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„Kein Dudelfunk“

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Ab dem 15. Mai gibt es mit Puls ein neues öffentlich-rechtliches Jugendradio für Bayern. Aber auch diesmal wieder nur als Internet-Stream.

jetzt.de München: Aus On3 wird Puls, „Dieses neue Radio“ heißt der Slogan. Was wird neu und anders sein?
Thomas Müller: Die größte Neuerung ist, dass wir ein Vollprogramm werden. Das heißt, dass wir wochentags von 7 bis 24 Uhr senden und nicht mehr wie bisher nur vier Stunden. Es wird täglich verschiedene Livesendungen geben und nach wie vor viel Musik.

Das ist der dritte Umbau des BR-Jugendprogramms innerhalb von sechs Jahren. Wieso muss on3 erneuert werden?
on3 war bisher die Dachmarke für alles, was im BR mit Jugend zu tun hatte: Das Fernsehformat „Südwild“, die „Startrampe“ und das Radio. Südwild ist im Dezember ausgelaufen und on3-Radio war mit vier Stunden täglicher Livesendung einfach zu dünn. Wenn du dein Radio anmachst, willst du unterhalten werden. Uns war klar, dass wir das Programm des Senders komplett aus- und umbauen müssen.

Was war schlecht an on3-Radio?
Schlecht war es nicht, aber es hat eben nur einen gewissen Teil der Leute angesprochen, gelegentlich waren die Einstiegshürden zu hoch. Es ging oft um Themen, für die man viel Vorwissen brauchte. On3 hatte die hippen Studenten im Visier, aber das Gros der Leute sind eben nicht die hippen Studenten. Wir wollen durch unsere Themen und unsere Sprache niemanden ausschließen. Im Gegenteil: Wir wollen eine breitere Masse erreichen, also müssen wir es dem Hörer leichter machen, einzusteigen.

Kannst du das an einem Beispiel erklären?
Bisher haben wir englische Interviews nicht übersetzt. Aber wir können doch nicht davon ausgehen, dass alle unsere Hörer so gut Englisch sprechen, dass sie ein Gespräch im Radio verstehen. Also werden wir in Zukunft bei englischen Interviews die deutschen Fragen senden. Der Gast antwortet auf Englisch und der Moderator fasst kurz zusammen.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Thomas Müller.

Für wen ist Puls?
Wir werden grundsätzlich etwas jünger und fangen bei etwa 20 an. Klassische Studententhemen finden weiterhin statt, werden aber weniger. Netzthemen bleiben wichtig, werden aber verständlicher verpackt.

Worin unterscheidet sich ein Programm für 21-Jährige von einem für 26-Jährige?
Die Lebenssituation ist eine andere geworden. Wer vor fünf Jahren Anfang 20 war, war gerade mal an der Uni angekommen. Wer heute Anfang 20 ist, hat seinen Bachelor wahrscheinlich schon in der Tasche und steht vor der Frage: Wie geht ’s jetzt weiter? Damit wollen wir uns mehr beschäftigen.

Also eine Art Ratgeber-Sender?
Nein, so nicht. Eher Kumpel. Wir wollen Journalismus und Popkultur anspruchsvoll verbinden. Es wird halbstündlich Nachrichten geben. Wir sind kein Dudelfunk, kommen aber auch nicht mit erhobenem Zeigefinger daher.

Stichwort Musik: In den letzten Monaten konnte man hören, wie ihr langsam eure Playlists umgebaut habt. Da liefen plötzlich auch mal Chartsongs zwischen den Indiestücken. Wird das so weiter gehen?
Ja, wir öffnen uns für den Mainstream.
Wieso?
Es geht uns nicht darum, dass wir uns an den Verkaufszahlen orientieren, sondern darum, das zu spielen, was uns gefällt. Bisher haben wir uns Mainstream selbst verboten. Aber das ist doch Quatsch: Wieso sollten wir Rihanna oder Adele nicht spielen, nur weil sie in den Charts sind?
Weil die anderen Formatradios sie spielen...
Aber so funktioniert Mediennutzung nicht. Niemand holt sich den Song von Britney Spears bei Energy, Duran Duran bei Bayern 3 und bei uns den exklusiven Indiesound.

Bei anderen Radiosendern, zum Beispiel egoFM oder FM4, funktioniert das Prinzip „Nischenmusik“ ganz gut.
Bei uns auch. Nur weil wir ein bisschen mehr Pop spielen, werden wir noch lange nicht nach Energy klingen. Wir werden keine Heavy Rotation der Charts haben. Bei uns wird weiterhin viel Underground laufen.

Was wird aus dem Vorsatz, dass 20 Prozent eurer Musik von bayerischen Nachwuchsbands kommt?
Der bleibt erhalten. Wir werden auch weiterhin die bayerische Band der Woche haben. Damit sind wir einmalig: Kein anderer Sender hier lädt jede Woche regionale Newcomer ein und bringt sie vor Mikro und Fernsehkamera.

