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Mit dem Linienbus durch Deutschland
Daniel, du reist mit Linienbussen quer durch Deutschland. Warum fährst du nicht Auto oder Zug? Das Ganze ist aus einer Schnapsidee entstanden. Sven, ein Kumpel von mir, und ich waren auf dem Weg nach Hause. Wir hatten Freunde in Bielefeld besucht und der Zug fuhr so langsam, dass wir dachten, da können wir gleich mit dem Bus fahren. Das wollten wir dann ausprobieren auf der Fahrt von Köln nach Berlin. Wir wollten sehen, ob es überhaupt möglich ist, soweit mit öffentlichen Linienbussen zu fahren. Bist du Busfan? Kann man so sagen. Früher wollte ich immer Busfahrer werden. Wir hatten als ich Kind war kein Auto, deshalb mussten wir immer die Straßenbahn nehmen, wenn wir irgendwohin fahren wollten. Auch heute besitze ich keinen Führerschein und fahre deshalb überall mit dem öffentlichen Personennahverkehr hin.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Was für Reisen hast du bislang mit Linienbussen gemacht? Ich verreise immer mit Sven zusammen. Sonst würde es wohl auch manchmal zu langweilig werden nach einiger Zeit. Wir sind einmal zwei Tage von Köln nach Berlin gefahren, danach fünf Tage von Hamburg nach München und in 14 Stunden von Köln nach Amsterdam. Was reizt dich am Reisen mit Bussen? Auf langen Strecken ist es das Fahrgefühl. Das ist, wie wenn Leute mit dem Auto ins Blaue fahren und gucken, wo sie rauskommen. So ist das mit dem Bus auch, nur dass man besser darauf vorbereitet sein muss, denn unter Umständen kommt man sonst nicht mehr am gleichen Tag zurück nach Hause. Es macht Spaß, durch die Landschaft zu fahren, Deutschland zu sehen und die Menschen in der Region kennen zu lernen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Uns geht es mehr um die Reise als ums Ankommen. Busfahren als Erlebnis sozusagen. Erlebst du beim Reisen mit Linienbussen andere Dinge, als wenn du mit dem Auto oder der Bahn unterwegs wärst? Ja, meist treffen wir im Bus auf Menschen, die auf dem Weg zur Arbeit oder zur Schule sind. Wenn wir etwas Besonderes draußen sehen, können wir auch schon mal fragen, was ist das oder bekommen einen Tipp, wo man abends gut essen gehen kann. Außerdem habe ich auf unseren Reisen viele Ecken entdeckt, in denen ich auch mal Urlaub machen würde. In Hamburg und München haben wir uns extra Zeit genommen, um noch Sightseeing zu machen. Man ist auch näher am Geschehen dran, wenn man Bus fährt, anstatt mit dem Auto über die Autobahn zu fahren. Findest du es alltäglich, wie du reist? Nein, gar nicht. Es gibt zwar Linienbusse quer durch Deutschland, also Angebote, mit denen man für 30 Euro nach Hamburg fahren kann oder ähnliches, aber ich reise ja mit dem öffentlichen Nahverkehr, das ist nicht normal. Ich kenne auch niemanden, der außer Sven und mir noch so reist. Aber es muss ja nicht schnell gehen, das reisen, langsam fahren ist schon in Ordnung.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Daniel Was war deine spektakulärste Fahrt bislang? Es war spannend, mit einem Riesenbus auf dem Weg nach Berlin durchs Sauerland zu fahren. Dabei sind wir über ganz kleine Straßen gefahren, oft ging es steil bergab und die Wege waren so eng, dass es abenteuerlich war zu sehen, wie der Busfahrer reagierte, wenn noch ein Auto entgegen kam. Gab es besondere Erlebnisse auf euren Fahrten? In Salzwedel haben wir einmal einen Busfahrer gefragt, wo man abends essen könnte. Er hat dann extra seinen Kumpel angerufen und der hat uns ein Lokal empfohlen. Der Busfahrer hat dann erst alle anderen Fahrgäste an der Endstation rausgelassen und hat uns dann – weil es auf dem Weg lag – vor dem Lokal abgesetzt. In Bayern sind wir mit einem Hopfenbauern ins Gespräch gekommen, der sich sein Zubrot als Busfahrer verdient, eigentlich aber Hopfen und Malz fürs Bierbrauen anbaut. In Weimar haben wir einmal eine eigene Stadtrundfahrt bekommen. Da hat uns der Busfahrer immer erklärt, was das für Gebäude sind, an denen wir vorbeifahren. Auf dem Weg nach Amsterdam haben wir dann in Venlo wegen unserer Fahrkarte die komplette Busfahrer-Mannschaft am Busbahnhof mobilisiert. Alle haben über unsere Tour nur den Kopf geschüttelt, da sie so etwas noch nicht erlebt haben. Dann haben sie diskutiert, welche Karte man denn bräuchte. Im Endeffekt gab es ein Ticket für ganz Holland. Das ist praktisch. Was du vorbereiten musst, wenn du von München nach Kiel mit Linienbussen fahren willst? Das steht auf der nächsten Seite.
