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Zwischen Kitsch und Catchiness

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jetzt.de: Auf deiner Platte geht es vorwiegend um Liebe – das häufigste Thema in der Pop-Musik, das trotzdem nie langweilig zu werden scheint. Warum eigentlich nicht?
Tiemo Hauer: Jeder Songwriter bringt sein eigenes Gefühl mit rein, das für Andere zwar nachvollziehbar, trotzdem aber immer wieder neu ist. Die Liebe hat tausend Facetten, deswegen ist es ja auch noch niemandem gelungen, sie konkret zu beschreiben. Das ist wohl der Grund, warum es nicht langweilt.  

Warum war es dir denn wichtig, vorwiegend über Liebe, Trennung und Einsamkeit zu singen?
Ich habe einfach über das geschrieben, was mich bewegt. Ich bin jemand, der sich vor allem in emotionalen Situationen an sein Instrument setzt, so dass dann zwangsläufig Songs über diese Themen entstehen.  

Schreibst du bessere Songs, wenn es dir schlecht geht?
Ich glaube schon – zumindest sind sie emotionaler. Für mich ist es einfacher, ein trauriges Gefühl in einen Song zu packen als ein fröhliches. 

Dein erster kleiner Hit war „Nacht am Strand“. Darin gibt es eine Textzeile, in der es heißt: „Zu zweit im Zelt bei Nacht am Strand im Regen“ – mehr Romantik-Klischees kriegt man in einem Satz kaum unter. Offensichtlich bist du ein Freund davon.
Nein, eigentlich gar nicht. Es war nur so, dass ich mich mit meiner damaligen Freundin über schöne und romantische Dinge unterhalten habe, die ich dann in dieses Lied verpackt habe. Erst im Nachhinein ist mir aufgefallen, dass das genau die Romantik-Klischees sind, die ich eigentlich gar nicht leiden kann.  

Was bedeutet Romantik denn dann für dich?
Jedenfalls nicht, rote Rosen auf dem Bett zu verteilen. Auch ein zugemüllter Hinterhof kann romantisch sein, wenn der Moment stimmt. Romantik wird immer von der jeweiligen Situation bestimmt, nicht von äußeren Begebenheiten.  

Machst du dir beim Schreiben Gedanken darüber, ob die eine oder andere Zeile zu dick aufgetragen ist, wenn du über Liebe singst?
Nein, denn wenn ich das täte, wäre es bereits falsch. Ich schreibe alles so auf, wie ich es in dem Moment empfinde. Das mag manchmal ein bisschen schnulzig sein – aber es ist immer ungefiltert Tiemo Hauer.  

http://www.youtube.com/watch?v=FrhfTIfwBeU



Wenn man dich im Internet googlet, findet man häufig Umschreibungen wie „Mädchenschwarm“ und „Herzensbrecher“. Freut dich das?
Nein, im Gegenteil. Ich finde es eher schade, wenn der Fokus nicht mehr auf der Musik liegt und es bloß noch um Oberflächlichkeiten geht. Wenn durchscheint, dass der Typ mit den blonden Locken bloß deshalb Musik macht, weil er die Mädchen damit abschleppen will – denn das ist Quatsch. 

Als du im letzten Jahr bei „Inas Nacht“ eingeladen warst, meinte Ina Müller, dass du in Frankreich bei den Prêt-à-Porter-Shows mitlaufen könntest. Dieses Kompliment schien dir ein wenig unangenehm zu sein.
Ja, war es auch. Ich bin schließlich da hingegangen, um Musik zu machen und nicht, um mir Komplimente über mein Aussehen abzuholen. Ich kann ganz schlecht damit umgehen, wenn man so etwas zu mir sagt.  

In deinen Songs machst du es dem anderen Geschlecht aber auch stets Komplimente.
Ja, das stimmt (lacht).  

Sind Komplimente der Weg zum Herzen einer Frau?
Leider nein – mein Album legt davon eindeutig Zeugnis ab. Wenn eine Liebe nicht funktioniert, nutzt auch das romantischste Lied mit den tollsten Komplimenten nichts. Aber natürlich freuen sich die meisten Frauen darüber, wenn man ihnen einen Song widmet. Bei mir hat das allerdings noch nie geklappt: Bevor ich ein Lied fertig hatte, war es mit der Beziehung bereits schon wieder vorbei (lacht).  

Dann schreibst du wohl zu langsam.
Ja, offensichtlich (lacht).  

Auf dem Opener deines Albums verarbeitest du die Zeit nach dem Abitur. Eine Zeit, in der die Weichen vieler Leute, mit denen man jahrelang nahezu jeden Tag miteinander verbracht hat, in adere Richtungen gestellt werden als die eigenen. Eine schlimme Phase für dich?
Das war ein Zwiespalt zwischen der Freude, auf einmal frei zu sein und dem Druck, aus dieser Freiheit nun irgendetwas machen zu müssen. Ich wusste zwar, dass ich Musik machen wollte, aber ich wusste noch nicht, wie ich das realisiert bekomme. 

Was hast du aus dieser Zeit rückblickend mitgenommen?
Es war krass mitzubekommen, wie der Alltag plötzlich auseinandergerissen wurde. Jahrelang hat man diesen Alltag verflucht und plötzlich hat man ihn vermisst. Das war eine ganz merkwürdige Erfahrung.  

Von deinem Label wirst du als großes Versprechen für die Zukunft ernstzunehmender deutscher Popmusik angekündigt. Wie sieht dieses Versprechen konkret aus?
Keine Ahnung – ich habe keine Versprechungen gemacht (lacht). Gemeint ist damit wohl der Umstand, dass ich ehrliche Musik mache, ehrliche Texte schreibe und alle Songs selbst komponiere. Im Zuge dieses ganzen Casting-Wahnsinns ist das ja leider nicht mehr selbstverständlich. Ich habe aber das Gefühl, dass die Leute auch wieder mehr authentische Musik hören wollen und keinen Bock mehr haben auf die ganzen kurzlebigen Plastik-Acts. Und das ist auch gut so. 

Losgelassen von Tiemo Hauer erscheint am 29. April auf Green Elephant Records/Soulfood.

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