Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

"Sie können die Castoren besichtigen"

Teile diesen Beitrag mit Anderen:

Michael Köbl ist der Sprecher der GNS, der Gesellschaft für Nuklear-Service mbH. Sie ist für die komplette Entsorgung der Reststoffe und Abfälle aus den deutschen Kernkraftwerken zuständig. Im Gespräch mit jetzt.de erklärt Köbl, wie er die Anti-Atom-Proteste wahrgenommen hat, wo die Castor-Behälter nun genau gelagert werden und dass, wer will, sie während eines Ausflugs besichtigen kann. jetzt.de: Herr Köbl, am Dienstag sind die elf Behälter mit dem radioaktiven Abfall aus der Wiederaufarbeitung im Zwischenlager Gorleben angekommen, das ihre Firma, die GNS Gesellschaft für Nuklear-Service betreibt. Was passiert jetzt mit den Behältern? Köbl: In Gorleben sind die Arbeiten mit Eintreffen des Transports noch längst nicht abgeschlossen. Erst laden wir die fast 120 Tonnen schweren Behälter – das sind zehn Behälter vom Typ CASTOR der GNS und ein sogenannter TN85-Behälter – von den Tiefladern. Wir nehmen das Transportequipment ab, also die Stoßdämpfer, die während des Transports auf Schiene und Straße montiert waren. Dann werden die Behälter für die langfristige Zwischenlagerung bereit gemacht. Wie? Der Behälter bekommt einen zweiten Deckel eingesetzt, in den ein Messgerät, der sogenannte Druckschalter, eingebaut ist. Das überwacht den Sperrraumdruck zwischen dem ersten und dem zweiten Deckel. Dadurch kann die Dichtfunktion der Deckel permanent überwacht werden. Wenn der zweite Deckel montiert ist, wird der Behälter mit dem Hallenkran an seinen Stellplatz gebracht und dort an das Überwachungssystem angeschlossen. Waren die Deckel schon mal undicht? Nein. Bei den schon mehr als 1000 von uns gelieferten und zur Zwischenlagerung eingesetzten Behältern ist noch kein Deckelsystem undicht geworden. Gleich in der Nachbarschaft ihrer Betonhalle ist der Salzstock Gorleben, in dem eventuell einmal all die hochradioaktiven Abfälle untergebracht werden sollen. Bis es soweit ist, soll der radioaktive Abfall auf 200 Grad abkühlen, was angeblich bis zu 20 Jahre dauert. Wie heiß sind die Behälter jetzt? Innen sind es bis zu 400 Grad, außen sind es bei den gerade angelieferten Behältern zwischen 60 und 70 Grad. Wir können also ganz normal mit den Behältern arbeiten.

Default Bild

„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Das Gelände der GNS nahe Gorleben: In der Mitte des Bildes steht das Transportbehälterlager, in dem die Castoren gelagert werden. Die Arbeiter tragen also eine ganz normale Arbeitsmontur? Absolut. Ist es nicht gefährlich, zu lange in der Halle zu bleiben? Nein. Die Strahlung der Abfälle wird schon durch die Behälter so gut abgeschirmt, dass keine Gefahr von ihnen ausgeht. Es gelten aber die normalen Regeln des Strahlenschutzes. Nur so lange wie nötig im Bereich der Strahlung bleiben. Möglichst Abstand halten. Auf Abschirmung achten. Angeblich steckt in einem einzigen Behälter soviel radioaktives Material wie beim Reaktorunglück von Tschernobyl ausgetreten ist. Stimmt das? Das lässt sich nicht direkt vergleichen, aber die Größenordnung kommt hin. Hochradioaktive Abfälle sind sehr gefährlich und müssen deshalb sicher verpackt und gelagert werden. Das stellen wir sicher. Viele Menschen denken, die Behälter würden schon im Salzstock gelagert, dabei stehen die mittlerweile 102 Behälter in der Betonhalle, von der wir eben schon sprachen. Kann man die besichtigen? Kann man. Wir haben beipielsweise oft Schulklassen zu Besuch in Gorleben und auch sonstige Besucher, die sich von einer Galerie aus die Lagerhalle mit den Behältern ansehen können. Solange die Einlagerungsarbeiten nicht abgeschlossen ist, dürfen wir zwar noch keine Besucher in die Halle lassen, aber danach ist das wieder – nach Voranmeldung – möglich. Einfach bei meinen Kollegen in Gorleben anrufen und einen Besuchstermin vereinbaren. Wenn man dann schon in Gorleben ist, lohnt sich auf jeden Fall auch ein Besuch im Erkundungsbergwerk ganz in der Nähe. Sie meinen den Salzstock? Genau. Das kann man auch besichtigen, aber auch dort muss man sich für die Besichtigung vorab anmelden.

