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Junger Wind an der Ostsee

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Warum ist gerade deine Heimat das Thema des Verlages? Ich empfand das als nahe liegendes Thema, das Potential hat. Ich bin hier aufgewachsen, ich liebe die Landschaft von Mecklenburg-Vorpommern und die Menschen. Klar gibt es schöne Orte überall. Trotzdem: Wieso sollte ich was über andere Bundesländer schreiben? Genauso fern liegen mir Themen wie Pop oder Karriere. Mich interessiert eher, was um mich herum, vor Ort, passiert. Du scheinst in Mecklenburg-Vorpommern sehr glücklich zu sein. Die meisten deiner Altersgenossen gehen nach der Schule weg. Versuchst du denen manchmal ins Gewissen zu reden? Nein, eigentlich nicht. Ich respektiere das, wenn die Anderen weggehen wollen. Auch wenn ich das schade finde. Die meisten Leute wollen erst mal nur woanders studieren und dann wiederkommen. Oft klappt das nicht, weil sie dann woanders auch eine Arbeit finden. Ich helfe meinem Vater in seinem Verein "Mein Herz für Mecklenburg-Vorpommern". Er kämpft dafür, dass die Schüler eine Perspektive geboten bekommen, damit sie nicht gehen müssen.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Was macht ihr da genau? Wir gehen in die Schulen und sprechen mit den Jugendlichen darüber, warum sich das Hierbleiben lohnt. Viele Schüler sind erst mal skeptisch, weil sie denken: Was wollen die denn von mir? Wir möchten, dass sie sich grundsätzlich erst mal mit ihrer Identität als Mecklenburger beschäftigen, dass sie wieder Heimatgefühle bekommen. Und zwar auf eine andere Art, als es die Rechten bei ihnen probieren. Sie sollen sich mit ihren Vorfahren, mit der Geschichte des Bundeslandes auseinandersetzen. Oft haben die Schüler kein Verständnis für unser Anliegen, aber manchmal ist eben auch einer begeistert. Damit leistest du einen gesellschaftlichen Beitrag für dein Bundesland. Ja, ganz klar, wir wollen ein frischen Wind schaffen und dass die Menschen hier bleiben. Das Image von Mecklenburg-Vorpommern soll wieder besser werden. Momentan müssen wir mit vielen Vorurteilen kämpfen. Beispielsweise heißt es, dass hier der meiste Alkohol konsumiert wird. Das stimmt nicht, es wird nur der meiste Alkohol gekauft, vor allem von den Skandinaviern, die bei uns preiswert einkaufen. Es heißt: Hier leben die dicksten Menschen, hier ist die Arbeitslosigkeit am höchsten. Wir zeigen mit dem Verlag und dem Verein die positiven Seiten unseres Landes. Zum Beispiel mit dem Buch "Aus alten Zeiten" von Charles James Apperley ... ...das Buch, das Ringstorff Bush schenken will. Genau. Der Engländer reiste vor mehr als hundertsiebzig Jahren durch Mecklenburg-Vorpommern und war vom Land begeistert. Mit solchen Büchern wollen wir der Öffentlichkeit die Möglichkeit geben, andere Zeiten und andere Blickwinkel kennen zu lernen. Die Menschen nehmen das dankbar an. Wir bekommen E-Mails von Lesern, die dem Verlag die Daumen drücken. So was motiviert uns sehr. Und dass ein Politiker wie Ringsdorff auf unseren Verlag aufmerksam geworden ist, ist natürlich toll. Wir haben ja das gleiche Ziel: dass die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern bleiben.

Das ist ein sehr altes Buch. Verlegst du nur alte Bücher? Nicht ausschließlich. Ich habe den Verlag gegründet, als meine Mutter einen Roman schrieb, der im Jahr 1816 spielt. Bei der Recherche fand sie viel Material, das uns interessierte. Also habe ich nicht nur das Buch meiner Mutter verlegt, sondern fing auch an, mich um die Rechte alter Werke zu bemühen. Und wann ging es dann richtig los? Anfangs, im Sommer 2004, habe ich die ersten Bücher am Strand verkauft. Ich bin mit meiner Tasche vier Monate lang am Wasser entlang gelaufen und habe Leute angesprochen. Wir hatten damals noch keinen Platz in Buchhandlungen. Am Tag habe ich maximal zehn Bücher verkauft. Aber dann kamen Bestellungen aus München, dem Ruhrgebiet, von überall her. Die Leute waren bei uns im Urlaub und mochten das, was sie bei mir gekauft hatten. Nun ist dein Vater dein Geschäftspartner, deine Mutter Autorin im Verlag. Wie arbeitet es sich mit der Familie? Wir machen das, weil wir davon leben wollen und leben müssen. Wir haben keine andere Möglichkeit, Geld zu verdienen. Am Anfang war es manchmal kompliziert, weil ich alleiniger Inhaber der Firma war. Da war ich im Prinzip der Chef meines Vaters. Manchmal gab es Streit, aber grundsätzlich läuft bei uns alles sehr harmonisch ab. Und wie sieht jetzt deine Arbeit aus? Du läufst ja nicht mehr am Strand entlang. Nein. Ich arbeite vor allem zusammen mit einem Grafiker, lerne da Gestaltungsregeln und wie bestimmte Programme funktionieren. Ich entwerfe die Cover der Bücher, mittlerweile bestimmt zehn, fünfzehn Titel. Ich fange im Herbst an, in Wismar BWL zu studieren. Im nächsten Jahr will ich noch Kommunikationsdesign und Medien zusätzlich belegen, weil mir das so viel Spaß macht. Verkehrte Welt: Du hast erst einen Job und suchst dir dem entsprechend ein Studienfach aus. Während der Berufsberatung in der Schule gab es eine sehr merkwürdige Situation. Die Beraterin fragte nach meinen Interessen, meinen Hobbys, und ich antwortete ihr, dass ich selbstständig sei. Sie schaute nicht schlecht und hat mich beraten, welches Studium mir bei meinem Job helfen würde. Der Verlag ist etwas, das mir ganz viel Spaß macht und sehr wichtig ist. Ich möchte keinen Job machen, der mich nicht begeistert. Buchcover: Godewind Verlag

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