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Meine Straße: Leonrodstraße
Ich mag die Straße vor allem für ihre Gegensätze. Von der schranzigen Dönerbude bis zum Lamborghini-Zentrum ist alles dabei. In den vergangenen beiden Jahren hat sich hier aber einiges verändert. Die uralte Oma von meinem Lieblingskiosk am Leonrodplatz zum Beispiel ist weg, jetzt steht da ein langweiliger Höflinger-Bäcker, der so furchtbaren Kapselkaffee verkauft. Größte Umweltverschmutzung aller Zeiten.
Gegenüber auf dem Platz mit den Rosenbeeten stehen lauter Bänke, da sitze ich im Sommer manchmal abends mit Freunden und trinke Bier, das wir beim Wienerwald kaufen. Der ist hier in der Gegend nämlich die einzige Möglichkeit, nach zehn überhaupt noch Bier zum Mitnehmen zu kriegen. Und natürlich ganz wichtig: das wunderbare Schwere-Reiter-Kulturareal, das immer einen Spontanbesuch wert ist, und bei dem man nie weiß, wie lange es das wohl noch geben wird.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Fabian, 29, in der Leonrodstraße
Mein Schuster ist der Herr Lehmann, den finde ich toll, ein zuckerlieber alter Mann, den ich irgendwann nur einmal fragen wollte, was es kostet, die Schuhe neu besohlen zu lassen, und der dann bestimmt eine Stunde lang mit mir über den Sinn des Lebens geredet hat. Super ist auch Gabis Stüberl, immer hübsch dekoriert. Wenn ich vom Einkaufen komme, steht die Besitzerin oft rauchend vor dem Laden und will in meine Tüten gucken. Ich muss ihr dann den Inhalt erklären und, was ich daraus kochen werde. Und dann sagt sie jedes Mal, dass sie bitte bald einmal zum Essen eingeladen werden möchte.
Das Poseidon ist ein sehr guter Grieche, wie ich finde. Günstige Preise und riesige Portionen. Da haben wir auch die Erscheinung der Literaturzeitung gefeiert, die einige Freunden und ich dort 2010 gegründet haben. Ein Highlight ist auch das Massagestudio Aryuveda 77, das immer erst sehr spät abends öffnet und dann nur männliche Kunden ab etwa 60 empfängt.
Der Krieger-Kiosk ist auch immer einen Besuch wert, denn der Mann hinterm Tresen schüttet einem immer so ein paar Süßigkeiten hin, wenn man etwas kauft. Das geht ganz schnell, wie bei einem Zauberer. Meine medizinische Versorgung regelt die Tobias Apotheke, die von einem schrecklich netten Typen geführt wird, der mir immer zuwinkt, wenn ich vorbeilaufe. Kürzlich hatte ich Verspannungen und er hatte großes Mitleid und hat mir lang zugehört.
Mein Getränkemarkt ist der Orterer, da rufe ich an, gebe meine Bestellung auf und komme dann, um sie abzuholen. Ich darf immer den Wagen mit nach Hause nehmen, damit ich mich nicht so abschleppen muss. Und manchmal setze ich mich in den öffentlichen Garten des Kriegsarchivs unter die Apfelbäume und lese etwas. Man darf da auch Äpfel pflücken, wenn gerade welche wachsen.
Etwas weiter steht das mysteriöse Haus mit der Nummer 53. Es sieht aus wie ein kleines Gefängnis, mit vergitterten Fenstern und Stacheldraht im eingemauerten Hof. Aber es steht nirgends dran, was da drinnen passiert. Ein Freund von mir sagt, es sei eine Psychiatrie. Aber das glaube ich nicht. Es bleibt ein Rätsel.
Text: mercedes-lauenstein - Foto: juri-gottschall