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Liebe Freunde, ich bin jetzt tot!

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Viele haben inzwischen zwei Leben: eins in der analogen Welt und eins im Internet. Lisa Granberg, 28, aus Schweden lässt die Frage nicht mehr los, was mit unseren Web-Profilen geschieht, wenn wir mal tot sind. Sie hat einen Dienst entwickelt, der künftig unseren Online-Nachlass verwalten soll. Jetzt sucht sie Investoren für ihr Examensprojekt Webwill. jetzt.de: Lisa, wie genau wird der Webdienst funktionieren, wenn er einmal online ist? Lisa Granberg: Zuerst muss man sich als Mitglied registrieren. Dazu braucht man hier in Schweden einen elektronischen Ausweis und die Sozialversicherungsnummer. Wenn man sich angemeldet hat, gibt man an, welche Konten und Profile man online hat und hinterlässt die Login-Daten. Und das Wichtigste: Man bestimmt, was nach dem Tod mit allen Profilen passieren soll. Man macht sozusagen sein Online-Testament. Was könnte ich zum Beispiel verfügen? Manche wollen einfach sofort alle Konten löschen. Aber es gibt noch viel mehr Möglichkeiten: Wenn man einen Blog hat, könnte man beispielsweise einen Abschiedseintrag vorformulieren. Oder man stellt nach dem Tod ein Album mit den schönsten Erinnerungsfotos online. Einige wollen eine Rundmail oder eine Twitternachricht an ihre Freunde schicken. Wer bei Facebook ist, kann eine Statuszeile festlegen, die erscheint, wenn man gestorben ist.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Lisa studiert Werbung und Grafikdesign an „Beckmanns Designhögskola“ in Stockholm. Was soll man denn da schreiben? „Liebe Freunde, ich bin tot“? Ich mache da keine Vorschläge, das muss ja wirklich jeder selbst wissen. Aber ich persönlich könnte mir ein Zitat aus „Die Brüder Löwenherz“ vorstellen: „Wir sehen uns in Nangijala.“ Das sagt Jonathan zu seinem kleinen Bruder als er stirbt. Dein Dienst ist noch nicht online. Wie kann ich zurzeit regeln, was nach dem Tod mit meinen Online-Konten passiert? Man könnte natürlich einem guten Freund alle Logins hinterlassen. Aber das will man vielleicht nicht unbedingt. Derjenige kann ja dann alles durchstöbern und lesen, was man so im Internet hinterlassen hat. Außerdem ist es ja auch sehr schmerzhaft für diese Person, alle Accounts zu löschen oder zu ändern. Meistens ist es allerdings so, dass gar nichts geregelt ist und keiner die Passwörter kennt. Ich habe mit einer Frau gesprochen, die wochenlang versucht hat, das Facebook-Profil ihres Partners löschen zu lassen. Sie hat die Betreiber in den USA einfach nicht erreicht. Erst als sie die Geschichte groß in den Medien verbreitet hatte, ist was passiert. Eine andere Frau wollte unbedingt, dass das Myspace-Profil ihres Freundes online bleibt, als Erinnerung an ihn. Doch das Konto wurde nach ein paar Wochen wegen Inaktivität gelöscht – da hat man keine Chance. Aber will man denn tatsächlich so ein Online-Testament machen? Als quietschfideler Web-2.0-Nutzer findet man das doch eher erschreckend. Ich habe fast nur positive Resonanz auf meine Idee bekommen. Auch von jungen Leuten. Denn viele kennen selber eine Person, die gestorben ist, aber trotzdem zum Beispiel noch bei Facebook auftaucht. Das Problem ist vielen bewusst. Außerdem geht es ja nicht nur darum, dass man an den eigenen Tod denkt, sondern auch daran, was man hinterlassen will, welche Andenken und Spuren man im Netz bewahren möchte - eigene Musik, Fotos, Texte. jetzt.de: Ist das nicht irgendwie seltsam, dass wir uns sogar noch nach unserem Tod übers Internet präsentieren wollen? Ich glaube, dass wir unsere Leben immer mehr in der Netz-Öffentlichkeit leben. Deswegen sterben wir auch öffentlicher. Wo Leben ist, da ist auch Tod – das gilt auch für Flickr und Twitter. Der Tod ist in unserer Gesellschaft fast gar nicht mehr sichtbar. Das war früher ganz anders, da ist man nicht so abgeschirmt gestorben wie heute. Vielleicht ändert sich das jetzt wieder durch das Internet, vielleicht ist der Tod dadurch bald auch nicht mehr so tabuisiert.

Text: sonja-leister - Foto: Carola Grahn

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