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Das schweißt zusammen

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Wenn es draußen wieder richtig kalt wird, geht die Sauna-Saison los. Leider sind diese schweißtreibenden Gesundheitsräume bevölkert von Menschen, die nicht nur nackt sind, sondern auch sonst eigenartige Verhaltensweisen an den Tag legen. Eine Typologie der fünf nervigsten Saunabesucher.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Der Körperfetischist Er begreift die Sauna nicht als Heilort oder Platz für nachhaltige Anwendungen, sondern als Bühne. Wo schließlich kann er sonst all die aufwändig enthaarten Winkel und Falten seines Körpers so offen vorzeigen: Mit seinen Tattoos, der haarlosen, gestählten Brust, dem getunten Gemächt und den pedikürten Fußnägeln bereitet er den anderen Anwesenden schließlich nicht nur Augenschmaus – er gibt damit auch dezente Anregung, wie sich ihre Körper-Performance noch verbessern ließe. Deswegen stolziert der Körperfetischist auch betont langsam in der Sauna-Anlage auf und ab, und verteilt Strafblicke an fremde Fettpölsterchen. Das Ferrari-Handtuch hat er sich dabei, wenn überhaupt, nur lässig um den Hals gelegt. Das Saunieren selber betreibt er aus sportlichem Ehrgeiz. Er freut sich, wenn er länger kann als alle anderen und stürzt sich mit ausdrücklich zur Schau gestellter Nebensächlichkeit ins Eisbecken, wo er noch abtaucht, um zu zeigen, wie lange er die Luft anhalten kann. Gelegentlich ist er auch mit einer Freundin da, dann tragen sie die Solariumsbräune im Partnerlook und sehen sich auch sonst ziemlich ähnlich – Bodybuilding ist ja der große Gleichmacher unter den sekundären Geschlechtsmerkmalen. Seine makellose Fassade bröckelt allerdings in der Umkleidekabine. Dort verwandelt er sich mittels einer zweifarbigen Jeans und eines schlimmen Sweatshirts in den unscheinbaren Langweiler von nebenan zurück, der er in Wahrheit auch ist. Manchmal verdeckt Nacktheit auch.


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Der ledrige Greis Stellt mit seinesgleichen in manchen Saunen die Übermacht, was aber auch kein Wunder ist, schließlich hat er genug Zeit, seit er mit 42 frühpensioniert wurde. Jetzt ist er weit jenseits der 75 und springlebendig und zwar nur: Weil er jeden Tag in die Sauna geht. Was er ohne besondere Nachfrage jedem erläutert. Außer Sauna fährt er noch begeistert Rad, isst asketisch und liest zwischen zwei Aufgüssen Bücher über fernöstliche Lebensphilosophie und zwar nackt im Schneidersitz auf dem Boden. Schamgefühl weist er als Zivilisationskrankheit zurück, beim Duschen seift und scheuert er mit Kernseife so gründlich an sich herum, dass seine Extremitäten puterrot anlaufen, danach macht er Kniebeugen und schneidet sich die Nägel, nicht ohne dabei über die aktuelle Qualität und Konsistenz des Horns laut zu berichten. Unter der Eiswasserdusche genießt er es, besonders laut und urtümlich zu prusten und zu grunzen. Er schwitzt nie, weil seine Haut wie die einer Schildkröte ist und keine Funktionen mehr ausübt. Daraus zieht er für sich selbst die Berechtigung, jüngeren Saunagästen – vor allem Mädchen – Hinweise zum richtigen Saunieren zu geben oder sich mit einem lockeren „Ich war auch mal jung“ ganz natürlich und unbedingt sehr nah neben sie zu setzen.


