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Das Studiengebührenchaos
Am 26. Januar 2005 hat das Bundesverfassungsgericht das Verbot von Studiengebühren aufgehoben. Seitdem sind Proteste aufgelodert und wieder abgeflaut. Hier eine kleine Chronologie der Ereignisse: Januar: Bundesverfassungsgericht erlaubt Studiengebühren Genaugenommen hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass Studiengebühren nicht Bundes- sondern Ländersache sind. Das bedeutet, die Bundesländer können entscheiden, ob sie ihren Studenten ein unentgeltliches Studium gewähren. Im Zuge der Aufregung ging völlig unter, dass an diesem Tag auch beschlossen wurde, dass eine Verfasste Studierendenschaft, also eine Selbstverwaltung der Studenten, Ländersache ist. Bayern und Baden-Württemberg können somit weiterhin einen Einfluss von Studenten auf die Hochschullandschaft legitim verhindern. Februar: Proteste In Berlin, Hamburg, Essen und Mannheim gehen die Studenten auf die Straße. Insgesamt protestieren über 30.000 Studenten und fordern ihre Landesväter auf, keine Studiengebühren einzuführen. Auf einer Wahlkampfveranstaltung in Schleswig-Holstein plädiert der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder für eine Gebührenfreiheit des Erststudiums. März: Bildungsfonds, Studiendarlehen, Bafög Bildungsfonds sind in aller Munde. Deutschland muss wieder bildungstechnisch mithalten können, die Universitäten innovativer werden und die Studenten leistungsorientierter. Um dies zu ermöglichen sollen Fonds eingerichtet werden, die herausragende Studenten und wissenschaftliche Projekte fördern. Die Gelder dafür sollen nicht aus Studiengebühren, sondern aus den finanziellen Mitteln verschiedener wirtschaftlicher Sponsoren stammen. Außerdem soll es den Studenten möglich sein, Darlehen zu beantragen, die nach dem Studium gering verzinst zurückgezahlt werden müssen. Eine Erhöhung des Bafögs wird von der damaligen Bundes-Bildungsministerin Bulmahn ausgeschlossen. April: Bafög-Betrug und Volksbegehren Ein neues Gesetz macht es den Bafög-Ämtern möglich, den Kontostand der Bafög-Empfänger rückwirkend bis 1999 einzusehen um Betrügereien auf die Spur zu kommen. Schummler müssen ab jetzt auf der Hut sein, sonst werden sie vorbestraft. Gerüchteweise soll die CDU planen das Bafög ganz abzuschaffen. Hamburger Studenten versuchen ein Volksbegehren gegen Studiengebühren zu initiieren, das vom Verfassungsgericht abgelehnt wird. Mai: Feige Hamburger, zurückhaltende Bayern Bei einem spontanen Protest in Hamburg werden 40 Studenten zeitweise festgenommen, während sich die Universitätsverantwortlichen verstecken. Die von Bayern geplanten Studiengebühren für das Wintersemester 05/06 werden auf das Sommersemester 2007 verschoben. Grund dafür ist die beabsichtigte Neugestaltung des Hochschulgesetzes. In Nordrhein-Westfalen verliert Rot-Grün die Mehrheit und öffnet damit der CDU die Türen für die Einführung von Studiengebühren. Juni: I predict a riot Für den zweiten Juni werden unter großem Medieninteresse bundesweite Demonstrationen geplant, die Beteiligung ist allerdings peinlich gering. Auch der Aufruf zu weiteren Demos Ende des Monats bleibt weitgehend ungehört. Juli: Down by Law NRW will allgemeine Studiengebühren für das Wintersemester 07/08 einführen. Baden-Württemberg will dagegen Nägel mit Köpfen machen und schnellstmöglich ein Gesetz beschließen, das Gebühren ab Sommersemester 2007 möglich macht. August: Kataloge und Gesetze Das Deutsche Studentenwerk veröffentlicht einen Forderungskatalog für die bevorstehende Bundestagswahl. Darin wird eine Erhöhung des Bafögs verlangt und Studiengebühren abgelehnt. In Bayern wird das neue Hochschulgesetz verabschiedet, das am 1. April 2006 in Kraft treten soll – Studiengebühren sind darin fest verankert. September: Immer den anderen hinterher NRW verwirft die Befreiung von Studiengebühren für Bafögstudenten. Nur noch in Ausnahmefällen kann dies gewährt werden. Gleichzeitig wird beschlossen, dass Studiengebühren für Erstsemester schon im Wintersemester 06/07 eingeführt werden können - ein Semester schneller als geplant. Niedersachsen lässt verlauten, sich in Bezug auf Studiengebühren an Bayern und NRW zu orientieren. Oktober: Stoiber und die Bremer Stadtmusikanten Das Wintersemester 05/06 beginnt ganz gebührenfrei – für einige vielleicht zum letzten Mal. Bremen beschließt ein „Studiengebührenbefreiungsgesetz“, das allerdings nur Gültigkeit für Bremer hat. Wer von außerhalb kommt, muss ab dem dritten Semester zahlen. Edmund Stoiber erklärt in Bayern, dass die Studiengebühren den Studenten direkt zu Gute kommen werden. Dass trotzdem ein großer Teil in Festgeldfonds fließen wird, fällt nur im Nebensatz. Zu Demonstrationen rafft sich keiner mehr auf. November: Alles rechtens? Das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren legt ein Rechtsgutachten vor, welches besagt, dass verschiedene Gesetzesentwürfe bezüglich der Studiengebühren verfassungswidrig sein könnten. Unbeeindruckt dessen verkündet Wissenschaftsminister Jürgen Schreier, dass auch das Saarland Studiengebühren einführen wird. Dezember: Merry Christmas Niedersachsen führt offiziell die Studiengebühren für Erstsemester ab dem Wintersemester 06/07 ein. Alle anderen müssen ab dem Sommersemester 07 auch 500 Euro abdrücken. Die noch kurz vorher stattgefundenen Proteste der Studenten können daran nichts ändern. Auch Baden-Württemberg und Hamburg ziehen Ende des Monats nach. Wer an weiteren Protestaktionen teilnehmen und über Neuigkeiten informiert werden möchte - die richtigen Stellen findet man hier und hier.