Zu sechst in drei Zimmern: Shkurte lebt im Asylantenheim
Zu sechst in drei Zimmern: Shkurte lebt im Asylantenheim
Shkurte Mustafa ist 22 Jahre alt. Vor 15 Jahren floh ihre Familie aus dem Kosovo und wird seitdem in Deutschland geduldet. Als Shkurtes Vater im vergangenen Jahr in Frührente gehen musste, wurden der sechsköpfigen Familie erst die Sozialleistungen gestrichen, dann verloren sie ihre Wohnung. Seit einigen Monaten lebt Shkurte also wieder im Flüchtlingslager Augsburg und hat jeden Tag Angst davor, abgeschoben zu werden – an einen Ort, der ihr Herkunftsland ist, aber nicht ihre Heimat.
meredith-haaf
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Warum hat deine Familie den Kosovo verlassen?
Wir sind Roma, unser Volk war im Kosovo schon immer ausgegrenzt. Als Anfang der 90er Jahre in Jugoslawien der Bürgerkrieg ausbrach, sind wir zwischen die Fronten geraten. Sowohl die Serben als auch die Albaner haben uns verfolgt, es gab niemanden, der uns beschützt hätte. Wir hatten dort keine Chance.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Illustration: Julia Schubert
Shkurte will lieber hier bleiben.
Ihr seid dann in Augsburg gelandet.
Mein Vater hat sehr schnell eine Anstellung als Metallarbeiter gefunden und wir konnten uns eine eigene Wohnung nehmen. Letztes Jahr ist er allerdings schwer erkrankt – er hat Diabetes und sieht kaum noch. Er musste in Frührente gehen. Weil arbeitsunfähige Asylanten nur verminderten Anspruch auf soziale Leistungen haben, hatten wir plötzlich überhaupt kein Geld mehr. Erst konnten wir uns nichts mehr zu essen kaufen, dann mussten wir unsere Wohnung aufgeben. Anfang 2006 sind wir dann zurück ins Lagerheim gezogen.
Wie war das für euch, nach acht Jahren eure Wohnung aufgeben zu müssen?
Wir waren verzweifelt und haben alles versucht, um bleiben zu können. Jetzt leben wir zu sechst in drei Zimmern: Eines für meine Eltern, eines für meinen Bruder und wir Schwestern teilen uns zu dritt ein Zimmer. Das Gebäude, in dem wir leben, ist uralt und herunter gekommen. Überall schimmelt es und wir können die Fenster nicht aufmachen, weil der Müll draußen vor unserem Haus gelagert wird. Zweimal die Woche bekommen wir Essenspakete – als wir neulich eines aufgemacht haben, war das Fleisch in der Dose verdorben. Aber das schlimmste ist die ständige Angst.
Angst wovor?
Wir wissen nie, ob wir nicht morgen abgeschoben werden. Ich will mein Leben hier nicht aufgeben müssen.
Was machst du hier - studierst du?
Schön wäre es, wenn ich das könnte. Aber ich darf nicht einmal arbeiten. Nach meinem Berufsschulabschluss habe ich ein Praktikum bei einer Versicherung gemacht - die hätten mir sogar einen Job gegeben. Aber wegen den Auflagen der Ausländerbehörde hätte es vier Wochen gedauert, bis ich hätte anfangen können. So lange wollte der Chef dann doch nicht warten. Jetzt mache ich also gar nichts.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Illustration: Julia Schubert
Diese Mädchen sprechen Deutsch mit Augsburger Einschlag. Albanisch können sie nicht so gut.
Was erwartet dich im Kosovo?
Wir haben dort nichts mehr. Das bedeutet, wir würden wieder in Lagern leben – und die sind dort noch viel schlimmer als hier. Abgesehen davon ist der Kosovo ein gefährliches Land, vor allem für uns als Roma. Wir haben keinen Schutz, gerade als Mädchen musst du in diesem Land dauernd Angst vor Vergewaltigungen haben. Dazu kommt, dass es da keine Jobs gibt und keine medizinische Versorgung. Wie sollen wir für meinen kranken Vater sorgen? Das wäre unmöglich.
Gibt es noch irgendeine Möglichkeit die Abschiebung zu verhindern?
Im Moment läuft unser Antrag auf Bleiberecht. Wir hoffen, dass die Krankheit meines Vaters als Begründung durchgeht. Ich würde wirklich alles tun, um hier bleiben zu können. Was soll ich denn im Kosovo? Ich spreche kaum albanisch – meine Heimat ist Deutschland. Ich bin hier zur Schule gegangen, ich spreche die Sprache, alle meine Freunde sind hier. Im Kosovo gibt es für mich keine Zukunft.
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