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„Wir bieten eine Street-View-Ansicht verbunden mit Second Life in real“

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Noch in diesem Jahr will Google seinen Dienst Street View in Deutschland starten. Das Ziel ist es, 360-Grad-Aufnahmen aller öffentlichen Straßen und Plätze Deutschlands zur Verfügung zu stellen. Bürger, Datenschützer und Politiker protestieren, weil sie die Privatsphäre in Gefahr sehen. Das Verbraucherschutzministerium bietet auf seiner Homepage sogar ein Musterschreiben zum Widerspruch an. Damit kann man im Voraus gegen die Veröffentlichung von Bildern der eigenen Person, von Fahrzeugen, Gebäuden oder Grundstückseigentum widersprechen. Doch während Google noch damit beschäftigt ist, ganz Deutschland abzulichten, kann man sich auf der Internetseite Sightwalk schon durch einige deutsche Städte klicken. Wir haben mit Leon Fuller (29), Vertriebsleiter des Kölner Unternehmens, über die Diskussion rund um Google Street View und das Konzept von Sightwalk gesprochen. jetzt.de: Wie lange gibt es Sightwalk schon? Leon: Wir sind online seit April 2009. Angefangen haben wir mit Köln und dann sind wir stetig gewachsen. Mittlerweile zeigen wir neben Köln die Städte Bonn, Berlin, Düsseldorf, Hamburg, München und Stuttgart. jetzt.de: Wie seid ihr auf die Idee gekommen, Sightwalk ins Leben zu rufen? Leon: Wir machen das Ganze, weil wir denken, dass das eine Schnittstelle ist, die wir auch selber privat nutzen würden. Wir wollen den Leuten einen Service bieten – und keine Datenkrake sein.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Virtueller Spaziergang zum Kölner Dom. jetzt.de: Wie unterscheidet ihr euch von Google Street View? Leon: Wir wollen nicht wie Google blind links und rechts abbilden, sondern schauen, wo Bedarf besteht. Street View zeigt ja flächendeckend alles, wir haben dagegen ein dreiteiliges Konzept: Wir suchen die Bereiche einer Stadt, die touristisch, kulturell und kommerziell relevant sind. Das sind dann jeweils die Stadtzentren. Wir fahren also nicht die Wohngebiete ab. Ein weiterer wichtiger Unterschied ist das Angebot, das wir den Leuten bieten. Google ist einfach eine Plattform: Man kann sich durch die Welt klicken und das war’s dann. Wir haben ein interaktives Angebot. Wir versuchen, die Leute hungrig auf die Welt vor der Haustür zu machen. Wir haben eingebettete Informationen, bei uns kann man online einkaufen, online taggen – eben viel mehr teilhaben als bei Google. jetzt.de: Wie funktioniert denn das Einkaufen? Leon: Wir haben eine Suchfunktion. Da kannst du zum Beispiel den Namen eines Geschäfts eingeben, dann hüpfst du direkt in das Geschäft rein und hast eine Innenpanoramaansicht. Wenn du dann in die Jackenabteilung klickst, öffnet sich automatisch der Jacken-Online-Shop. Wir bieten quasi eine Street-View-Ansicht verbunden mit Second Life in real. jetzt.de: Und das Taggen? Leon: Wenn du zum Beispiel eine Party veranstaltest und deinen Freunden mitteilen willst, wo sie stattfindet, taggst du deine Wohnung. Dann kannst du eine Ansicht davon verschicken. Die Empfänger klicken auf den Link und sehen, wo die Party ist. Das kann man natürlich so einstellen, dass der Tag nur für die Freunde sichtbar ist. jetzt.de: Street View wird momentan sehr kritisch beäugt. Habt ihr ähnliche Probleme? Leon: Google ist so riesig, die können auch sagen: „Verklagt uns halt!“ Wir haben da keine Lust darauf. Schon während der Entwicklung von Sightwalk haben wir uns mit Datenschützern auseinandergesetzt, das Gespräch gesucht, die Richtlinien eingehalten – also Sachen wie die Unkenntlichmachung von Gesichtern, Nummernschildern und von Hausnummern und die Kamerahöhe ... jetzt.de: ... die Kamerahöhe ist ja einer der Kritikpunkte an Google Street View ... Leon: ... Google fotografiert aus etwa drei Metern Höhe. Die typische Zaunhöhe ist etwa zwei Meter. Google kann den Leuten also über den Zaun fotografieren. Das Problem haben wir nicht: Unsere Kamerahöhe ist 1,80 Meter, also in etwa die Perspektive eines ausgewachsenen Mannes. Wir können uns also zurücklehnen, weil wir nicht über den Zaun schauen. Wir haben uns von vornherein etwas dabei gedacht, als wir die Höhe so gewählt haben. jetzt.de: Melden sich bei euch trotzdem Leute, die Abbildungen unterbinden wollen? Leon: In dem knappen Jahr, das wir jetzt online sind, haben sich vielleicht fünf Leute gemeldet. Die wollten dann zum Beispiel, dass wir ihren ganzen Körper unkenntlich machen. Die Gesichter machen wir sowieso unkenntlich, wie vorgeschrieben. Wir haben innerhalb einer Stunde reagiert und alles war gut. Von der ganzen Hysterie, die gerade in den Medien verbreitet wird, merken wir wenig. Wir haben eben keine 0800-Nummer, wo du dann irgendwo in einem Call-Center landest, sondern dein Anruf landet direkt bei mir. Ich geb’ das Ganze weiter und der Techniker kümmert sich darum. jetzt.de: Wie geht es weiter mit Sightwalk? Leon: Es gibt noch einige interessante Städte in Deutschland, zum Beispiel Frankfurt oder Bremen. Aber momentan wollen wir eher das Angebot, das wir haben, detailgetreuer machen und verbessern. Wir haben alle relevanten Gebiete unserer Städte – wieso soll ich in den Vorort gehen und Schrebergärten ablichten? Das interessiert mich persönlich auch nicht. Was gibt’s da zu entdecken? Nichts! jetzt.de: Welche Reaktionen bekommt ihr auf euer Angebot? Leon: Wir kommen durchweg besser weg als Google, weil die Menschen erkennen, dass wir einen anderen Anspruch haben. Wenn mich jemand fragt, was wir machen, dann freue ich mich, dass ich es ihm erklären darf. Wir haben mit Sightwalk etwas Tolles geschaffen, darauf sind wir stolz und wir reden gerne darüber. jetzt.de: Was hältst du von der Diskussion um Google Street View? Leon: Politisch gesehen handelt es sich meiner Meinung nach um ein klassisches „Ich-profiliere-mich“-Thema. Aber ich kann verstehen, dass die Leute keine Lust darauf haben, dass ihnen Google über den Zaun schaut. Da hätte ich auch keine Lust drauf. Deswegen habe ich ja auch ein anderes Produkt entwickelt und arbeite nicht bei Google. jetzt.de: Hast du Bedenken, dass ihr euer Angebot aus rechtlichen Gründen in Zukunft einschränken oder verändern müsst? Leon: Ich bin professionell und persönlich gespannt, wie sich das entwickelt. Welche Anpassungen die neuen Entwicklungen implizieren, steht in den Sternen. Deswegen wäre das alles spekulativ. Wir können nur unser Bestes tun und schauen, dass wir den Vorschriften und unseren persönlichen Ansprüchen genügen.

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