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"Sprecht mit dem Obstverkäufer über Pegida!"

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jetzt.de: Ronny, wo bist du gerade?
Ronny Trettmann: In Leipzig, ich kann von meinem Fenster aus einen Hubschrauber sehen, der wegen der Demonstration heute Abend über der Stadt kreist.

Was hast du bei der letzten Legida-Demo gemacht?
Ich war auf der Gegendemo und habe vorher noch schnell das erste Transparent meines Lebens gesprüht. Darauf stand „No LEGIDA! Schämt euch! Pfui!“ Nicht sehr kreativ (lacht). Das Plakat hab ich dann noch schnell aus dem Fenster gehängt, bevor ich auf die Demo bin.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ronny Trettmann wehrt sich gegen Pegida - mit Musik.

Heute Abend werden rund 100.000 Menschen bei den Demonstrationen in Leipzig erwartet, inklusive Gegendemonstranten. Wo wirst du sein?
Ich werde wieder rausgehen - bin aber noch unsicher, welcher der geschätzt 20 Gegendemonstrationen ich mich anschließe. Legida hat 60.000 Demonstranten angemeldet, in der Realität sind es meist viel weniger.

Wie fühlt es sich für dich als Leipziger an, dass deine Stadt jetzt so im Fokus steht?
Ich hatte nicht damit gerechnet, dass so eine neu-rechte Bewegung in Deutschland nochmal hochkommt. Nach der Wende stand das ja eine Zeit lang auf der Kippe. Wenn man damals im letzten Bus saß und zum Beispiel eine Basecap trug, wurde man schnell mal angepöbelt.

Inzwischen ist Leipzig eine sehr bunte, junge Stadt.
Ja, immer mehr Menschen anderer Nationalitäten sind hierher gezogen. Im Gegensatz zu Städten wie Dresden oder Chemnitz hat es sich hier richtig durchmischt. Und jetzt müssen wir wieder gegen diese Typen von früher kämpfen, nur dass sie nun geschlossen mit Durchschnittsbürgern aufmarschieren.

Die Leipziger wählen seit Jahren eher links.
Nach der letzten Landtagswahl war Leipzig ein roter Fleck im schwarzen Sachsen! Und das ist immer noch genauso. Nur weil hier jetzt rechte Spinner anreisen, ist ja nicht die gesamte Stadt nach rechts gerückt. Das werden heute nur so viele, weil am Montag die Demo in Dresden abgesagt wurde.

Du hast mit der Dresdner Ska-Band „Yellow Umbrella“ einen Song namens „No Pegida“ aufgenommen. Du singst, wie du dich als Sachse für diese Bewegung schämst. Wie kam es dazu?
Ich wollte mich schon länger dem Thema widmen, wusste aber nicht wie. Eigentlich behandle ich meine Themen eher mit Humor. Der Sänger von Yellow Umbrella rief mich dann an und meinte, dass sie einen Song aufnehmen, dessen Chorus sie auf „No Pegida“ umgedichtet hätten. Ob ich Lust hätte ein paar Strophen beizutragen. Das habe ich dann spontan gemacht. Der Schaden, der durch die Pegida-Bewegung für Dresden und Sachsen generell angerichtet wird, ist ja immens.

https://soundcloud.com/yellowumbrella2/no-pegida-yellow-umbrella-ronny-trettmann-tiny-dawson

Wie waren die Reaktionen auf den Song?
Mich haben verschiedene Leute angeschrieben und angeboten, den Song in ihre Landessprache zu übersetzen. Deshalb gibt es jetzt eine indonesische, eine arabische und eine spanische Variante von dem Lied, das ist ein richtiger Selbstläufer geworden. Mit einem Mädchen aus Indonesien schreibe ich relativ viel, das ist für mich sehr spannend, weil ich bis zu dem Song kaum muslimische Freunde hatte.

Läuft der Song auf den Gegendemos?
Ja, vergangene Woche hatte jemand extra eine kleine Anlage auf dem Fahrrad dabei, um ihn abspielen zu können. Auch im Radio gab es eine ganz gute Resonanz.

Gab es auch Feedback von Pegida-Anhängern?
Es gab den einen oder anderen Kommentar, aber keine Drohungen. Aber die diskutieren ja auch nicht so gerne, sondern verwenden lieber direkt Totschlagargumente.

Die Musik ist dein Mittel gegen Pegida – was können andere tun?
Wir brauchen jeden einzelnen – jeder Künstler und jeder Politiker und jeder, der sonst was zu sagen hat, sollte sich dazu äußern. Die Pegida-Anhänger selbst sind ja so politikverdrossen, dass das vermutlich gar nicht ankommt. Umso wichtiger ist es, dass jeder im Kleinen handelt. Jedes Gespräch mit Verwandten, mit dem Taxifahrer oder dem Obstverkäufer hilft.

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