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Der Hype um die Kruste

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Der Koch und Foodstylist Daniel Petri hat im Westend ein Kochstudio eingerichtet, in dem man ihn auch online besuchen kann. Auf der Homepage letitcook.com kann man ihm zusehen, wie er Schritt für Schritt und ohne Show Gerichte zubereitet. Uns hilft er über die Hürden der Münchner Esskultur.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



jetzt.de: Gerade war Semesterbeginn und viele Neumünchner wollen die bayerische Küche kennenlernen oder bekommen Gäste. Welches kulinarische Klischee können sie sich verkneifen?
Daniel Petri: Also, ich finde die ganze Wurstnummer überbewertet. Überall gibt es Bratwurst mit Sauerkraut, das ist für mich nicht unbedingt das münchnerische Gericht. Ich denke da eher an Thüringen oder Franken. Trotzdem werden die Bayern in der ganzen Welt als große Wurstesser verschrien.
 
Welche Vorurteile über die Münchner Küche sind richtig?
Fett und schwer. Vieles ist recht leicht zu kochen, aber dann sehr deftig. Ich habe meine Ausbildung in einem bayerischen Restaurant gemacht, wo diese Küche veredelt wurde und ein bisschen Raffinesse bekommt. Die fehlt vielen Gerichten hier. Ständig werde ich von Gästen gefragt, welches bayerische Wirtshaus in der Stadt ich empfehlen kann, aber ehrlich gesagt, gibt es da kein wirkliches, keines, das einen wirklich ausgezeichneten Schweinsbraten hat.
 
Wenn ich also für meine Berliner Bekannten einen guten Schweinsbraten selbst machen möchte, worauf soll ich achten?
Es muss nicht immer dieses Schweinsbratenstück mit der dicken Schwarte sein. Einfach mal beim Metzger ein Halsgrat mit Schwarte bestellen, die ist dann dünner und der Halsgrat gelingt viel leichter, weil er eine bessere Fett- und Gewebeverteilung hat. Der ist auch noch zart, wenn er eine halbe Stunde zu lang im Ofen war. Ich kann diesen Hype um die Kruste eh nicht teilen. Klar, wenn sie richtig rösch ist, knuspert man die gerne mal. Aber erstens ist sie das nur sehr selten und zweitens ist drunter einfach nur fieses Fett. In anderen Ländern wird dieser Krustenwahn nicht betrieben, toskanischer Schweinebraten etwa hat eine köstliche Kräutermarinade als Hülle.
 
Wenn aber doch die Verwandtschaft einen typisch bayerischen Krustenbraten will!
Wenn es sein muss, dann unbedingt die eingeschnittene Schwarte vorher fünf Minuten lang in kochendes Wasser legen. Dann wird sie immer knusprig. Was man nicht machen sollte: die Kruste vorher in der Pfanne anzurösten. Was die Soße angeht, gibt es für Anfänger eine ganze einfache Vorgehensweise. Fünf Zwiebeln aufschneiden, anrösten und dann zusammen mit einer oder zwei Flaschen Dunkelbier zum Braten geben und mitschmoren lassen. Simpel und gut.



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Vor der Essenseinladung steht ja der Einkauf. Wo kaufst du in München ein?
Ich kaufe täglich am Viktualienmarkt oder an der Großmarkthalle ein, aber auch gerne auf einem der Wochenmärkte, die es in jedem Viertel gibt. Für mich ist es das Wichtigste, saisonal zu kochen, es gibt nichts Schlimmeres als Zutaten zu verwenden, die normalerweise überhaupt nicht reif sein dürften. Wir müssen wieder anfangen, mit dem zu leben, was wir haben. Wir brauchen im Winter keinen Spargel und im Sommer keine Mandarinen.Außerdem bin ich großer Fan von regionalen Produkten.
   
