiner Ansicht die gleichen Werte, wie Start-Up-Firmen. Die einen stellen Maschinenbauteile her, die anderen virtuelle Körperscanner. „Hinter beiden aber steht als Antrieb: Unabhängigkeit und Erfolgswillen.“ Junge Start-Up-Unternehmer sollten jedoch eines nicht vergessen: „Die Idee ist ein Prozent, der Rest ist Exekution.“ Oft kämpfen gleiche oder ähnliche Start-Up-Konzepte um Marktanteile. Das heißt: Mit der Gründung eines Start-Ups fängt die Arbeit erst an. Es gibt keinen Acht-StundenTag, kein Wochenende, keine Freizeit. So sieht die neue Freiheit dann eben auch aus: Man wird Sklave seines eigenen Unternehmens, aber nicht unbedingt Millionär. Vielleicht sollte man also gut überlegen, ob man jedes Investment annimmt und ein Start-Up gründet – selbst wenn Ashton Kutcher mit Geldscheinen wedelnd vor einem steht. Denn der verschwindet wieder nach Kalifornien und verdient sein Geld ganz klassisch: Im Fernsehen.
 
„Friday at Six“ live auf fridayatsix.com: Am 23. August 2012 vom Tech Open Air im Kater Holzig und am 24. August von der Campus Party in Tempelhof.

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