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"Der ist für dich, Ashton!"

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Als der Berliner Straßenkünstler Nomad im Frühjahr einen nächtlichen Anruf von der amerikanischen Schauspielerin Demi Moore bekommt, glaubt er an einen schlechten Scherz. Wenige Monate später steht er mit ihrem Mann Ashton Kutcher auf einem Hoteldach in Las Vegas und verewigt sich dort mit einem überdimensionalen Graffiti. Im Interview spricht Nomad zum ersten Mal über einen unvergesslichen Sommer in Beverly Hills, den Street-Art-Hype und Black Jack mit Bruce Willis. jetzt.de: Nomad, du bezeichnest dich selbst als einen der meist gesammelten Künstler Europas, trotzdem kennt man dich nur in Insiderkreisen. Wieso? Nomad: Ich habe das mit einem Augenzwinkern gesagt, aber es ist natürlich schon so, dass ich in den letzten Jahren Tausende Sperrmüllgegenstände in Berlin gesammelt, bemalt und damit keinen einzigen Cent verdient habe. Ich habe mich eben nicht auf diese Street-Art-Business-Schiene gesetzt, mich nicht in jedem Blog breitgemacht und meine Motive nicht auf T-Shirts gedruckt oder an eine Keksfabrik verkauft. Ich habe meine Kunst der Straße überlassen, statt mich als Marke zu verkaufen. jetzt.de: Einige Street-Art-Künstler haben in den vergangenen Jahren genau dadurch viel Geld verdient. Hat dich das Geld nie gereizt? Nomad: Für mich war das keine relevante Frage, denn es ging mir immer nur darum, mich zu verwirklichen. Ich habe über Jahre hinweg unter der Armutsgrenze gelebt, und es gab Situationen, in denen ich total abgebrannt war. Aber durch die Liebe, die ich den Menschen über meine Kunst gegeben habe, habe ich auch viel zurückbekommen. Ich habe Bilder gegen Essen gemalt, ich habe Wände in Wohnungen bemalt und man hat mir dafür Kuchen gebacken oder mich zum Essen eingeladen. Ich gebe und nehme. So lief das ja auch in Beverly Hills. Ich durfte ein paar Wochen bei Demi Moore und Ashton Kutcher wohnen und habe ihnen als Gegenleistung die Hütte angemalt. jetzt.de: Wie kam der Kontakt mit Demi Moore und Ashton Kutcher zustande? Nomad: Der Kontakt ist über eine Kuratorin zustande gekommen, die eine gemeinsame Freundin von uns ist. Sie hat mir erzählt, dass Demi Moore sie regelrecht bekniet hat, um an meine Nummer zu kommen. Als dann nachts öfter das Telefon geklingelt hat, bin ich nie rangegangen. Ich hatte zwar schon gehört, dass Demi nach mir sucht, aber ich dachte, dass mich jemand verarschen will. Irgendwann hat sich herausgestellt, dass sie sogar versucht hat, mich in Berlin im Atelier zu treffen, um ein paar Sachen für Ashton Kutcher zu kaufen, der damals schon ein großer Fan von mir war. jetzt.de: Wie hat sich das geäußert? Nomad: Ashton hatte meine Sachen, die er im Netz gefunden hatte, schon eine ganze Weile als Hintergrundfoto auf seiner Twitter-Page. Als Demi mir davon erzählte, fand ich das ein bisschen surreal: Ausgerechnet Ashton Kutcher, der ja in den USA "Mr. Twitter" ist . . . jetzt.de: . . . und mehr als 3,8 Millionen Follower hat . . . Nomad: . . . aber nach kurzer Zeit war unser E-Mail-Austausch auf einem sehr menschlichen Level. Ich tue mich ohnehin schwer damit, andere Menschen zu idolisieren. jetzt.de: Wie ging es weiter? Nomad: Ich wusste, dass Ashton das Bild von einem Fernseher sehr mochte, den ich vor Jahren auf dem Sperrmüll entdeckt und bemalt hatte. Aus Spaß habe ich nochmal einen angemalt, ihn fotografiert und ihm das Foto geschickt - mit der Aufschrift: "This one's for you, Ashton!". Er hat es sofort als neues Hintergrundbild bei Twitter hochgeladen und weil es ihm so gut gefiel, wollte Demi ihn damit überraschen, dass ich ihnen den Fernseher in die USA schicke. Das Problem aber war, dass der Fernseher ja irgendwo in Berlin auf der Straße stand. Nachdem Demi mich nicht mehr mit ihrer Idee in Ruhe ließ, bin ich also los und habe nach dem Fernseher gesucht. Aber er war natürlich schon weg.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Demi Moore und Ashton Kutcher vor einer von Nomads Wandmalereien in Kutcher TV-Produktionsfirma. jetzt.de: War Demi Moore sehr enttäuscht? Nomad: Ich habe zu Demi gesagt: ,Wenn du den Fernseher unbedingt willst, dann finde ich einen anderen und bemale ihn für Ashton.‘ Dieser Fernseher ist dann um die halbe Welt gereist und steht jetzt in Beverly Hills. Das war eine ziemlich lustige Geschichte, weil der Fernseher ein halbes Jahr im Zoll hing und ausgerechnet dann angekommen ist, als ich gerade bei ihnen gewohnt habe. jetzt.de: Wie kam es denn dazu? Nomad: Das Kunstmagazin ModArt hatte mich zu einer Jubiläumsshow nach L.A. eingeladen. Ich musste zwar den Flug selbst zahlen und hatte keine Unterkunft, aber es war ein guter Grund, mal wieder nach L.A. zu kommen, wo ich viele Freunde habe. Zur Eröffnung der Show sind dann eben auch Demi und Ashton gekommen, die ich ja eingeladen hatte. Erst haben die beiden ein paar meiner Sachen gekauft und plötzlich hieß es dann: ,Wir fliegen morgen nach Las Vegas und feiern Rumers (Demi Moores Tochter, Anm. d. Red.) 21. Geburtstag - kommst du mit?‘ Ich war schon ziemlich besoffen und hatte keine große Lust dazu, auch weil ich Las Vegas als Stadt nicht besonders mag.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Kabbelei in der Ausstellung: Ashton Kutcher, links, schenkt Nomad ein. jetzt.de: Du hast also abgesagt? Nomad: Eigentlich ja, aber am nächsten Morgen bin ich total verkatert auf einer komplett mit Hundehaaren übersäten Couch irgendwo in East-L.A. aufgewacht, als ein Kumpel mit dem Telefon ankam und sagte: ,Hier, Demi Moore für dich.‘ Ich hatte gerade zwei Aspirin gefrühstückt, einen Beutel Eis auf dem Kopf und konnte mich gar nicht mehr richtig an den letzten Abend erinnern. Plötzlich hieß es dann: ,In 45 Minuten fliegen wir los, nimm dir ein Taxi zum Flughafen!‘ Ich bin dann schnell unter die Dusche gesprungen und nach Van Nuys geeiert, wo der Learjet-Flughafen ist. Ein paar Minuten später saß ich mit der ganzen Patchwork-Familie im Privatjet und war Richtung Las Vegas unterwegs. Ashton Kutcher und Nomad mit Farbe auf einem Dach in Las Vegas - auf der nächsten Seite.


