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„The Rebelution is urgent"

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Bedeutet dir der Weltfrauentag etwas? Nicht wirklich, weil für mich jeder der 365 Tage im Jahr Frauentag ist. Für mich ist jeder Tag mein Tag und das ganze Jahr ein Frauenjahr. Die Reggae-Szene ist eine Männerdomäne. Immer wieder wird auch der Vorwurf geäußert, die Szene sei machistisch und homophob. Wie nimmst du als Frau die Szene wahr? Ich finde nicht, dass die Reggae-Szene homosexuellenfeindlich ist. Es gibt ein paar Typen, die es sind, aber nur wegen diesen paar Ausnahmen kann man nicht das ganze Genre so abstempeln und diskreditieren. Dieser Fehler wird international aber immer wieder gemacht. Es wird verallgemeinert statt zu differenzieren. Das finde ich respektlos. Aber neben dir gibt es nur wenig erfolgreiche Künstlerinnen im Reggae. Das ist mir egal, weil ich nicht als Frau arbeite, sondern als Künstlerin. Ich benutze keine Labels und denke auch nicht in Labels. Gerade das Gender-Label ist für meinen Beruf völlig irrelevant, weil mein Job nichts mit Sex zu tun hat und ich keinen Sex verkaufe. Ich verkaufe ja noch nicht mal die Illusion, dass man bei mir Sex bekommt. Deshalb muss ich mich mit meinem Geschlecht auch nicht weiter auseinandersetzen. Aber natürlich ist meine Perspektive immer eine weibliche, weil ich eine Frau bin. Aber das ist keine Absicht und ich setze es nicht bewusst ein.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Mittlerweile bist du berühmt, aber wie haben deine männlichen Kollegen reagiert als du angefangen hast. Kamen da keine dummen oder unverschämten Sprüche? Dumme und unverschämte Kommentare gibt es immer – egal, ob du ein Mann oder eine Frau bist. Das ist überall so. Die meisten Menschen sind eben dumm. Ich fühle mich da aber nie als Frau angegriffen. Egal in welchem Bereich man tätig ist, man muss immer Hindernisse überwinden und hart arbeiten, um Erfolg zu haben. Ich bin da keine Ausnahme. Was immer es ist, wo ich durch muss – es macht mir nichts aus. Ich mache, wonach mir der Sinn steht. Männer machen das doch auch ständig. Warum sollten wir es denn nicht machen. Frauen dürfen sich nicht zu Opfern stilisieren und darauf warten, dass die Männer die Probleme für sie regeln. Macht es keinen Unterschied, ob man ein Mann oder eine Frau ist – gerade in deinem Business? Es macht für viele Leute einen Unterschied, aber nicht für mich. Ich habe mich nie dafür interessiert oder drum gekümmert. Ich habe es im Gegenteil immer bekämpft dieses Denken. Mein Geschlecht hat nichts mit dem zu tun, was ich mache, also ignoriert es. Wenn ich nach Hause zu meiner Tochter gehe, dann werde ich zur Frau – zur Mutter. Genauso bin ich in Bezug auf meinen Ehemann eine Frau. Aber außerhalb dieser Kontexte sehe ich keinen Grund, warum ich weiblich sein sollte. Ich lebe einfach als Mensch. In einem Song singst du: „Came to pass in the days of glorifying everything wrong, that the standard for girls became a bra and a thing/ And wholesome values like curling up with a good book and a bong/ went out the window along with making a good song”. Sind Frauen manchmal selbst schuld, dass sie nicht Ernst genommen werden? Ich glaube schon. Die Männer sind nicht an allen Problemen schuld, die wir haben. Wir können selbst bestimmen, wie wir wahrgenommen werden. Wenn du nicht als Objekt gesehen werden willst, dann mach dich nicht selbst zum Objekt. Wenn du ernst genommen werden willst, kannst du nicht mehr oder weniger nackt herum laufen. Ich habe kein Problem damit, wenn andere halb nackt rum laufen, es beschämt mich nicht oder schüchtert mich nicht ein oder wirkt sich sonst irgendwie auf mich aus, ich finde es nur ein bisschen traurig, dass wir die Werte, die Sängerinnen früher verkörperten, immer mehr