Default Bild

„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ein Blick in das Zwischenlager: Die in früheren Jahren angelieferten CASTOR-Behälter sind blau. Die beigen sind die TN85-Behälter, die vor zwei Jahren angeliefert wurden. Nochmal zur Sicherheit: In dem Salzstock ist noch nichts drin? Nein, im Salzstock sind noch keine radioaktiven Abfälle. Alle Behälter mit radioaktiven Abfällen und Reststoffen sind bei uns auf dem Zwischenlagergelände in zwei Betonhallen, eine für hochradioaktives und eine für schwach- und mittelaktives Material. Dort werden die Abfälle zwischengelagert, bis sie an ein vom Bund zu errichtendes Endlager abgegeben werden können. Immer wieder ist von einer „Leichtbauhalle“ die Rede und ... ... und manche reden sogar von einem „Wellblechschuppen“, in dem die Behälter angeblich stehen. Es fragt sich, ob diejenigen, die so etwas immer wieder äußern, dies wirklich genauer wissen wollen. Wir erklären es auf jeden Fall gerne. Wie stabil ist die Halle? Sehr stabil, sie ist aus Beton errichtet. Den sicheren Einschluss der hochradioaktiven Abfälle übernehmen aber bereits die Behälter selbst, was ja auch schon beim Transport wichtig ist. Sie halten selbst einem Flugzeugabsturz Stand. An den Bahngleisen war nun tagelang Ausnahmezustand. Haben Sie je überlegt, die Behälter aus Frankreich nach Deutschland zu fliegen? Diese Frage wird nach jedem Transport gestellt. Es gibt schlichtweg keinen Transporthubschrauber, der ein solches Gewicht anheben kann. Und falls Sie fragen wollen, warum wir die Behälter nicht in La Hague auf ein Schiff laden und die Elbe hoch nach Gorleben fahren, dann kann ich Ihnen das auch sagen. Na dann. Zum einen gibt es in der Nähe von Gorleben keinen geeigneten Hafen, an dem wir die Behälter umladen könnten. Und noch ein Grund spricht dagegen: Beim Transport mit der Bahn können wir auf andere Routen ausweichen. Beim Fluss geht das nicht. Und er wäre noch schlechter gegen Blockaden zu sichern. Die Proteste waren so massiv wie nie. Wie haben Sie den Widerstand wahrgenommen? Es war uns bewusst, dass es in diesem Jahr mehr wird. Wir wissen aber auch, dass sich die Aussagen im Rahmen der Demos nicht wirklich um den Transport oder die Sicherheit der Behälter drehen. Der Protest während des Transports richtete sich in diesem Jahr vor allem gegen die Atompolitik der Bundesregierung - die schon vor der Wahl angekündigt hatte, die Laufzeiten der Atomkraftwerke verlängern und Gorleben weiter erkunden zu wollen. Sie haben die Wahl trotzdem gewonnen, sie haben es in den Koalitionsvertrag geschrieben und jetzt haben sie beides umgesetzt. Deswegen wurde gegen den Transport in diesem Jahr als Symbol für die Atompolitik der Regierung besonders stark demonstriert. Während des Transports hat es sogar ein Vertreter von Greenpeace im Interview gesagt: 'Wir wissen, der Zug kommt an. Aber es geht nicht um den Zug. Es geht um die Atompolitik.' Wann kommt der nächste Transport? In einem Jahr. Das ist dann der letzte Transport mit hochradioaktiven Abfällen aus Frankreich. Ab 2014 kommen dann noch maximal 21 Behälter mit solchen Abfällen aus Sellafield. Das war es dann. Bereits seit 2005 dürfen nämlich aus Deutschland keine Brennelemente mehr in die Wiederaufarbeitung geliefert werden. Seitdem werden die bestrahlten Brennelemente dezentral an den Kraftwerksstandorten in eigenen Zwischenlagern aufbewahrt.

Text: peter-wagner - Fotos: GNS

  • teilen
  • schließen