jetzt.de: Du bist also morgens noch in Hundehaaren aufgewacht und . . . Nomad: . . . abends hatte ich meine eigene Suite mit zwei Badezimmern im 50. Stock eines Luxushotels in Las Vegas, ja. Und dann kam Ashton eben an und fragte: Was willst du machen? jetzt.de: Und, was wolltest du machen? Nomad: Ich habe ihm vorgeschlagen, ein paar Wände in den Straßen von Las Vegas anzumalen. Ich habe zu ihm gesagt: ,Besorge mir ordentliche Arbeitskleidung and we make it look legal.‘ In den USA und auch in Japan funktioniert das wunderbar: Wenn du dir eine Uniform anziehst und dein Arbeitsfeld mit rot-weißem Flatterband absperrst, denken die Leute sofort, dass alles legal ist. jetzt.de: Letztendlich habt ihr aber das Dach des Planet Hollywood Hotels getaggt. Wie kam es dazu? Nomad: Ich konnte das Dach von meiner Suite aus gut sehen, und als Ashton mich gefragt hat, ob ich Lust hätte, da oben was mit ihm zu machen, habe ich gesagt: ,Klar, aber wie willst du an den Securitys vorbei und da hoch kommen?‘ Er hat dann nur gesagt: ,Lass das mal meine Sorge sein!‘ Innerhalb von zwei Stunden hatte Ashton alles geregelt, wir standen auf dem Rooftop und haben mal kurz eine riesig große Slot Machine gemalt (lacht).

