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Max gegen Zuckerberg
jetzt.de: Max, bist du noch bei Facebook angemeldet?
Max: Ich bin noch angemeldet, ja. Ich vertrete nämlich die Philosophie, dass verbessern besser ist als sich zu verweigern. Eigentlich ist Social Media ja ein cooles Prinzip, nur leider wird es im Moment noch von vielen Unternehmen ausgenutzt. Mir ist es aber zu wider, dass ich mir ein so gutes Produkt wie Facebook wegnehmen lassen soll. Deshalb sind unsere Beschwerden mit Verbesserungsvorschlägen versehen.
Was ist dein Problem mit dem sozialen Netzwerk?
Insgesamt haben wir ja 22 Anzeigen erstattet, die alle ein anderes Problem im Fokus haben. Das Zentralste aber ist die Sache mit dem Löschen – Facebook speichert einfach alles, egal, ob der Nutzer das bereits gelöscht hat. Das ist unserer Meinung nach ein totaler Skandal. Denn wir als Nutzer haben zwar die Aufgabe, Content zu liefern. Macht darüber haben wir aber nicht, sondern nur das Unternehmen.
Du hast dir alle Daten, die Facebook über dich hat, schicken lassen. Was war das für ein Gefühl, diese Informationen vor dir zu haben?
Ich befasse mich schon recht lang mit dem Thema Datenschutz. Ich dachte mir auch schon, dass mir Facebook eine ganze Menge Unterlagen schicken würde. Als ich dann aber diese 1.200 Seiten hatte, da war ich doch schockiert. Alles wurde gespeichert – alle Nachrichten, alle Chats inklusive sensiblen Informationen über Freunde. Wenn ich als Nutzer etwas lösche, wird das zwar in den Akten von Facebook vermerkt, gelöscht wird die Information jedoch nicht.
Schon andere haben sich mit Mark Zuckerberg angelegt. Die Zwillinge Cameron und Tyler Winklevoss behaupten zum Beispiel seit Jahren erfolglos, die wahren Facebook-Gründer zu sein. Was unterscheidet eure Anzeige von Anderen?
Anders als die Winklevoss-Brüder haben wir absolut kein finanzielles Interesse. Wir machen das aus Idealismus, womit wir natürlich nicht die Einzigen sind. Was uns aber unterscheidet ist, dass wir in Europa gegen Facebook vorgehen. Die meisten Klagen und Beschwerden kamen bisher aus den USA. Darüber hinaus haben wir uns an die richtige Stelle gewandt – an die Behörden in Irland. Die haben die Möglichkeit, Macht über Facebook auszuüben, was sie jetzt auch tun.
Wie fühlst du dich – als David, der gegen Goliath kämpft?
Ehrlich gesagt: Wenn es nach mir ginge, würden alle Medien nur über die Probleme bei Facebook berichten und uns außen vor lassen. Denn wir wissen ja noch gar nicht, was bei der ganzen Sache rauskommen wird. Deshalb hat es keinen Sinn, sich in den Vordergrund zu stellen. Wir wollen einfach, dass für diesen Konzern die gleichen Regeln gelten wie für andere Unternehmen auch – das ist mehr eine Gerechtigkeitsfrage, die wir stellen und bei der wir nicht viel mehr außer Portokosten verlieren können.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Max
Die irischen Behörden reagierten prompt auf die Anzeigen. Hättet Ihr damit gerechnet und was passiert dort gerade?
Hätten die Iren nicht reagiert, hätten wir uns an Brüssel gewandt, denn die irischen Behörden haben die Pflicht, sich um diese Anzeigen zu kümmern. Das wussten wir und die Behörden selbst auch – das sich etwas tun wird, war also klar. Dass wir aber nach circa vier Tagen einen langen Brief aus Irland bekommen würden, kam vollkommen überraschend. Darin heißt es, dass man sich der Sache annehmen würde. Ein oder zwei Wochen später gab es dann tatsächlich auch die Ankündigung einer Betriebsprüfung bei Facebook Irland – die prüfen den Konzern jetzt auf Herz und Nieren.
Warum muss sich Facebook nicht an die europäischen Datenschutzbestimmungen halten?
Ich glaube, das liegt daran, dass der Datenschutz in Europa noch relativ am Anfang steht. Das meiste läuft noch über Beschwerden, die der Bürger vor die Behörden zerren muss. Von selbst passiert da kaum etwas. Die Bußgelder für Vergehen gegen den Datenschutz sind außerdem minimal – da wägen Unternehmen ab, ob es sich lohnt, sich an die Regeln zu halten oder ob es billiger ist, dagegen zu verstoßen.
In Deutschland gibt es in jeder Partei mindestens einen, der sich mit Netzthemen und Datenschutz befasst. Wie ist das in Österreich – ist Datenschutz ein politisch relevantes Thema?
Deutschland ist den meisten Ländern in Sachen Datenschutz weit voraus; es ist einfach ein viel wichtigeres Thema. Bei uns in Österreich setzen sich hauptsächlich die Grünen dafür ein, den Konservativen ist es egal und die FPÖ spricht eigentlich nur über Ausländer. Warum das so ist, kann ich nur vermuten: Ich glaube, die Österreicher sind in diesem Punkt weniger kritisch als die Deutschen und nehmen vieles eher hin.
Facebook wird zurzeit umgebaut. Neue Funktionen sollen dafür sorgen, dass das Netzwerk zum Lebensarchiv wird. Was hältst du von der Idee?
Das ist ja erstmal typisch Facebook – erstmal machen, dann gucken, wie Nutzer und Politik darauf reagieren. Das größte Problem bei den neuen Funktionen ist meiner Meinung nach, dass sich der Zweck von Facebook ändert. Wenn ich meine Daten freigebe, sind die rechtlich immer an einen bestimmten Zweck gebunden. Der bisherige Zweck von Status-Updates war es, zu kommunizieren. Jetzt soll das Netzwerk Lebensarchiv sein. Damit ändert sich sein Zweck, ohne dass der Nutzer dem zugestimmt hat. Ob das rechtlich haltbar ist, wage ich zu bezweifeln.
Was versprecht Ihr Euch von den Anzeigen?
Im idealen Fall kann ich in einem Jahr auf Facebook gehen, ohne dabei Sorgenfalten im Gesicht haben zu müssen. Wir wünschen uns einfach, dass Facebook seine Datenschutzbedingungen verbessert. Es wäre auch schon ein echter Quantensprung, wenn nur die Hälfte unsere Verbesserungsvorschläge angenommen würde.
Die Aktion bringt ja auch einen gewissen Imageschaden. Müsste man nicht schon deshalb Einsicht zeigen?
Witzigerweise zeigt sich Facebook davon wenig beeindruckt. Welches andere große Unternehmen kann es sich erlauben, zum Beispiel auf Pressefragen gar nicht zu reagieren? Ich glaube, die denken einfach, dass die Nutzer eh dabei bleiben. Wo sollen sie sonst auch hin? Bei Google+ gibt es doch die gleichen Probleme in grün.
Hat Facebook auf die Anzeigen überhaupt reagiert?
Das Management hat uns eine Mail geschrieben mit der Frage, ob man darüber nicht einmal reden könne. Wir haben sie dann auf einen Kaffee in Wien eingeladen. Darauf haben sie aber noch nicht reagiert und ich wüsste auch nicht, worüber man da sprechen sollte – die vertreten die eine Meinung, wir eine andere.
Text: steffi-hentschke - Fotos: dapd, privat