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Das Girlie wird Mama

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Du und deine Freundin Johanna Adorjan habt zusammen das Drehbuch geschrieben. Wie seid ihr auf die Idee gekommen? Unsere Initialidee war eine Frau, die auf der Schwelle zum Nicht-mehr-Mädchen-Sein steht. Und die mit ihrem jungen Alter Ego in Form ihrer Schwester konfrontiert wird. Das war alles, was wir im Gepäck hatten. Dann sind wir nach Mallorca gefahren und haben ein Häuschen gemietet. Wir haben jeden Abend eine Flasche Rotwein getrunken und zehn Stunden pro Tag gearbeitet. In zwei Wochen war das Drehbuch fertig.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Vom Girlie zur Mama: Heike Makatsch Seid ihr richtig dicke Freundinnen? Wir sind seit über zehn Jahren befreundet. Kennen gelernt haben wir uns, weil wir 1993 beide vom „Spiegel“ zum Thema Girlie interviewt worden sind. Da hat es bei uns gefunkt. Was kommt denn im Leben einer Frau nach der Girlie-Phase? Es geht ja in unserem Film nicht nur darum, dass sich eine einzelne Frau fragt: „Wann werde ich erwachsen?“ Sondern dass nach der gesamtgesellschaftlichen Tendenz das Erwachsenwerden gar nicht gefragt ist. Der Job, in dem Anne arbeitet, braucht junge Leute, die flexibel, trendbewusst und wild sind. Der Mann an ihrer Seite möchte aus seinen Kinderschuhen nicht heraus wachsen. Die Gesellschaft hält Anne in einer Position, in der das Älter- oder Erwachsenwerden eher ein Fluch ist. Ist das tatsächlich so? Der Arbeitsmarkt verlangt von allen Menschen komplette Flexibilität. Jeder hat das Gefühl, wenn er nicht am Ball bleibt, dann ist er komplett raus. Natürlich haben die Menschen Angst davor. Das treibt auch Anne im Film um: Angst, ihren Freund zu verlieren, Angst, ihren Job zu verlieren, Angst, ihre Jugend zu verlieren. Vielleicht ist das auch so. Deine eigene Branche ist ja auch sehr auf Jugendlichkeit fixiert. Hast du selbst manchmal Angst, dass dir irgendwann nicht mehr die interessanten Rollen angeboten werden? Ehrlich gesagt nicht. Ich habe eher das Gefühl, dass die Rollen besser werden. Im Moment bin ich sehr angekommen, auch was meinen Beruf angeht. Ich glaube, dass ich immer mehr die Möglichkeit habe, genau das zu machen, was ich für richtig halte und mich nicht verbiegen muss, um irgendeinem scheinbaren Markt zu genügen. Im Film beklagt Anne, ihr angeblicher Traumjob als Musikproduzentin habe nie etwas mit ihr selbst zu tun gehabt. Wir wollten erzählen, dass es wichtig ist, sich eben nicht in diese Verkaufsmaschinerie zu begeben. Anne sagt selbst: „Ich mache mein Leben lang etwas, was ich eigentlich verabscheue. Aber ich tue es trotzdem, weil unsere Gesellschaft heutzutage so kommerzialisiert ist. Dauernd werden Bedürfnisse geweckt nach Dingen, die kein Mensch braucht.“ Wie würdest du Anne beschreiben? Sie ist einsam. Es gibt anscheinend nichts in ihrem Umfeld, was sinnerfüllt wäre. Sie selbst ist nicht ehrlich zu sich, alles ist nur Fassade – daher gibt es in ihrem Leben auch nur wenig Weichheit und Wärme. Wird man härter, je älter man wird? Je jünger du bist, desto mehr glaubst du vielleicht noch, dass dein Lebensweg ganz nach deinen eigenen Wünschen oder Idealen verlaufen wird. Annes gesamte Frustration kommt ja erst in der Konfrontation mit ihrer Schwester heraus, weil sie in ihr etwas erkennt, das sie selbst einmal war. Es wäre natürlich positiver, wenn man im Alter weiser und verständnisvoller würde. Aber ich könnte mir vorstellen, je länger man lebt, desto mehr hat man gesehen, wie unbeständig die Welt ist, und desto weniger glaubt man noch an Dinge. Und da können dann Hässlichkeiten zu Tage treten. Im Film muss Anne sich außerdem fragen, ob sie ihre Schwangerschaft abbrechen will oder nicht. Du selbst erwartest auch gerade ein Baby – war dir schon immer klar, dass du Kinder haben willst? Ich bin immer davon ausgegangen, dass es für mich in Frage kommt, aber habe mich schon oft gefragt, wann? Kinderkriegen ist ja heutzutage nicht mehr etwas, was beiläufig passiert, so wie es vielleicht früher einmal war. Man fühlt sich einerseits bedrängt, dass es irgendwann mal passieren muss, andererseits aber auch zurückgehalten, weil man denkt: Es gibt doch noch so viel zu tun. Meinst du, es wird schwierig, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen? Ich habe noch kein Kind, ich weiß nicht genau, wie man das macht. Ich denke jedoch, dass es von Staat und Gesellschaft möglich gemacht werden muss, Kinder und Karriere unter einen Hut zu bringen. Es muss unterstützt werden, dass Kinder gut aufgehoben sind, während Frauen auch als Mütter immer noch das tun, was bei Ihnen Leidenschaft erzeugt. Für mich persönlich ist es ganz wichtig, dass ich auch mit Kind das tun werde, was aus mir herausdrängt. Hast du manchmal das Gefühl: „Hey für den Scheiß bin ich zu alt?“ Das passiert mir öfter, aber das ist nicht schlimm. Mir geht es ja gerade sehr gut. Mein Freund ist Musiker und wenn ich bei ihm auf Konzerten bin, gehe ich lieber hinten auf die Tribüne als vorne in die erste Reihe. Aber da will ich auch nicht unbedingt hin. Interview: carolin.ströbele-jetzt.de; bettina.hensel-jetzt.de

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