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Weltweites Handeln

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Vom 13. bis zum 18. Dezember findet in Hongkong die Welthandelskonferenz statt. Seit 1999 mehr als 500 000 Protestierende in Seattle die Konferenz spektakulär zum Abbruch brachten, kommt es weltweit immer wieder zu Widerständen. In Berlin fand vergangene Woche der von den Econauten organisierte, internationale Jugendkongress „Eco’n’action“ statt, auf dem über 130 Teilnehmer aus 20 Ländern über die Probleme von Globalisierung und Freihandel diskutierten. Wir sprachen mit Moritz Gammelin, 20 Jahre, der bei der BUNDjugend, zu der auch die Econauten gehören, ein freiwilliges Ökologisches Jahr ableistet.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Am Samstag gab es weltweit Proteste gegen die WTO-Ministerkonferenz in Hongkong. Was läuft in der internationalen Handelspolitik eurer Meinung nach falsch? Wir sind der Meinung, dass die WTO mit ihrem System der Globalisierung die schon bestehende Ungerechtigkeit verschärft. Der weltweite Handel geht zu Lasten der Armen, der Umwelt und der Menschenrechte. Diese Entwicklung betrifft sowohl Entwicklungs- als auch Industrieländer. Absolut schlecht ist die Tatsache, dass es in der WTO keine Gerechtigkeit gibt, denn für die Industrieländer zählt nur der Profit. Sie vertreten in der WTO den Willen von Großkonzernen und so kommt es zur Benachteiligung der Armen und der Umwelt. Das NAMA-Abkommen, über das zur Zeit verhandelt wird, ist so ein Beispiel. Unter NAMA versteht man alle Güter, die nicht zum Agrarsektor gehören. Wenn, wie geplant, alle Zölle wegfallen und Entwicklungsländer ihren Markt für Industrielandgüter öffnen müssen, gehen die eigenen schwachen Industrien kaputt. Im Extremfall kommt es dann zur Deindustrialisierung. Welche Protestaktionen habt ihr an diesem „global action day“ durchgeführt? Wir konnten mehrere Aktionen erfolgreich durchführen. Die größte war wohl von der BUNDjugend zusammen mit der Hongkong-Kampagnengruppe von attac in der Berliner Innenstadt organisiert: Ein Wagen, auf dem die drei Buchstaben WTO standen, gebildet aus Logos bekannter Firmen, wurde von Jugendlichen gezogen, die durch ihr Äußeres Schlagwörter wie Menschenrechte oder Umwelt symbolisierten. Auf dem Wagen standen als Minister verkleidete Jugendliche, die sich noch zusätzlich über diesen Umstand lustig machten. Hinter dem Wagen gingen Demonstranten. Am Ende wurde der Protest so groß, dass die Demonstranten den Wagen stürmten und die Regierungsvertreter von nun an den Wagen ziehen mussten. Damit sollte der Welthandel charakterisiert werden, wie wir ihn uns vorstellen: Die Wirtschaft soll dem Menschen dienen, nicht umgekehrt. Außerdem gab es noch mehrere kleine Aktionsgruppen, zum Beispiel kam es zu einer Demonstration vor einer Lidl-Filiale, womit wir auf die schlechten Arbeitsbedingungen aufmerksam machen wollten. Was wird auf der WTO-Konferenz genau besprochen? Das Hauptproblem der kommenden WTO-Konferenz ist wohl, dass die Konferenz schon jetzt zum Scheitern verurteilt ist, weil sich die EU-Länder weigern, den Zoll auf Agrarprodukte in dem Rahmen zu senken, wie es die Entwicklungsländer fordern. Die EU hat zwar eine gemeinsame Agrarpolitik beschlossen, allerdings ist das stark von Landwirtschaft geprägte Frankreich nicht bereit, den Zoll weiterhin zu senken und hat angekündigt von der Vetostimme Gebrauch zu machen. WTO-Entscheidungen müssen nämlich einstimmig abgesegnet werden. Ansonsten wird auf der WTO eigentlich so gut wie alles besprochen, was mit Handel zu tun hat. Das betrifft sowohl Waren und Dienstleistungen, als auch den Schutz geistigen Eigentums. In welchen alltäglichen Bereichen bekommt man als junger Mensch die Folgen und Beschlüsse dieses Gipfels zu spüren? Auf den ersten Blick sind manche Beschlüsse vielleicht sogar positiv, weil es Klamotten billig zu kaufen gibt. Dabei werden dann allerdings ganz schnell die katastrophalen Produktionsbedingungen ausgeblendet. Es gibt aber auch negative Bereiche wie gentechnisch manipulierte Nahrungsmittel. USA, Kanada und Argentinien haben die EU verklagt, weil sie sich weigert, diese Lebensmittel einzuführen. Die WTO kann die Haltung der EU den Handel hemmend auslegen und wird der Klage vielleicht sogar Recht geben. Dann wird die EU zur Einfuhr gezwungen und die WTO hat letztendlich entschieden, was bei uns gegessen wird. Freihandel, Globalisierung, Umweltschutz und Welthandelsorganisation. Das sind zum Teil sehr abstrakte Begriffe. Wo besteht zwischen den Bereichen der genau Zusammenhang? Die WTO hat als Hauptziel, den Freihandel durchzusetzen, d.h. alle internationalen Handelsbeschränkungen aufzuheben. Der Markt soll sich dann von selbst regeln und jeder soll davon profitieren. Wenn eine Regierung also ein Gesetz zum Schutz der Umwelt erlässt, kann das als Beschränkung des Handels gesehen werden. Nehmen wir als Beispiel, dass eine Chemiefabrik angehalten wird, den Müll kostenaufwendig zu entsorgen, anstatt ihn einfach in den nächstbesten Fluss zu leiten. International gesehen hat die Firma an diesem Standort dann schlechte Bedingungen und das kann im Extremen als Handelshindernis ausgelegt werden. Dann kann das Schiedsgericht der WTO Sanktionszahlungen oder Strafzölle gegen das Land verhängen. Wie bist du auf die Idee gekommen, dich auf diesem Feld zu engagieren? Für mich waren die Themen Globalisierung und Umwelt schon immer interessant. Vor allem spektakuläre Aktionen haben mich fasziniert. Da war zum Beispiel der Green Peace Protest gegen die Versenkung der Bohrinsel „Brent Spar“ in der Nordsee. Die Leute haben mit der Aktion wirklich etwas erreicht und haben ein Zeichen gesetzt, dass man etwas erreichen kann, wenn man sich dafür einsetzt. Das finde ich toll. (Bilder: http://www.econautix.org) (Foto: Moritz Gammelin)

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