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Was ist in meiner Suppe drin? Eine Website hilft dir beim Essen

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[b]Herr Neu, scheinbar wird es immer schwieriger, sich gesund zu ernähren. Jeder ist heute beim Einkaufen mit einer erschlagenden Vielzahl an Produkten und Inhaltsstoffen konfrontiert. Wie helfen Sie mir?[/b] Wir wollen eine Plattform sein, auf der die Konsumenten umfassende Informationen zu Lebensmitteln bekommen. Dabei gibt es sowohl Namen und Hersteller von Lebensmitteln, als auch klare Informationen über Inhaltsstoffe, Bedeutung von verschiedenen Lebensmittel-Siegeln und die berühmten Zusatzstoffe, die mit E und einem Nummerncode gekennzeichnet werden. Diese Bezeichungen und Inhaltsstoffe werden verständlich erklärt. Außerdem verwenden wir bereits das Ampel-System, wie es bereits in Großbritannien gängig ist: In rot-gelb-grün wird dem Konsumenten anschaulich angezeigt, wie viel Zucker ein Produkt zum Beispiel enthält. Zusätzlich können Konsumenten und Hersteller selbst Produktbeschreibungen einstellen. Letztere werden von uns eingepflegt.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

[b]Was ist aus Ihrer Sicht das Hauptproblem bei der "Darstellung" von Lebensmitteln?[/b] Sie sind mehr Schein als Sein, das muss man natürlich ganz klar sagen. Es wird Qualität vorgegaukelt und letztlich steckt oft wenig dahinter. Da wird eine große Marketing-Tür aufgemacht, mit der Dame, die die Waffeln noch per Hand brät und dazu drei Musketiere - das ist natürlich nur eine Geschichte. Dabei wollen wir mit der Plattform aber nicht zu platt in die Industrie-Schelte gehen, nach dem Motto: die Industrie ist Schuld, dass die Kinder zu dick sind. [b]Können Sie sich erklären, wie es überhaupt zu diesem Problem gekommen ist?[/b] Das ist natürlich eine langjährige Entwicklung. Ich bin Jahrgang 1969, früher war die Lebensmittelpalette noch übersichtlich. Da gab es Joghurt in den Geschmacksrichtungen Erdbeer, Vanille und vielleicht noch Banane. Heute gibt es viel mehr Produktausprägungen und mehr Konsumenten müssen versorgt werden. Zudem ist der Kunde in Deutschland sehr „preisbewusst“. Für 69 Cent wird es einfach schwierig, eine Tütensuppe zu produzieren, die ohne Geschmacksverstärker und E-Nummern auskommt. [b]Heißt das, dass wir selbst daran schuld sind, wenn uns solche Sachen in Lebensmitteln angeboten werden?[/b] Aber selbstverständlich! Das ist der ganze Hintergrund. Es handelt sich um eine Entscheidung, die jeder täglich selbst trifft. [b]Nun ist Ihr Online-Portal ja kein Non-profit-Unternehmen, sondern es gehört zu einer Online-Agentur. Welche Idee steckt hinter dem Projekt? Wie verdienen Sie mit dieser Plattform Geld?[/b] Die Idee entstand bei den typischen Küchen-, Flur- und Bürogesprächen. Es fehlte einfach eine Anlaufstelle mit klaren Informationen zu bewusster Ernährung. Momentan verdienen wir noch nichts mit diesem Projekt, es ist aus anderen Projekten querfinanziert. Wir wollen die User auch nicht mit Werbung zubomben und werden auch keine Daten weitergeben. Aber denkbar wäre zum Beispiel ein Szenario, bei dem ein Bio-Hersteller sich im Milchmarkt besser positionieren möchte, dann wäre eine zielgerichtete Werbung auf der Website denkbar. Allerdings sind selbst Hersteller und Industrie dem Portal gegenüber noch skeptisch. Wir sind aber auch erst ein paar Wochen online. Momentan sind circa 10.000 Produkte online, ein paar sind momentan sicher noch doppelt eingestellt. Die Userzahlen lagen letzten Monat bei etwa 50.000 „unique visitors“, in diesem Monat dürften es mindestens 100.000 werden. [b]Bei der Einstufung in die diversen Kategorien auf der Website kommen manche Hersteller nicht gut davon. Gab es schon konkrete Beschwerden seitens der Industrie?[/b] Gerade heute hat einer der größeren, weltweiten Hersteller angerufen. Der war der Meinung, sein Produkt käme in der Ampel-Darstellung zu schlecht weg. Die haben sich natürlich nicht sonderlich gefreut. Dabei folgt das Modell ganz klaren Vorgaben. [b]Wieso gibt es dieses Ampel-Modell dann noch nicht in Deutschland?[/b] Na, das ist eigentlich ein offenes Geheimnis. An dem Modell hat die Industrie überhaupt kein Interesse. Das kann man jetzt noch weiterspinnen, wo die Industrie kein Interesse hat, da ist auch das Interesse der Politik gebremst – und wo die Politik kein Interesse hat, da passiert wenig. Das ist ein Kreislauf, das muss man ganz nüchtern sehen. Aber auch in Großbritannien ist das Modell noch keine gesetzliche Vorgabe. Es ist nur eine Maßnahme, die einige Hersteller jetzt ergriffen haben. Es gibt auch noch keine vollständig einheitliche Darstellung des Ampel-Symbols. Das Ampel-Modell ist erstmal eine interessante Idee, aber auch stark vereinfacht und abstrahiert. Daher bin ich selbst kein allzu großer Fan davon. Bei einem Kilo Bananen ist die Ampel in Sachen Zucker auch rot. [b]Immer mehr Verbraucher informieren sich im Internet und tauschen sich dort aus. Ist der Konsument jetzt dank des Internets kompetenter? Oder ist das ein Trugschluss?[/b] Es gibt einen Unterschied zwischen Information und Kompetenz. Sicher gibt es mehr Informationsmöglichkeiten als früher. Es ist nur immer die Frage, ob das auch für größere Kompetenz sorgt. Beim Verkäufer im Elektronikmarkt rücken sicher neun von zehn Käufern mit einem ausgedruckten Preisvergleich aus dem Internet an und zeigen auf den niedrigsten Preis. Die inhaltliche Seite des Konsums ist dann natürlich noch eine ganz andere Sache. Aber dass die Konsumenten informierter sind, darauf müssen sich Handel und Industrie einstellen. [b]Was würden Sie sich am meisten von den Lebensmittel-Herstellern wünschen?[/b] Transparenz. [b]Letzte Frage: Was gibt es heute bei Ihnen zum Abendessen?[/b] Das fällt mal wieder recht kurz aus, nehme ich an. Wahrscheinlich eine belegte Bio-Vollkornbrotschitte mit ein bisschen Käse darauf und einen Apfel hinterher. Das klingt jetzt sehr gesund … vielleicht trink ich auch noch eine Cola dazu – das will ich jetzt nicht ausschließen.

Text: johannes-graupner - Foto: Gerald Neu

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