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Die distanzlose Dicke Sie schwitzt schon in der Umkleidekabine spektakulär. Nach dem ersten Durchgang im Farblicht-Saunarium ist sie ein einziger, glücklicher Wasserfall. Wäre sie ein Steak, sie hätte dauerhaft die Garstufe „english“. Ihren Ausbrüchen genügt jetzt kein untergeschobenes Handtuch mehr. Tropfend kommt sie als Letzte zum Aufguss und pfropft sich unternehmungslustig in die voll belegte, oberste Bank, die sie freilich nach wenigen Minuten stöhnend wieder verlässt, nicht ohne ihre Brüste dabei in alle vier Himmelsrichtungen zu klatschen. Die eigentlich kalte Dusche nach der Sauna stellt sie immer auf lauwarm, weil ihr Herz das sonst nicht verträgt. Am allerliebsten ist sie im Dampfbad und glitscht da so rum. Nicht selten passiert es, dass man sie dort im Dampfnebel übersieht und für Sekundenbruchteile ihren Schenkeln aufsitzt, was sie mit wollüstigem Johlen kommentiert. Im Whirpool erzählt sie später, dass sie sich als Mädchen ja nie in die Sauna getraut hätte, was sie heute gar nicht mehr verstehen könnte. Jetzt findet sie es nämlich herrlich und kratzt sich im Liegestuhl gemütlich den Bauch, um dann unter ihrer Zeitschrift mit offenem Mund einzuschlafen und vernehmlich zu schnarchen.


Der Saunawärter Hat natürlich eine Sonderstellung, weil er als einziger in Shorts in die finnische Sauna darf, um dort den Aufguss zu machen. Sein wohl definierter Körper und seine Bademeister-Lässigkeit machen ihn zum unangefochtenen Star jedes Saunabetriebs. Stammgäste wollen sich gerne mit vertraulichen Worten während des Aufguss annähern, was ein guter Saunameister aber mit der Korrektheit eines Barkeepers übersieht. Subtil übt er seine Macht aus, wenn er mit einem Tuch die extraheiße Luft beim Aufguss in die Gesichter der Neulinge peitscht. Etwas unmännlich wird sein Job aber dadurch, dass er vorher laut ankündigen muss: „So meine lieben Saunafreunde, jetzt kommt ein voglwuider Mango-Rosmarin-Aufguß. Also, Mango öffnet die Poren und Rosmarin soll die Atemwege . . .“ Er offenbart in diesen Schwurbel-Weisheiten immer einen Münchner-Vorort-Dialekt und hat weiß gekalkte Ränder an den Zehen, vom vielen Desinfektions-Spray. Wenn man ihn wirklich braucht, etwa weil die Tür der 95-Grad-Holzfäller-Sauna klemmt, dann ist er nicht zu finden, nur zu seinen Aufgüssen kommt er pünktlich. Dass es auch zu seinen Aufgaben gehört, gelegentlich mal die Pfützen auf den Böden abzuziehen, hat er bereits am zweiten Tag seiner Anstellung verdrängt.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Die gesunden Freundinnen Sie sehen aus wie die komischen Zwillinge aus der Pharma-Werbung und sind schon in der Umkleide am atonalen Gackern zu erkennen. Sauna ist für sie eine Wellness-Oase, sie „gönnen“ sich das in der kalten Jahreszeit einmal pro Woche. Alleine würden sie allerdings nie gehen, nur mit ihrer Freundin meistern sie den Umstand, dass sie so gerne nackt eigentlich nicht herumspazieren. Weil sie sich aber vor der anderen keine Blöße bei der Blöße geben wollen, agieren sie besonders offenherzig. In der Sauna vergessen sie vor lauter Geplauder, wie lange eigentlich die optimale Sitzung dauern soll und streichen sich die ganze Zeit besinnlich an den Armen herum, als müssten sie die Poren einzeln animieren. Was gar nicht geht, das wissen sie genau: Spanner und Notgeile. Und Typen, die nur zum Glotzen da sind. Männer sowieso. Und solche, die sich in der Körperpflege gehen lassen. Und solche, die Achselhaare besitzen. Und Frauen, die hübscher sind als sie, weil schließlich die Sauna kein Model-Wettbewerb ist. Weil so viele Sachen nicht gehen, sind sie die ganze Zeit damit beschäftigt, die anderen Gäste durchzuhecheln – lautstark tauschen sie im Ruheraum die Ergebnisse aus. Bei ihnen ist höchste Vorsicht geboten – wenn man an ihnen vorbeigeht, während sie duschen, hagelt es böse Blicke; wenn man ihnen die Tür zur Sauna aufhält, fängt man sich ein „Guckst'n so, kriegst du keine ab?“ ein. Noch lieber als zu schwitzen, sitzen sie im Massagesessel, trinken aromatisiertes Mineralwasser und träumen davon, wie es wäre, wenn sich wirklich mal einer für sie interessieren würde.

Text: max-scharnigg - Illustration: Katharina Bitzl

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