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Videospiele als Leitmedium der Gegenwart

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Wie muss man sich ein Seminar in Computerspiel-Forschung vorstellen? Dimmen Sie das Licht und setzen sich mit den Studenten vor den Computer? Als technische Hochschule verfügt die FH natürlich über wirklich gute Hardware. Und wir haben auch eine große Spiel-Sammlung – das geht von Pong bis Counter Strike. Manchmal bauen wir also ein Netzwerk auf, spielen die neuesten Games, besprechen die Erfahrungen und die gesellschaftliche Diskussion. Die Studenten sind für uns einerseits Probanden, die ihre Spiel-Erfahrung dokumentieren und andererseits sehr innovative Forscher, die aus ihrem Hobby eine Diplomarbeit machen. Werden Sie von Ihren Kollegen deswegen eigentlich manchmal schief angeschaut? So à la: Eine Universität ist doch keine Spielhölle. Wir beschäftigen uns an der Fachhochschule Köln ja schon seit den Zeiten von Amiga und NES mit dem Thema Videospiele und hatten zu Beginn große hausinterne Schwierigkeiten. Aber auch heute werden wir manchmal mit Misstrauen und Unverständnis konfrontiert. Das liegt vor allem daran, dass die wenigsten Kollegen eine Vorstellung von der Vielfalt dieses hochinteressanten Mediums haben. Kaum jemand überblickt, wie viele Genres und Spielarten es gibt, welche Geschichten erzählt werden. Es heißt immer: „Ja, aber die Killerspiele“. Aber wir reduzieren das Film-Medium ja auch nicht auf das Subgenre des B-Movies.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Winfried Kamniski, Foto: privat Was interessiert Sie besonders an den Videospielen? Schlicht die Tatsache, dass ich denke, dass das Videospiel das Leitmedium der Gegenwart ist. Früher gab es Videospiel-Versionen von Filmen, heute macht man Filme über Videospiele. Die Games-Industrie verdient mehr Geld als Hollywood. Allein diese Fakten zeigen doch schon die Relevanz des Themas. Und dann fasziniert mich die Variationsbreite des Mediums: es gibt Simulationen, Rätselspiele, Action-Games. Es vereint so viele Formen der sozialen Interaktion: Vom Spiel mit dem Baukasten oder mit Lego bis zu einem aufgemotzten „Räuber und Gendarm“-Spiel. Diese Vielfalt und Vielschichtigkeit soll sich auf unserer Konferenz widerspiegeln. Wir haben Vorträge über den Einsatz von Spielen im Schulunterricht, über Spiel- und Geschlechtsidentitäten im Rollenspiel, beschäftigen uns mit Gewaltdarstellungen im Spiel und den Folgen der Digitalisierung für die Wahrnehmung. Die Konferenz soll zuallererst zeigen, dass man Massen- und vor allem Jugendkultur ernst nehmen muss. Das heißt aber nicht, dass uns alles gefällt, was da passiert. Viele der Vorträge auf der Konferenz lassen sich übertiteln mit: „Warum unterhalten uns Videospiele so gut?“ Wissen Sie schon heute eine Antwort? Alle Videospiele – Tetris oder ein Ego-Shooter – konfrontieren den Spieler mit einer relativ komplexen Aufgabe. Man erfährt eine enorme Anspannung. Man ist intensiv dabei. Daraus entsteht der Spaß. Man kann ein Spiel nicht mit einer distanzierten Haltung spielen – genau wie man beim Fußball auch rennen und kämpfen muss, um das Gefühl zu bekommen: Ich beherrsche die Situation. Ich bin der Aufgabe gewachsen. Welches Spiel finden Sie am interessantesten? Persönlich spiele ich gerne Tetris oder das gute alte Moorhuhn. Für die Sims oder Unreal Tournament fühle ich mich manchmal zu alt. Ich kann mich da nicht so reingeben. Ich gehöre eben doch zu einer anderen Generation von Medien-Nutzern. Spielerisch finde ich tatsächlich die Shooter am interessantesten. Wie sich die Spieler ins Getümmel stürzen. Wie sie miteinander kooperieren. Wir haben in einem Seminar mal mit ein paar Stundenten einen Online-Kampf gemacht und uns mit Spielern aus Indien und Hawaii kurz geschlossen. Ich war baff zu sehen, wie souverän man da miteinander kommuniziert. Über Taktik, Termine und die neuesten Highscores. Es ist schon eine blutige Angelegenheit, aber viel interessanter ist doch: Was passiert unter der Oberfläche? Und darum wird es auf dem Workshop gehen. Die Konferenz in Köln dauert bis Freitag. Dabei werden sich Wissenschaftler aus den USA, Dänemark, den Niederlande, der Schweiz und Spanien über die Wirkungen des Computerspielens austauschen. Aber auch Nicht-Wissenschaftler sind der FH in Köln willkommen.

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