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Kopieren als Uni-Seminar - in Furtwangen werden Alte Meister imitiert
In Deinen Seminaren werden völlig legal Alte Meister kopiert ... Genau, das ist aber keineswegs ungewöhnlich. Künstler haben das schon immer so gemacht, dass sie von anderen Kunstwerken gelernt haben, indem sie sie kopierten. Warum das? Durch die Kopie beschäftigt man sich mit Details, die weit über das reine Betrachten hinausgehen. Und da wir die Bilder ja nicht einfach nur kopieren, sondern auf ein anderes Medium, nämlich die Fotografie, übertragen, müssen wir uns beispielsweise mit den Lichtverhältnissen sehr intensiv auseinander setzen. Das führt dann oft auch dazu, dass man sieht, wie auch die Alten Meister das Licht genau so gestaltet haben, wie es entsprechend ihrer Intensionen fallen sollte - dies muss aber nicht zwingend der Realität entsprechen. Kannst Du ein Beispiel geben? Rembrandt ist da ganz hervorragend. Da leuchten einige Gesichter auf den Bildern von einer Kerze angestrahlt und andere wieder nicht. Und wenn man versucht das nachzustellen, stellt man fest, dass das Licht eigentlich auf allen Gesichtern zu sehen sein müsste. Kanntest Du diese Details vorher schon oder sind sie Dir selber erst beim Kopieren aufgefallen? Ich wusste, dass es gute Kompositionen sind und dass man gut daran lernen kann, aber viele Details fallen auch mir selber erst beim nachstellen auf. Warum stellt Ihr eigentlich gemalte Bilder nach und nicht Fotografien? Wir kopieren Alte Meister der Malerei deshalb, weil viele so unglaublich perfekt gestaltet sind. Und dabei erwirbt man automatisch sehr viele Gestaltungskenntnisse, die man auch für Film, Fernsehen oder eben die Fotografie nutzen kann. Kannst Du ein paar Beispiele geben? Es gibt eine bestimmte Leserichtung bei Bildern: Dass man es von links oben nach rechts unten betrachtet, so wie wir eben auch lesen. Und dass man auf dem Weg, den das Auge beschreitet, bestimmte visuelle Reize anordnet und so den Weg des Betrachters als Gestalter ganz entscheidend beeinflussen kann. Und das machen die Alten Meister perfekt und führen uns dann beispielsweise auf eine bestimmte geschichtliche Szene hin und drücken damit Stimmungen aus. Und Deine Studenten können am Ende des Seminars fotografieren wie die Alten Meister malen konnten? Es geht darum, dass sie das Handwerkszeug, das die Maler seinerzeit genutzt haben, auch für ihre Zwecke einsetzen können. Wie sieht das konkret aus: Ihr nehmt ein Rubensbild, auf dem viele leicht bekleidete Frauen zu sehen sind, dann müssen sich Deine Studenten auch ausziehen? Ich frage die Studenten, ob jemand Lust bei dem Bild mitzumachen und wenn sie das wollen, ist das gut. Wenn nicht, engagieren wir externe Modelle. Und dann? Es gibt immer mehrere Jobs bei einem Bild zu vergeben. Einer macht die Kamera, einer muss das Licht betreuen, einer muss die Maske machen, einer muss den Modellen sagen, wie sie sich bewegen sollen. Es sind immer Gruppen à 5-6 Studenten an einer Bildproduktion beteiligt, die sind meist alle gut beschäftigt. Jetzt gibt es Eure Werke als Buch. Wen stellt Ihr Euch denn als Käufer dafür vor? Zunächst mal haben wir selber sehr viel Spaß bei der Produktion der Bilder gehabt und das wollen wir den Lesern gerne weitergeben: dass es durchaus Spaß macht eine gewisse Respektlosigkeit gegenüber Kunstwerken an den Tag zu legen. Denn es geht darum, dass man sich mit Kunst und Gestaltung auseinandersetzt und sich fragt, was sehe ich da eigentlich. Und da kann unser Buch vielleicht ein wenig Erklärungsarbeit leisten.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Das Buch trägt den Titel Kunst erneuern. Ein Jungbrunnen für Alte Meister und kostet 9,90 Euro