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Das letzte Lied ist das wichtigste

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Vor sehr langer Zeit, als Musikstücke noch keine Dateien waren, bekam man mitunter von einem Freund oder Bekannten ein Mixtape in die Hand gedrückt und wusste: Das hat etwas zu bedeuten. Marc Zimmermann, der schon seit Jahren in München als DJ und Veranstalter unterwegs ist, möchte die große Zeit der Musikkassette in einem Club-Abend fortsetzen. Ab kommendem Donnerstag wird er einmal im Monat den „Kassettenclub“ im Atomic Cafe (Neuturmstraße) veranstalten. Auf jetzt.muenchen erklärt er, was man über das Prinzip Mix-Kassette wissen muss. Die Kassettenzeit Ich bin in der Zeit erwachsen geworden und habe bestimmt eine ziemlich verklärte Sicht der Dinge. Für mich ist das Besondere an dieser Zeit, dass durch die Musik Emotionen transportiert wurden. Mein Geschmack wurde damals geformt und die Musik war für mich die Sprache für das, was ich gefühlt habe. Alles war neu und toll, jeder Song war ein Original und neuartig, weil ich keinerlei Referenz-Wissen oder Ahnung von Musikgeschichte hatte. So intensiv empfindet man nie wieder. Klar verklärt man diese Zeit immer im Nachhinein und wahrscheinlich war diese Zeit in Wahrheit auch relativ oft ziemlich anstrengend.


Die Kunst der Mix-Kassette Die Idee der Mix-Kassette ist ganz einfach: Man will das perfekte Ding abliefern. Sie soll sowohl ein Spiegel der eigenen Gefühle sein, als auch eine Bestandsaufnahme des Moments – die besten Songs, die wichtigsten Songs und das alles auch noch in einem perfekten Mix, der aus den verschiedenen Teilen etwas Neues macht. Und dann ist das Mixtape natürlich auch ein ziemliches Gefrickel. Wenn bei mir am Ende der Seite ein Lied abgeschnitten wurde, dann habe ich so lange die Seite neu aufgenommen, bis es perfekt war. Man kann auch Mix-CDs brennen, aber der Prozess ist viel verkopfter. Man sitzt am Rechner, schiebt Dateien rum und hört womöglich gar nicht mehr die Songs ganz an. Dann wirft man die CD raus und ist nach vier Minuten fertig. Ich habe früher für ein gutes Mixtape schon mal fünf Nachmittage gebraucht. Ich war aber ehrlich gesagt auch schon immer ein ziemlicher Perfektionist.
Der wichtigste Song Ganz klar: Das letzte Lied ist das wichtigste, genau wie in der Disco. Das ist der Song, mit dem die Leute nach Hause gehen, den sie vielleicht vor sich hinsummen. Überhaupt haben Kassettenaufnehmen und DJing sehr viel gemeinsam. Bei beidem ist es sehr wichtig, den Spannungsbogen beizubehalten und die Hörer in Bann zu halten. Man muss wissen, wann man das Tempo bremsen muss, wann die Hits kommen müssen, die man ja nur spielt, um danach die Songs zu spielen, die man den Hörern eigentlich unterjubeln will. Gleichzeitig darf man es mit dem Unbekannten auch nicht übertreiben, sonst schalten sie gleich ab.
Das Kassettenmädchen Für das Kassettenmädchen Kassetten aufzunehmen, ist noch ein bisschen schwieriger, es ist sozusagen die Steigerung des Mixtapes. Man will nämlich zusätzlich zu all den anderen wichtigen Kriterien, wie Aktualität, Momentaufnahme, etc. auch noch eine emotionale Ebene in den Mix hineinbringen. Immerhin hat man 90 Minuten, in denen einem das Mädchen im Idealfall zuhört. Und man übertrifft sich dabei normalerweise selbst.
Der Lehrauftrag Meiner Meinung nach ist Belehrung für einen DJ Pflicht – zumindest, wenn er im Indie-Bereich auflegt. Natürlich will man in erster Linie die Leute begeistern und zum Tanzen bringen. Aber in zweiter Linie will man den Leuten etwas vermitteln. Man soll sie da packen, wo sie sich wohlfühlen und ihnen dann einen Weg zeigen, wie es auf dieser musikalischen Schiene weitergehen könnte.
Das Atomic-Cafe Ich lege seit Jahren in München auf und habe es trotzdem bisher noch nie ins Atomic-Cafe geschafft. Irgendwie hat sich das nie ergeben, und ich war da auch nicht groß hinterher. Als mich die Leute jetzt gefragt haben, dachte ich eigentlich erst, dass die Zeit für mich eigentlich vorbei ist. Aber dann hat gerade das den Reiz für mich ausgemacht: Ich wollte versuchen, eine musikalische Lücke im Atomic Cafe zu schließen. Dort wurde bisher alles bis zu den 1970er- und ab den 1990er-Jahren gespielt. Aber die 1980er-Jahre wurden ignoriert. Und diese Lücke will ich mit dem Kassetten-Club schließen. Aber natürlich werde ich Musik aus dieser Zeit spielen, die zum „Atomic Cafe“ passt. Ich bin ziemlich sicher, dass das funktioniert.
Der Kassetten-Club Der 80er-Jahre-Underground ist zwar weitgehend unbekannt, aber erstaunlich popping und sehr tanzbar. Viele der aktuellen Indie-Bands beziehen sich explizit auf diese Musik und orientieren sich an den Beats der damaligen Zeit. Das lässt sich hervorragend kombinieren. Dazu kommt dann noch ein bisschen britischer Underground aus den 1990er Jahren und aktuelle Musik, die sich da einreiht. Beim Kassetten-Club bin ich der alleinige Veranstalter. Das heißt, ich mache Werbung dafür, organisiere die Dekoration, verteile Flyer und kümmere mich eigentlich um alles, was anfällt. Und natürlich hoffe ich, dass sich die Arbeit auszahlt.

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