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Illustration: Julia Schubert

Die Slot Machine. jetzt.de: Hat Ashton Kutcher dich etwa bei der Arbeit unterstützt? Nomad: Ja, ich habe die Linien vorgezogen und er hat die Fill Ins gemacht. Die Situation dort oben war natürlich total bizarr, zumal wir uns ja beeilen mussten, weil am Abend Rumers Geburtstagsparty anstand. Wir sind gerade rechtzeitig fertig geworden, haben innerhalb von zehn Minuten kurz geduscht, uns umgezogen und dann ging auch schon die Party los. Wir haben gegessen und gefeiert und später am Abend habe ich dann noch mit Bruce Willis Black Jack gespielt. jetzt.de: Hast du gewonnen? Nomad: Ich habe beim Black Jack extrem geloost, das ist absolut nicht mein Spiel. Ich mag und beherrsche Glücksspiele schon deshalb nicht, weil mir Glück nichts bedeutet. Auch die Slot Machine, die wir in Las Vegas auf das Hoteldach getaggt haben, muss man mit einem Augenzwinkern sehen. Statt ans Glück glaube ich an Arbeit und an Intention. Man muss auf seine Ziele hinarbeiten. jetzt.de: Im Anschluss an den Las-Vegas-Trip hast du noch ein paar Wochen bei Demi Moore und Ashton Kutcher gewohnt. Wie muss ich mir das vorstellen? Nomad: Ich hatte dort ein eigenes Zimmer, konnte gehen und kommen wann ich wollte. Das war alles ganz easy. Eigentlich wollte ich ja viel früher wieder abreisen, aber Demi meinte: ,Du musst unbedingt noch hier bleiben, es gibt noch so viele Sachen zu tun.‘ Die beiden haben mir also noch ein paar Jobs vermittelt und auch an Ashtons Arbeitsplatz in seiner TV-Produktionsfirma habe ich Wände angemalt. Die ganze Familie ist mir sehr ans Herz gewachsen, wir sind echte Freunde geworden und werden durch die gemeinsame Zeit immer verbunden bleiben. jetzt.de: Nun bist du wieder zurück in Berlin und bereitest eine Ausstellung vor. Viele Street-Art-Künstler werden deinen Schritt in die Galerie als Tabubruch verurteilen. Nomad: Straßenkunst und Galerie sind für mich kein Widerspruch, außerdem lege ich auch keinen Wert darauf, als Straßenkünstler bezeichnet zu werden. Ich war einer der Ersten, der in Berlin Street Art gemacht hat und tue das immer noch gerne. Trotzdem würde ich nicht sagen, dass Straßenkunst besser oder schlechter ist als Kunst in der Galerie. Ich setze mich dafür ein, dass Kunst alles darf, bin eher der Freiheit als den Restriktionen zugewandt und finde es feige und kontraproduktiv, wenn sich Leute irgendwelche Dogmen auferlegen. jetzt.de: "Rainbowcoloured Tears of a Clown" ist deine erste richtige Einzelausstellung, die nichts mit Straßenkunst zu tun hat. Was erwartet die Besucher? Nomad: Ich habe mich zwar diesmal bewusst vom Straßenbezug abgewandt, um mich als Galeriekünstler zu präsentieren. Bei der Ausstellung geht es mir aber trotzdem darum, die kommerziellen Mechanismen der Kunstszene und ihre Auseinandersetzung mit den großen sozialen und politischen Themen auf die Schippe zu nehmen. Wie der Titel schon sagt, hat die Ausstellung einerseits mit Clowns zu tun und andererseits mit Regenbögen. Der Regenbogen schlägt eine Brücke zwischen meiner Vergangenheit als Straßenkünstler und der kommerziellen Kunstwelt. jetzt.de: Wenn dir vor ein paar Jahren jemand erzählt hätte, dass du deine Kunst in Galerien zeigst und nebenbei Häuser von Hollywood-Stars bemalst - hätte dir diese Vorstellung gefallen? Nomad: Darüber mache ich mir keine Gedanken. Es ist, wie es ist. Solche Dinge passieren eben. *** Mehr von Nomad gibt es auf Ashton Kutchers Twitter-Page (twitter.com/APlusK) oder in der Berliner Circleculture Gallery - am 30. Oktober eröffnet dort Nomads erste Einzelausstellung. Mehr hier und in der kleinen, nachfolgenden Bildauswahl zum Durcklicken:

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Text: andreas-glas - Fotos: Nomad

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