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Öko wird modern: Peter Unfried hat ein Buch über die Neuen Ökos geschrieben

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Wenn der stellvertretende Chefredakteur der taz ein Buch mit dem Titel Öko schreibt, wundert man sich ein wenig. Warum sind Sie jetzt erst darauf gekommen? Zum einen muss man natürlich zwischen meinem Arbeitgeber der taz und mir persönlich trennen. Zum anderen haben wir eine sehr heterogene Leserschaft und auch Redaktion. Das heißt wir haben Leser, die seit zwanzig Jahren Hardcore-Ökos sind, die selbstverständlich nicht fliegen. Und wir haben auch jüngere Leute, die nicht mit dem Bewusstsein der ökologischen Bewegung der späten 70er aufgewachsen sind und die eine gesunde Gleichgültigkeit an den Tag legen. Bis vor einer Weile zählten Sie wohl auch zu jenen, die eine gesunde Gleichgültigkeit pflegten. Und dann kam Al Gore... Ja, richtig. Das ist einerseits natürlich ein bisschen peinlich, wenn man in einen Al Gore-Film geht und dann denkt, jetzt muss man was tun. Aber es war tatsächlich so: Ich war im Sommer 2006 in Kalifornien und habe den Film gesehen und gedacht: So kann es nicht weiter gehen, ich muss jetzt was tun.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Al Gore als Auslöser: Der Friedensnobelpreis-Träger ist indirekt Schuld an Peter Unfrieds Buch. Nachdem dieser seinen Film gesehen hatte, entschied er, was zu ändern. Und dann haben Sie sich ein Drei-Liter-Auto gekauft - wie Sie schreiben, ebenfalls ein wichtiger Punkt auf Ihrem Weg zum neuen Öko. Funktioniert Ökologie heute über Konsum? Konsum ist ein wichtiges Moment im Leben. Aber es ist auch so, dass man sich oft nicht viel Mühe gibt beim Konsum. Ich habe festgestellt, dass ich hauptsächlich zwei Arten von Konsum praktiziere: Nämlich einerseits Sparkonsum, also möglichst billig. Das habe ich aus meinen studentischen Leben mitgenommen. Und andererseits Prestigekonsum, wo ich sage: Jetzt leiste ich mir was, aber nicht genau beurteilen konnte, inwiefern das ausgegebenen Geld auch wirklich für eine bestimmte Leistung steht. Und jetzt kommt der ökologische Konsum? Genau, und dabei ist es so, dass er einen aus dem Dilemma der Unsicherheit befreit. Denn ich habe jetzt ganz klare Kriterien, an denen ich mich beim Einkaufen orientiere. Und deshalb läuft Ökologie heute nicht mehr über Gewissen und Verzicht, sondern über auch Lust. Aber auch über die Lust der Firmen, die an dieser Form des Konsums verdienen. Da ist jetzt ein gigantischer Markt, den die Trendforscher und Industrien entdeckt haben und es gibt Propheten dieses Marktes, die den Unternehmen beibringen, wie sie diese Kundschaft kriegen können. Das ist aber nur der eine Teil der Wahrheit. Der andere Teil ist das Entstehen des so genannten moralischen Marktes; Dass es jetzt eine Bewegung hin zu einem sozio-ökologischen Konsums gibt. Diesen Wunsch, ein aktiver Marktteilnehmer zu werden, muss man nicht nur negativ sehen. Das bringt es allein noch nicht, wenn das aber genügend Leute tun, bekommen wir eine neue Konsumentenklasse, die Einfluss nehmen kann auf den Markt. Ist das nicht ein wenig naiv? Das kann man so sehen, aber ich weiß nichts Besseres und ich will jetzt erstmal sehen, ob das nicht doch geht. Und deshalb haben Sie ein Buch zu dem Thema geschrieben? Mir geht es darum, auch Leute zu erreichen, die sich von dem Thema bisher abgeschreckt fühlten, weil es entweder unsexy war oder viel zu komplex war. Das kann man auch in Redaktionen beobachten, dass es keine gemeinsame Sprache gibt zwischen den Experten für Emissionsrecht und den anderen. Das muss sich ändern, deshalb finde ich diese Portale, die sich im Netz zu dem Thema bilden oder auch das grüne Ressort bei jetzt.de wichtig, weil man da tatsächlich versucht, einen neuen Kommunikationsweg zu finden. Dafür ist es auch wichtig, einen Begriff für diese neue Konsumenten-Gruppe zu finden. Sie nennen sie die Neuen Ökos. Es gibt nur wenige, die sich Lohas nennen möchten. Eigentlich möchte niemand sich unter irgendeinem Begriff subsummieren lassen, weil der Individualismus ja sehr ausgeprägt ist. Deshalb ist da eine gewisse Skepsis da. Aber es gibt definitiv einen Wandel des Begriffs „Öko“ von einem negativ aufgeladenen Begriff zu einem zumindest neutralen. Auf der nächsten Seite: Warum ein A++-Kühlschrank für Modernität steht und welche Folgen schwarz-grün haben kann.


