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Der Kaiser von China und ich

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Jedes Jahr ermittelt die chinesische Regierung den Chinesisch-Weltmeister unter Nicht-Chinesen aus aller Welt und verleiht dafür den sogenannten Chinese Bridge Award. Die Endausscheidung findet in Peking statt, den Gewinnern winkt ein Stipendium für ein dreijähriges Studium in China. Der 23-jährige Klaus Küspert aus Augsburg belegte in diesem Jahr den ersten Platz.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

jetzt.de: Klaus, du hast in diesem Sommer dein Sinologie-Studium beendet und bist obendrein einer von drei amtierenden Chinesisch-Weltmeistern geworden. China ist also offenbar dein Ding. Wie kommt das? Klaus Küspert: Ich hatte keinerlei Vorkenntnisse, als ich das Sinologie-Studium begann. Ich mache Kung-Fu, seit ich 16 bin, aber von der chinesischen Kultur oder der Sprache hatte ich vor meinem Studium keinen blassen Schimmer. Die Uni Würzburg hat in Deutschland einen ziemlich guten Ruf, was die südostasiatischen Kulturwissenschaften angeht. Und da ich weder Wehr- noch Zivildienst absolvieren musste, hatte ich genug Zeit, einfach drauf los zu studieren. Also entschied ich mich erst mal probehalber für den Bachelor-Studiengang „Modern China“. Schon nach zwei Wochen wusste ich, hier bin ich genau richtig. Für den Award musste man einen Vortrag halten, eine Fragerunde bestehen und eine kulturelle Arbeit vorlegen. Wie sah dein Beitrag aus? Den Vortrag habe ich über Kaiser Kublai Khan gehalten. Das war ein Enkel von Dschingis Khan, und er ist eine berühmte Figur in der chinesischen Geschichte. Mein Thema hieß: Kaiser Kublai Khan sieht aus wie ich. Und zwar, weil das wirklich so ist. Ich stellte mich auf die Bühne und zog das Bild des Kaisers unter meinem Kittel hervor – und da wusste die chinesische Jury schon genau, worauf ich hinaus will. Die haben sich halb totgelacht. Die anschließende Fragerunde ist sauschwierig. „Nennen sie die vier wichtigsten kulturpolitischen Errungenschaften der Soundso-Dynastie“ und solche Sachen. In der „Kür“ habe ich dann Kung-Fu Kampfkunst vorgeführt. Die Endausscheidung des Chinese Bridge Awards fand in Peking statt. Bist du schon einmal in China gewesen? Es ist Teil des Studiengangs, ein Semester in China zu verbringen. Ich habe das vierte Semester in Peking studiert, und das hat mir so gut gefallen, dass ich mich an der Uni Würzburg für zwei Semester befreien ließ, um ein weiteres Jahr in China zu bleiben. In den anderthalb Jahren habe ich natürlich meine Sprachkenntnisse immens verbessern können. Ist China als Studienort ein Geheimtipp? Unbedingt. Man sollte vielleicht nicht ohne Vorkenntnisse dort hin gehen, um zu studieren, aber es ist ein beeindruckendes, großartiges Land mit sehr gastfreundlichen Menschen. Bildung hat in China einen hohen Stellenwert. Muss man auf Dinge verzichten, wenn man in China studiert? Bei Auslandsstudien gilt generell: Man findet das vor, was man selber mitbringt. Auf keinen Fall sollte man erwarten, dass sich die Umstände an einen anpassen. Entbehren muss man sicher nichts Wesentliches. Im Gegenteil: Die chinesischen Universitäten sind gut ausgestattet, was ich von einigen deutschen Unis nicht behaupten kann. Ich war sehr beeindruckt von der Organisation und der Disziplin. Außerdem hatte ich den Eindruck, dass „Westler“ bevorzugt behandelt werden. Man begegnete mir immer respektvoll. Das hat mir sehr gefallen. Chinas Bedeutung auf politischer und wirtschaftlicher Ebene wird immer größer. Ist das auch bei den Sinologen spürbar? Allerdings. In Deutschland findet gerade der zweite große China-Boom seit den 80er Jahren statt. Als ich mich vor vier Jahren für Sinologie einschrieb, gab es etwa 40 Bewerber, von denen viele nach dem Vorbereitungskurs schon aufgaben. Mittlerweile sind es schon circa 70 Bewerber, die auch nicht mehr so leicht aufgeben, sondern das Studium um jeden Preis durchziehen wollen. Was kann man mit Sinologie überhaupt machen? Man sollte sich rechtzeitig spezialisieren und ausrichten. Da China global gesehen zunehmend an Bedeutung gewinnt, brauchen viele westliche Organisationen Leute, die sich nicht nur mit der Sprache, sondern auch mit der Kultur oder speziellen Formalitäten auskennen. Auslandsexperten, wenn man so will. Du hast mit dem ersten Platz des Chinese Bridge Awards ein dreijähriges Stipendium in China gewonnen. Damit planst du ein Master-Studium in chinesischem Recht. Was soll aus dir mal werden? Ich werde im Herbst 2007 erst mal wieder nach China ziehen und das Studium aufnehmen. Die chinesischen Rechtsformalitäten sind interessant – so eine Mischung aus europäischem und russischem Recht. Natürlich kann ich mit so einem Abschluss weder in Deutschland noch in China als Volljurist arbeiten, weil mir dafür das Staatsexamen fehlt. Aber ich möchte gerne etwas im Bereich der interkulturellen Beratung machen. Mein Traumziel ist, Diplomat zu werden.

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