Ein Shirt oder das Shirt?
Bei mir ist es jedenfalls ein altes, kleines T-Shirt, früher mal schwarz, jetzt aber sehr würdig gealtert und ergraut, wie eine Strähne von George Clooney. Es ist aber von Calvin Klein, was nichts damit zu tun hat, dass es mein Lieblingsteil ist, vielmehr habe ich es seit mindestens zwölf Jahren, es leiert nicht und sitzt immer so gerade und gut, in der perfekten Mischung aus lässig und streng, wie ein ergrautes T-Shirtt nun mal sitzen muss. Es sieht immer so nebensächlich gut aus, dass ich an schwierigen Tagen den ganzen Kleiderschrank danach umgrabe, um wenigstens eine Chance zu haben. Keiner seiner vielen Nachfolger ist so perfekt.
Ist doch komisch, da hortet man Klamotten, kann zehn T-Shirts und 15 Hemden im Jahr kaufen, aber nur ganz wenige dieser Teile werden dann wirkliche Lieblingskleidungsstücke – obwohl man sie doch selber ausgesucht hat. Bei manchen weiß man schon Zuhause nicht mehr, warum sie in der Einkaufstüte liegen, bei anderen verliert sich die Begeisterung nach ein paar Einsätzen – vielleicht weil sie doch irgendwie komisch sitzen, weil die Farbe zu nix passt oder weil irgendeine Person irgendetwas Falsches dazu sagt. Andere gehen allzuschnell verlustig, durch Löcher, Flecken, Fussel oder Formverluste. Was über diese Hürde drüberkommt ist entweder so harmlos und basic, dass es nie ein wirkliches Lieblingskleidungsstück werden kann (wie der blaue V-Ausschnit-Pullover, den ich etwa zehnmal habe) oder aber es wird vielleicht wirklich zu der Garderobe, die man bei Feueralarm mitten in der Nacht anziehen würde – um sie zu retten.
Was ist dein Lieblingskleidungsstück und wie wurde es dazu? Wie konservierst du es, was tust du, wenn es den Geist aufgibt? Kann man ein Lieblingskleidungsstück nachkaufen oder sind das immer Unikate? Oder stehst du bedingungslos hinter jedem einzelnen Teil, dass du dir gekauft hast?
Text: max-scharnigg - Foto:ap