Nehmen wir an, ich wollte von München nach Kiel fahren. Was muss ich zur Vorbereitung machen? Du musst viel im Internet recherchieren, herausfinden, wie man an die Fahrpläne rankommt und vermutlich musst du auch viel mit den Bus-Betrieben telefonieren. Du musst dir Fahrpläne zuschicken lassen und darfst dich nicht zu sehr auf die Fahrplanauskunft verlassen. Wenn du beispielsweise bei der Busauskunft eingibst, dass du von Köln nach Kassel fahren willst, heißt es direkt, das ginge nicht. Die Suche nach den passenden Buslinien ist wie die Nadel im Heuhaufen: Oftmals gibt es hunderte Linien in einer Region, aber nur zwei oder drei, die du gebrauchen kannst oder bei der die Anschlüsse passen. Da heißt es dann erst einmal Fahrpläne lesen. Wie lange habt ihr für eure Planung gebraucht? Für die Fahrt von Hamburg nach München haben wir ein halbes Jahr vorher mit der Planung angefangen. Dann mussten wir noch Hotels raussuchen, die natürlich dort liegen mussten, wo wir auch übernachten wollten. Manchmal gab es aber einfach keine Hotels oder die waren schon ausgebucht, so dass wir dann wieder eine neue Linie suchen mussten. Auf der Fahrt nach Berlin haben wir weniger geplant, da es auf der Strecke viele größere Städte gab, in denen wir übernachten konnten. Mit der Planung von Köln nach Amsterdam waren wir in zwei Stunden fertig. Die Fahrplanauskunft dort ist auch viel flexibler als in Deutschland. Wie teuer sind eure Reisen? Für die vier Tage nach Berlin habe ich inklusive Verpflegung, Hotel und aller Fahrkarten 350 Euro bezahlt. Da die Fahrt mit den Bussen mein Urlaub ist, bezahle ich dafür genauso viel wie Leute, die eine Woche in den Bergen verbringen, das ist schon in Ordnung. Ich mache aber auch noch normalen Urlaub. In diesem Sommer gehe ich wandern in den Alpen und dorthin fahre ich dann auch mit dem Zug. Nehmt ihr Souvenirs mit von euren Reisen? Wir fotografieren jeden Bus, mit dem wir fahren. Das ist sozusagen unser persönliches Bus-Paninialbum. Wie sieht eure Traum-Busreise aus? Wir planen eine große Deutschland-Tour. Jeden Tag wollen wir in einem anderen Bundesland sein. Mittlerweile können wir uns aber auch eine Europadurchquerung vorstellen – wenn es denn eine Fahrplanauskunft für das jeweilige Land online gibt. Vielleicht würden wir dann in zehn oder elf Tagen von Kopenhagen nach Mailand fahren. Reisen kann man allerdings nur im Sommer, wenn es abends länger hell ist, damit man auch viel sieht. Im Regen reisen macht wenig Spaß.
Text: sabrina-gundert - Illustration: Katharina Bitzl; Foto: privat