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"Partei und Links-Sein widersprechen sich": Angela Marquardt und ihr Eintritt in die SPD

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Angela Marquardt, 36, war einmal Punk, Vorzeigelinke, Inge-Meysel-Liebling und saß für die PDS vier Jahre von 1998 bis 2002 im Bundestag. 2003 tritt sie - unter anderen wegen nationalistischer Töne - aus der Partei aus und beginnt ein Politikstudium. Drei Jahre später holt die SPD-Linke Andrea Nahles Marquardt als Mitarbeiterin in ihr Bundestagsbüro.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Angela Marquardt - das Foto entstand im Oktober 2002 auf dem PDS-Parteitag. jetzt.de: Hallo, Frau Marquardt, Sie sind… Angela Marquardt: Falls Sie jetzt von mir etwas über die Linkspartei wissen wollen, können Sie das gleich vergessen. Darüber spreche ich nicht. jetzt.de: Sie sind vergangene Woche in die SPD eingetreten. Das machen nicht gerade viele zur Zeit. Warum? Angela Marquardt: Ich bin seit eineinhalb Jahren Mitarbeiterin von Frau Nahles. Die SPD befindet sich derzeit in einer intensiven Diskussion um ihr Profil und ihre zukünftigen Strategien. In dieser Situation möchte ich bewusst die Parteilinke unterstützen. Außerdem sollte niemand ein Interesse an einer schwachen SPD haben. Parteien tragen nun einmal die parlamentarische Demokratie und ich möchte mich wieder aktiv einbringen. jetzt.de: Wenn ich Sie frage, weshalb Sie damals aus der PDS ausgetreten sind, werden Sie mir also nichts sagen? Angela Marquardt: Das ist lange her. Dazwischen liegen ein Studienabschluss und fünf lange Jahre. Aus der PDS auszutreten war ja keine Entscheidung über Nacht, sondern ein Entschluss, der lange gereift ist. Das ist einfach nicht in einem Satz zu erzählen. jetzt.de: Erzählen Sie ruhig. Angela Marquardt: Wir reden dann aber über die PDS und nicht über die Linkspartei, ja? Damals war für mich das Projekt PDS aus unterschiedlichen Gründen gescheitert. Das fing an bei der fehlenden Erneuerungsfähigkeit und hörte bei nationalistischen Tönen auf. Leuten wie mir wurde die Schuld daran gegeben, dass die Partei aus dem Bundestag geflogen ist. Von wegen: Wir wären zum Beispiel nicht genügend auf die ehemaligen NVA-Soldaten zugegangen. Eine ehrliche und umfassende Vergangenheitsbewältigung wurde damit in Frage gestellt. jetzt.de: Mit ähnlichen Argumenten wird heute die Linkspartei in Westdeutschland abgelehnt. Angela Marquardt: In der Linkspartei, wie sie heute existiert, bin ich nie gewesen. Dazu kann ich nichts sagen. jetzt.de: Unterscheidet sich die Linkspartei von heute denn so sehr von der PDS? Angela Marquardt: Selbstverständlich. Es sind viele neue Mitglieder hinzugekommen. Da entsteht gerade ein neues Projekt. Ich würde sie bloß noch nicht als Partei, sondern als ein Projekt in der Selbstfindungsphase bezeichnen. jetzt.de: Gerade die SPD ringt zur Zeit um eine Linie zur Linkspartei. Was ist ihre Meinung? Angela Marquardt: Ich sehe das sehr pragmatisch. Wenn man 13 Jahre in der PDS gewesen ist, und viele Mitglieder persönlich kannte, dann sind da auch Freundschaften entstanden. Es gibt dort viele Leute, mit denen man ausgezeichnet zusammenarbeiten kann. Was diese Debatte betrifft, wünsche ich mir mehr Sachlichkeit. Langfristig wird es Zusammenarbeit geben, wie schon in vielen Kommunen und Ländern jetzt auch. jetzt.de: Auch in den alten Bundesländern? Angela Marquardt: Auch in den alten Bundesländern. jetzt.de: Was hätten Sie sich in Hessen gewünscht? Angela Marquardt: Das Versprechen, eine Ministerpäsidentin zu wählen, heißt noch lange nicht, dass daraus eine konstruktive Zusammenarbeit entsteht. An Frau Ypsilantis Stelle hätte ich mich auf dieses Abenteuer noch nicht eingelassen. Entweder man entscheidet sich richtig für eine Zusammenarbeit oder lässt es ganz bleiben. Diese Tolerierung führt zu nichts. jetzt.de: Was bedeutet für Sie heute „links“? Angela Marquardt: Ich glaube, dass Parteien und „links sein“ sich per se widersprechen. Für mich sind Parteien Mittel zum Zweck und keine soziale Heimat. Mit dem Wort „links“ verbinde ich in erster Linie „antiautoritär“. Antiautoritäre Politikkonzepte, antiautoritäre Gesellschaftskonzepte. Parteien, das weiß jeder, sind autoritäre Organisationen. Man kann versuchen, linke Themen mit einer Organisation in die Öffentlichkeit zu bringen. Aber Parteien können im Sinne des Antiautoritarismus nicht links sein. Das schließt sich aus. jetzt.de: Wären Sie mit so einer linksliberalen Einstellung bei den Grünen nicht besser aufgehoben? Angela Marquardt: Darüber kann man jetzt viel spekulieren. Bei der Linkspartei wird man sagen, ich hätte besser zu ihnen gepasst und die Grünen werden dasselbe sagen. Und Frau Nahles sagt, ich passe bestens zur SPD. jetzt.de: Die SPD krebst momentan bei 20 plus X Prozent herum. Ist das Konzept einer Volkspartei noch angemessen? Angela Marquardt: Alle Parteien leiden unter Mitgliederschwund und das nicht erst seit gestern. Ich würde niemanden überreden, in eine Partei einzutreten. Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Volksparteien kann man in Frage stellen. Aber sie sind ein wichtiger Bestandteil der parlamentarischen Demokratie und die sollte man nicht in Frage stellen. Ich habe auch noch ein anderes System erlebt. jetzt.de: Was sind für sie momentan denn die wichtigsten Inhalte? Angela Marquardt: Mir geht es um Innenpolitik allgemein, um den Abbau der Grundrechte, was zum Beispiel die Vorratsdatenspeicherung betrifft, um Förderalismus, also Thema Schuldenbremse. Seit 1990 beschäftige ich mich mit Rechtsextremismus. Dieses Thema wird für mich weiterhin sehr wichtig bleiben. Seit ich einmal in der Bahn von Rechtsradikalen angegriffen wurde, fahre ich nicht mehr Zug. Und natürlich geht es mir auch um die soziale Frage. Ich feiere nicht mit Gerhard Schröder die Agenda 2010.

Text: philipp-mattheis - Foto: ap

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