verlieren. Damals ging es um die Musik selbst, um Talent und Können, nicht ums Aussehen. Die Musikindustrie heute ist total oberflächlich. Alles dreht sich nur noch ums Image und um Marketingstrategien und kaum mehr um die Musik. Woher kommt’ s, dass du da so kritisch bist? Ich weiß es auch nicht. Ich war immer trotzig und aufsässig. Als ich mit der Musik anfing, wurde mir so oft gesagt, ich bräuchte ein besseres Image, ich sollte mich sexy anziehen. Ich habe aber immer gesagt, nein, ich will meine Musik nicht nackt verkaufen. Das sollte nichts miteinander zu tun haben. Ich verkaufe ein Hörerlebnis und keine visuelles. Ich verkaufe nicht mich selbst. Konzentriert euch also auf den Song, das ist alles, was ihr bekommt. Wenn euch das nicht passt, dann muss ich mir eben einen anderen Job suchen. Ich werde jedenfalls keine Kompromisse machen. Ich werde nichts tun, um eine Platte zu verkaufen, außer sie aufzunehmen. Entweder ihr kauft sie oder nicht. Hast du einen Ratschlag für uns Frauen, wie wir am besten unser Leben leben können? Da bin ich immer sehr vorsichtig. Ich bin ja schließlich nicht perfekt und habe auch kein perfektes Leben. Ich habe viele Fehler gemacht und ein Teil meines Erfolgs ist auch Ergebnis der Fehler, die ich gemacht habe. Ratschläge sollten wir nur uns selbst geben, aber niemand anderem, weil wir nicht wissen, ob sie bei ihnen funktionieren. Nur weil was für mich gut ist, heißt es nicht, dass es auch für jemand anders gut ist. Wenn du ins Musikgeschäft und Künstler werden willst, brauchst du Talent und eine Sinn für Kunst. Aber abgesehen davon, kann ich nichts sagen. Sei du selbst. Was für Fehler hast du gemacht? Ach, alle, die einem nur einfallen können. Angefangen beim Rauchen, Trinken, Partymachen bis hin, die Schule nicht fertig gemacht zu haben. Ich habe zwar einen Highschool-Abschluss, aber keinen College-Abschluss. Ich brach das College ab, weil es mit der Musik gerade gut lief und es so aussah, als würde ich noch mehr Erfolg haben. Ein Teil von mir sehnt sich heute noch richtig danach, meinen Abschluss zu machen. Ich glaube, ich bin sehr schlau, auch wenn dem sonst niemand zustimmt. Deshalb hätte es gerne auf einem Dokument bestätigt und könnte allen beweisen, dass ich die Standards erfülle. Aber jetzt gibt es kein Zurück mehr. Das war ein Fehler mit dem Arbeiten zu beginnen, bevor ich die Ausbildung beendet hatte. Jetzt, nachdem ich so viele Jahre der Boss war, wieder Anweisungen in der Schule entgegen zu nehmen, das geht nicht. Im Eröffnungsstück deiner letzten Platte “Rebelution” singst du: „The Rebelution is urgent“. Brauchen wir auch eine „Rebelution“ in Bezug auf Frauen? Natürlich. Viele nennen mich eine Feministin. Ich weise das immer zurück, weil ich nicht in eine Schublade gesteckt werden will. Wenn man als eine Minderheit oder Randgruppe besser behandelt werden will und sich immer darauf bezieht, dass man zu dieser Gruppe gehört, wird man nie besser behandelt, glaube ich. Man darf sich nicht von der Allgemeinheit, der Masse absondern lassen. Und das passiert, wenn man sich als Feminist bezeichnet. Dann gerät man von einem extrem zum anderen und wird von einer Schubladen die nächste geschoben. Frauen müssen wirklich davon wegkommen. Ich habe nie einen Mann ständig seine Mannsein betonen hören. Sie machen einfach ihr Ding, sie schieben ihren Bierbauch vor sich her und fühlen sich wohl damit. Und wir versuchen uns ständig zu verändern, an uns zu arbeiten, abzunehmen, in Form zu bringen, uns hübscher zu machen, nur um ihnen zu gefallen. Wir müssen unsere eigenen Klischees überwinden und endlich machen, was uns gefällt und wozu wir Lust haben. Und wenn das dem Typen nicht passt, verlass ihn und such dir nen neuen, mit dem du glücklich wirst. So einfach ist es.

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