Apropos Fernsehen: Sind Nachfolger von Südwild geplant?
Nicht mehr so, wie Südwild war. Das Prinzip „Wir besuchen jede Woche eine andere bayerische Stadt“ funktioniert nicht. Es wird unterschiedliche Fernsehsendungen geben. Eine ist ein Magazin, heißt wie das Radio Puls und ist eng mit dem Programm verzahnt. Sie wird freitags am späten Abend im Bayerischen Fernsehen laufen.

Mit Puls erfindet der BR zum dritten Mal sein Jugendprogramm neu und begeht zum dritten Mal den gleichen Fehler: Es gibt keine UKW-Frequenz. Warum nicht?
Wir dürfen nicht einfach eine neue Welle aufmachen. Das Gesetz sagt, dass der Bayerische Rundfunk fünf Frequenzen bespielen darf und die sind alle belegt. Man müsste für Puls also eine bestehende abschalten und das ist im Moment nicht denkbar.

Wenn man die Hörerzahlen anschaut, steht BR Klassik ziemlich schlecht da. Wieso kann der Sender nicht durch ein Jugendprogramm ersetzt werden?
Die Klassik ist sehr wichtig für den BR. Wir haben einen großen Chor und zwei Orchester. Bayern ist Kulturstandort, entsprechend wichtig ist auch ein Klassik-Angebot im Radio. Es wird sicher nicht passieren, dass der Klassiksender abgeschaltet wird.

Der BR ist die einzige ARD-Anstalt, deren Jugendfunk keine eigene Welle hat. Findest du das nicht peinlich?
Natürlich wünsche ich mir, dass uns mehr Leute hören, was mit einer UKW-Frequenz bestimmt passieren würde. Anderseits war die Zeit für alternative Verbreitung von Radio nie so gut wie jetzt, wo fast jeder ein Smartphone besitzt.

Aber wie ernst kann es dem BR mit Puls sein, wenn er den Sender im Internet versteckt?
Ich werde einen Teufel tun, gänzlich auszuschließen, dass wir irgendwann vielleicht doch eine Welle bekommen. Immerhin bekommen wir für Puls jetzt ein kleines Sendefenster auf Bayern 3: Freitagnacht von 22 bis 5 Uhr. Für uns ist das eine Art Best-of des Puls-Programms mit unserer Musik und unseren Moderatoren.

Glaubst du, dass Puls im Internet bestehen bleibt?
Dass Internetradio die Zukunft ist, daran habe ich keinen Zweifel. Klar wäre es gut, die Zeit bis dahin mit einer eigenen Frequenz zu überbrücken. Aber bis wir die haben, nutzen wir unsere Möglichkeiten.

Und die wären?
Viel mehr raus gehen. Wir werden in diesem Sommer auf mehreren Festivals sein und Clubabende organisieren. Außerdem werden die Hörer mehr in das Programm einbezogen.

Wie denn?
Wir haben eine eigene App, die mehr kann, als bloß das Programm abspielen. Über die kann man sehr unterschiedliches Feedback abgeben und damit direkt das Programm mitbestimmen. Neben klassischem Voting gibt es auch die Möglichkeit direkt in die App einzusprechen, Fotos und Filme hochzuladen. „Crowdradio“ nennen das die Entwickler.

Nochmal: So viel Aufwand und trotzdem keine eigene Welle. Deprimiert euch das in der Redaktion?
Die Leute, die schon länger hier sind, haben die Kämpfe um eine Frequenz in den letzten Jahren immer wieder mitgekriegt. Das hat die Erwartungshaltung gedämpft.

Der Tag auf Puls
Das Programm startet um 7 Uhr mit einer Morgensendung, in der zwei Moderatoren den Tag einleiten. Um 10 Uhr beginnt der „Freundeskreis“, eine interaktive Sendung, in der die Hörer viel gestalten können, von Votings über Musikwünsche bis zum Sendungsfeedback.
Anschließend läuft von 15 bis 19 Uhr der „Filter“, das wortstärkste Programm. Hier finden die wichtigen Themen des Tages statt, aber auch was abends passiert – vom Konzerttipp bis zur Buchempfehlung. Anschließend gibt es verschiedene Musiksendungen. Die Musikfarbe ist alternativer als tagsüber.
An den Wochenenden läuft eine Mischung aus Comedy und Information. Abends legen abwechselnd die Musiker von Frittenbude, Blumentopf und Sportfreunde Stiller ihre Lieblingsplatten auf.


Text: anne-fromm - Fotos: Nadine Platzek / photocase.com (Bearbeitung Katharina Bitzl)/o.H.

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