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Meine Straße: Müllerstraße

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Niemand kennt seine Straße so gut wie die Menschen, die dort leben. Dehsalb bitten wir regelmäßig junge Münchner, uns ihre Straße zu zeigen. Heute:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

 

Billie, 26, Barkeeperin

In der Müllerstraße wohnen Reich und Arm zusammen. Es gibt viele Sozialwohnungen. Gegenüber von meinem Fenster ist zum Beispiel eine Knacki-WG. Da leben Leute, die frisch aus dem Knast kommen und eine Wohnung suchen. Wenn ich aus meinem Fenster schaue, sehe ich oft die zutätowierten Männer auf dem Balkon mit den schönen Geranien sitzen. Das Haus nebenan ist dagegen wieder schicker Altbau. Da wohnen nur Menschen, die sich das auch leisten können. Noch teurer ist das Seven. Das war früher ein Heizkraftwerk, jetzt sind in dem Gebäude die teuersten Wohnungen der Stadt.

In meiner Straße gibt es mehrere Kindergärten. Bei mir im Hinterhof ist eine Kinderkrippe, ein paar Häuser weiter ist noch ein Kindergarten – und gleich daneben ist der Ochsengarten. Das ist der krasseste Schwulenclub in der Straße. Was ich so an Gerüchten gehört habe, ist das ein Fetisch-Laden. Da drinnen tragen die Männer angeblich entweder Leder – oder sie sind nackt. Aber ich kann als Frau nicht nachschauen, ob das stimmt. Da dürfen nämlich nur Männer rein.

Neben dem Ochsengarten gibt es noch mehrere andere Kneipen für Schwule. Der Bau ist eigentlich eine ganz normale Bar, nur dass es unten einen Dark Room gibt. Auf’s Klo zu gehen ist auch ein Erlebnis. Da kann es schon mal passieren, dass jemand gerade eine Nummer schiebt. 

Den Tätowierer Arafat gibt es schon ewig. Arafat, so heißt der Besitzer. daher der Name des Ladens. Das ist ein ziemlich wilder, aber sehr herzlicher Kerl. Der fährt hier immer mit seiner Harley Davidson durch die Straße. Ich selbst war noch nie bei ihm, kenne aber viele Leute, die sich hier haben tätowieren lassen. Der Laden ist einfach eine Institution. 

Im Bazi’s wird Schweinebraten in der Asiabox verkauft. Die Besitzer sind ein Türke und ein Perser. Und die haben einen bayerischen Schmankerl-Laden aufgemacht. Das ist irgendwie typisch für den bunten Mix in der Müllerstraße: Die Besitzer sind Moslems und verkaufen Schweinebraten.

Im Mekong Markt gehe ich ständig einkaufen. Hier gibt es Ginger Beer und andere Sachen, die du fast nirgendwo anders kriegst. Die Verkäufer sind richtig nett und freuen sich, wenn ich in den Laden komme. Die wissen auch schon immer, was ich kaufe. 

Früher war ich oft im Pimpernel unterwegs. Ein Freund von mir hat hier mit 18 Jahren eine 30-jährige abgeschleppt. So was passiert nur im Pimpernel. Alle, die davor feiern waren, treffen sich hier. Egal, ob sie vorher in der 089-Bar waren oder im Bau. Wenn das Pimpernel dann um 6 Uhr früh zumacht, zieht das Partyvolk weiter in den Sunshine Pub. Hier triffst du Schwule, Punker und Hipster. 

Seit geraumer Zeit wird das Nachtleben im Glockenbachviertel immer schicker. Das stört mich aber eigentlich nicht groß, weil ich sowieso nicht mehr oft weggehe. Ich gehe vor allem in die Arbeit und zu meinem Freund, der auch in der Müllerstraße wohnt.



Text: alexander-gutsfeld - Foto: juri-gottschall

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