Außer den Wochenmärkten – welche kulinarischen Sehenswürdigkeiten sollte ein Neumünchner besuchen?
Er muss auf jeden Fall die Weißwürste in der Gaststätte der Großmarkthalle probieren, das ist für mich die beste Weißwurst der Welt. Ich habe selber noch nicht gewusst, wie gut eine Weißwurst schmecken kann, bevor ich dort war, jetzt ist das oft mein Frühstück: Immer drei Würste, ein Weißbier, zwei Brezen und Butter. Die Großmarkthalle an sich ist auch toll, wenn man sich fürs Kochen interessiert. Jeder kann hier einkaufen, es gibt zwar nur ganze Kisten, dafür aber sehr günstig. Es gibt auch keine Preisschilder, ich sage immer allen Neubesuchern: Je schicker du in die Großmarkthalle gehst, desto mehr musst du für deine Steige Tomaten bezahlen. Mein Geheimtipp ist, in der Beerenzeit vorbeizuschauen, wenn man im Supermarkt für eine Schachtel Himbeeren drei Euro zahlt: In der Großmarkthalle zahlt man ein Drittel, da kann man sich auch genug Beeren zum Marmeladekochen leisten. Die beste Zeit zum Einkaufen dort ist allerdings um sechs Uhr morgens, um acht packen die ersten Händler schon wieder zusammen.

Du bist oft auf dem Viktualienmarkt. Was darf man da nicht verpassen?
Für Foodstylisten-Jobs brauche ich perfekte Ware, die bekommt man dort. Dann sollte man noch eine Salzgurke essen und klar, auch eine Fischsemmel, die ich immer bei Fisch Maier kaufe. Das Wirtshaus Sedlmayr am Viktualienmarkt kann ich auch empfehlen. Es gibt da so alte „Arme-Leute-Essen“, zum Beispiel Kalbsbries mit Kartoffelsalat.
 
Für viele München-Besucher sind die großen Bierhallen der erster Anlaufpunkt. Welche Gefahren drohen dort?
Das Problem besteht höchstens darin, dass die Leute da was bestellen, was sie nicht mögen. Kalbskopf, wie es ihn im Weißen Bräuhaus zum Beispiel gibt. Das ist eben eine ziemlich weiche Angelegenheit und nicht Jedermanns Sache. Oder sie bestellen Obatztn und haben nicht nur sprachlich Probleme damit, meistens kann man mit dem fertigen Obatztn auch nur noch Fenster abdichten. Sollte man unbedingt selber machen, mein Tipp dafür ist: Einen guten Schluck Augustiner rein. Ganz am Schluss noch einen Löffel geschlagener Sahne unterrühren, damit er ein bisschen luftiger wird.
 
Du hast aus dem Stehgreif zu jedem Gericht einen Verbesserungsvorschlag – kam deshalb die Idee mit dem Kochportal im Web?
Ich arbeite mit meinem Kollegen Marco Bernhard schon seit drei Jahren daran. Ausgangspunkt war ein Problem, das mir als Foodstylist aufgefallen ist. Dabei muss ich ja meist als erster neue Kochbücher nachkochen, weil wir die Bilder dafür produzieren. Und ganz ehrlich: Viele Rezepte in Kochbüchern funktionieren einfach nicht. Hat nie jemand ausprobiert. Als Profi kann ich das natürlich so hinbiegen, dass es gut aussieht, aber in ihrer Küche verzweifeln die Leute später trotzdem. In den Kochshows ist es ähnlich, da wird einem etwas vorgemacht, was nicht so ohne weiteres nachzuahmen ist. In den Filmen zeigen wir deshalb von A bis Z einfach alles, es ist eben nichts „schon mal vorbereitet“. Es ist keine Kochshow sondern eher ein Kurs, nur günstiger; wer sich bei uns anmeldet, zahlt nur zwei bis vier Euro pro Monat.
 
Braucht man einen missionarischen Eifer, um die Menschen zu einem besseren Kochen zu erziehen?
Es ist schon viel Idealismus dabei. Diese Filme zu produzieren ist viel aufwändiger, als wir uns das vorgestellt hatten und für mich ist auch die Moderation anstrengend. Ich bin es nicht gewohnt, beim Kochen immer lächeln zu müssen. Aber mich ärgert diese komische Entwicklung, dass die Leute sich einerseits vom Schubeck erklären lassen, wie man Rinderfilet mit Niedrigtemperatur gart, aber andererseits nicht mal wissen, wie man Pfannkuchen macht.
 
Aber das kann man doch googlen.
Genau, du suchst nach Schweinebraten und bekommst auf einer einzigen Kochseite 68 verschiedene Rezepte für Original Münchner Schweinebraten. Bei uns gibt es nur eines. Aber das ist dann auch gut.

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