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"Kurzfristig muss kein Club schließen"
Auf der Webseite BLN.FM war heut zu lesen, dass einige Clubs in Berlin wohlmöglich in Gefahr sind. Der Grund? Ein Finanzamt fordert, dass die Clubs Eintrittseinahmen mit 19 statt sieben Prozent versteuern. Denn viele Partys, auf denen DJs auflegen, seien keine Konzerte und hätten damit keinen Anspruch auf einen verminderten Steuersatz. Käme das Finanzamt durch, würde das Nachzahlungen in Millionenhöhe und damit vielleicht das Ende für manchen Club bedeuten. Um mehr darüber zu erfahren, haben wir mit Olaf Möller, dem Vorsitzenden des Vereins "clubcommission" gesprochen. Der Verein setzt sich für die Belange der Berliner Clubszene ein, die ohnehin bedroht ist.
Ein Berliner Finanzamt fordert von mehreren Clubs rückwirkend Mehrwertsteuern in Millionenhöhe. Haben Sie davon gehört?
Wir als "Clubcommission Berlin" haben öfters Diskussionsrunden, bei denen es um die Nachhaltigkeit der Clubszene geht. Neulich kam dabei auch das Thema Nachzahlung der Mehrwertsteuer auf – für uns ist diese Sache also keine wirkliche Neuigkeit. Neu ist nur, dass dieses Problem jetzt in die Öffentlichkeit gelangt ist.
Wie reagieren die Clubs?
Es klagen einige bereits oder haben es vor. Insgesamt läuft es so, dass es einen Bescheid vom Finanzamt kommt, gegen welchen man Einspruch erheben kann – erst als Club und wenn das nicht erfolgreich ist, dann über einen Anwalt.
Ist es denn rechtswidrig, was dieses Berliner Finanzamt macht?
Zunächst: Steuerregelungen sind Bundessache. 2005 urteilte der Bundesgerichtshof, dass auch DJ-Auftritte als Konzerte gelten. Damit gilt die verminderte Mehrwertsteuer von sieben Prozent. Allerdings können die Finanzämter dieses Urteil unterschiedlich auslegen. Es ist einfach recht schwammig formuliert. Zum Beispiel gilt nicht es als Konzert, wenn das Publikum mit dem Rücken zum DJ steht. Dann greift die 19 Prozent Mehrwertsteuer.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Was wird jetzt passieren?
Wie gesagt klagen einige Clubs bereits. Für Clubs kann das sehr teuer werden, deshalb bieten wir ihnen eine kostenlose Rechtsberatung an. Insgesamt müssten bundesweit die Auslegung zu den Gesetze zur Mehrwertsteuer vereinheitlicht werden – die Grenzen, was Konzert, was Party ist, müsste konkreter definiert werden. Das wird aber vermutlich noch einige Zeit dauern, da nach der Hotelsteuer-Aktion der FDP dieses Thema bestimmt niemand anfassen wird.
Haben Sie als Verein eine Möglichkeit, etwas zu unternehmen?
Klagen kann immer nur der Club, denn der ist der Geschädigte. Die Clubs können sich dabei auf Präzedenzfälle berufen und hoffen, dass die Gerichte ähnlich entscheiden.
Geht das Clubsterben damit weiter?
Allein durch das Nachzahlen der Mehrwertsteuer werden wahrscheinlich kurzfristig erstmal keine Clubs schließen. Dieses Problem ist auch nur einer von vielen Gründen für das Clubsterben in Berlin. Der Hauptgrund ist die Verdrängung der Clubs aus ihren Räumen. Oft sind sie als Mieter nur geduldet oder haben befristete Mietverträge. Kommt dann ein Investor, der lieber ein Einfamilien – oder Townhaus daraus machen will, muss der Club schließen.
Mit der Kampagne Musik 2020 wollen Sie gegen dieses Sterben vorgehen und haben deshalb Forderungen an die Berliner Parteien formuliert. Glauben Sie, dass Ihre Forderungen Gehör finden?
Wir sind mit allen Parteien im Gespräch. Es wird sich zeigen, was da nun passiert und ob unsere Forderungen in die Koalitionsvereinbarungen aufgenommen werden.
Text: steffi-hentschke - Fotos: screenshot wikipedia, ddp, privat