Sie sprechen in Ihrem Buch auch den Gedanken an, dass diese Form des Konsums auch an Ihrer eigenen Lebenssituation liegen könnte. Sie sind nicht mehr 20, haben Kinder und wollen jetzt Ihren Konsum moralisch veredeln. Wie bei Trainerentlassungen in der Bundesliga, ist es auch in diesem Fall so, dass man das sehr individuell betrachten muss. Bei mir ist es so, dass ich zu dieser ironischen Generation der Leute gehöre, die ein Schuldgefühl hatten, weil sie 68 und auch 78 verpasst haben, aber eigentlich dachten, sie müssten ihr Leben an diesen hohen Werten und Vorgaben ausrichten. Zum anderen hat man seine Ironie zu einer Art Widerstand stilisiert, der es aber letztlich nicht war. Und jetzt bin ich in einer Lebensphase – bei mir dauert es immer etwas länger als bei anderen – in der ich denke: Schluss mit ironischen Zuschauen und Kommentieren aus dem Off. Ich ändere jetzt ein paar Dinge, damit mein Leben besser wird. Und das ist auch das Mindeste, was dabei rauskommen kann: Egal, ob der Klimawandel verlangsamt wird oder wir tatsächlich einen moralischen Markt bekommen: Mein persönliches Leben ist eindeutig besser geworden. Es geht aber nicht nur um die eigenen Befindlichkeit, sondern um eine neue Form der Gegenkultur. Auf dem Buchrücken wird Daniel Cohn-Bendit mit dem Wort der „Öko-Revolte“ zitiert. Das scheint aber eine sehr friedliche Revolte zu sein, die im Bio-Laden stattfindet und durch den Erwerb von Öko-Milch sich erfüllt. Das kann man ja auch als zivilisatorischen Fortschritt interpretieren, dass man keine Pflastersteine mehr wirft oder dass Polizisten nicht mehr die Revoltierenden umbringen müssen, wie das 68 noch war oder dass Springer nicht mehr dazu aufruft, die Leute zu stoppen, sondern sich eingereiht hat. Wenn man es differenzierter betrachtet, muss man sagen: Diese Revolte hat natürlich eine Grenze. Sie ist nicht so weit reichend wie man sich früher eine Revolte gedacht hat. Für mich ist der Entwicklungsschritt, dass ich sage, ich werde zu meinen Lebzeiten den Kapitalismus nicht mehr stürzen. Deshalb geht es letztlich darum, dass sich diese neue Konsumentenklasse über den ökologischen Konsum hinaus vernetzt. Damit da tatsächlich auch ein politischer Druck entsteht.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Unterstützung für die Neuen Ökos: Ole von Beust (links) von der CDU und Christa Goetsch, Spitzenkandidatin der Grünen Alternativen Liste versuchen in Hamburg eine Zusammenarbeit alter und neuer Bürger. Auf dem dpa-Foto in der Mitte der CDU-Landesvorsitzende Hamburger Michael Freytag. Kann diese Vernetzung auch über Parteien geschehen oder sind Parteien für diese neue Revolte nicht zu gebrauchen? Also, die SPD ist mit Sicherheit nicht zu gebrauchen. Das ist eine Kohlepartei und das ist nichts, wo ich Vertrauen fassen könnte. Jetzt muss man abwarten, ob diese in den Feuilletons beschworene Allianz von alten und neuen Bürgern, also schwarz-grün, im Alltag irgendeinen Fortschritt bringt. Schließlich muss man bedenken, dass zahlreiche Politiker auf der Gehaltsliste großer Firmen sind. Gerade schwarz-grün legt den Verdacht nahe: Sind die Neuen Ökos nicht im Kern wahnsinnig spießig und langweilig? Das kann ich jetzt natürlich nicht mit Ja beantworten. Ich würde eher sagen: Im Gegenteil. Man entdeckt in diesem Prozess nämlich Dinge, von denen man nie gedacht hätte, dass sie Spaß machen. Mein A++-Kühlschrank macht mir richtig gute Laune. Früher hat mich das überhaupt nicht interessiert, aber ich mag den einfach. Ich mag es, dass der wenig Strom verbraucht. Das ist für mich ein Wert. Und das hat für mich nichts mit Moral zu tun, sondern vor allem mit Modernität. Ich möchte einen modernen Gerätepark. Öko von Peter Unfried ist bei Dumont erschienen und kostet 14,90 Euro

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