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„Junge Menschen sehnen sich nach Familie und Kindern“

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Warum ist die Stimmung in der Großen Koalition gerade so schlecht? Warum sollte denn schlechte Stimmung sein? SPD und Union streiten sich über Integration und Gesundheitspolitik. Alles öffentlich und über die Medien. Und als SPD-Chef Kurt Beck vor wenigen Tagen vorgeschlagen hat, die Steuern zu erhöhen, hat ihn Jörg Schönbohm von der CDU als „Konjunkturkiller“ bezeichnet. Das ist nicht sehr nett. Ich glaube nicht, dass das mit der Großen Koalition zusammen hängt. Egal wer mit wem koaliert: Es gibt immer Spannungen, weil der Koalitionspartner eine andere Partei ist, mit eigenen Zielen und Vorstellungen. Insofern sind das recht harmlose Schüsse aus den Schützengräben. Muss man in einer Großen Koalition besonders laut sein, um wahrgenommen zu werden? Ich glaub schon. In einer solchen Koalition, wo die Mehrheiten wesentlich größer und stabiler sind, muss man sich schon etwas Schärferes ausdenken. Wenn man von den Medien wahrgenommen werden will, muss man krasse Forderungen stellen, sonst geht man in der alltäglichen Politik unter. In einer kleineren, engeren Koalition könnte man sich das so gar nicht erlauben. Wenn die Mehrheiten enger sind, wie etwa in der vergangenen Wahlperiode, wo die Regierungsparteien nur ein, zwei Stimmen Vorsprung im Bundestag hatten, ist auf jeden Fall eine stärkere Disziplin gefordert als jetzt, wo wir als Koalition eine Mehrheit von über 70 Prozent haben. Das klingt so, als würden vor allem die Populisten profitieren. Das würde ich gar nicht sagen. In einer engeren Mehrheit haben sie den Vorteil, dass sie das Zünglein an der Wage sind. Wenn man nicht auf sie eingeht, können sie die Mehrheiten zum Kippen bringen. Jetzt ist es natürlich einfacher, sich hinzustellen, laut zu schreien und auch einmal dagegen zu sein, weil es auf die eine Stimme nicht ankommt. Solche Leute können dann mehr fordern, ohne dass er der Partei schadet. Es steht zwar dann in den Medien, aber an den Mehrheiten ändert sich nichts. Stören Dich die Kompromisse, die man in einer Großen Koalition machen muss? Die muss ich ja auch in der eigenen Partei machen. Wenn ich einen Vorschlag habe, muss ich ihn mit allen abstimmen. In der CSU, die eine Volkspartei ist und eine weite Bandbreite an Meinungen hat, ist das nicht sehr einfach. Und angenommen, ich habe einmal die komplette CSU hinter mir, muss ich dann erst einmal meine CDU-Kollegen davon überzeugen. Erst wenn das geschafft ist, muss man sich mit dem Koalitionspartner auseinandersetzen. Zwischen dem äußeren Flügel der CSU und dem äußeren Flügel der SPD findet sich fast das komplette politische Spektrum der Bundesrepublik – von extremistischen Randgruppen einmal abgesehen. Da gehören Kompromisse dazu. Du hast Dich gerade mit fünf anderen jungen CSU-Abgeordneten zum Thema Familienmodell und Elterngeld zu Wort gemeldet. Wie setzt Du Dich für die Interessen junger Menschen ein? Das betrifft ja gerade junge Menschen. Wir wollen, anders als unsere Familienministerin, nicht, dass es beim geplanten Familiengeld die sogenannten Vätermonate gibt. Geplant ist ja, dass das Geld nur gezahlt wird, wenn auch der Vater zwei Monate Erziehungsurlaub nimmt. Wir finden, dass sich der Staat da nicht einzumischen hat. Jede Familie soll sich selbst für ihr Familienmodell entscheiden. In so einem Fall kann man sich auch durchaus mal mit den eigenen Ministern und der eigenen Partei kritisch auseinandersetzen. Für wen habt ihr bei diesem Vorstoß gesprochen? Für diejenigen, die sich für Kinder entscheiden. Natürlich spricht man da vor allem für junge Leute, weil die Älteren in der Regel keine Kinder mehr bekommen. Ihr habt euch auch schon Frühjahr gegen ein modernes Familienbild im CSU-Grundsatzprogramm eingesetzt. Warum eigentlich? Weil wir der Auffassung sind, dass das traditionelle Familienbild als Leitbild das richtige ist. Wer sind „wir“ – abgesehen von Euch sechs? Ich glaube, dass die Mehrheit der Partei hinter uns steht, und zwar eine große Mehrheit. Ich weiß, dass die komplette Basis auch so denkt. Wir haben so viele Zuschriften bekommen – nicht nur aus der CSU, sondern aus ganz Deutschland – in denen sich die Leute bedankt haben, dass auch einmal von jüngeren Politikern dazu Stellung genommen wird, wie das traditionelle Familienbild auszusehen hat. Es ist auch das Idealbild für viele junge Menschen. Wenn ich mich bei uns daheim auf dem Land oder auch in den Städten mit jungen Menschen unterhalte, dann ist das deren Lebenssehnsucht. Die jungen Menschen sehnen sich danach, eine Familie zu gründen und Kinder zu bekommen. Das bedeutet aber nicht, dass die Leute, die in anderen Modellen leben – als Singles, Alleinerziehende oder in Patchwork-Familien von der Politik benachteiligt werden. Das ist die Lebensrealität, die wir gar nicht leugnen. Das darf man nicht vermischen mit dem Idealbild, von dem was unserer Ansicht nach wünschenswert wäre. Bist Du neokonservativ? Ich würde mich weder als neoliberal noch als neokonservativ bezeichnen. Ich möchte für meine Generation so eine Politik machen, dass es auch noch später, wenn ich einmal mit der Politik aufgehört habe, lebenswert ist, in unserem Land zu wohnen. Und zu einer zukunftsgerichteten Politik gehört es eben, sich um das Wohlergehen seiner Kinder und Enkelkinder Gedanken zu machen. Fotos: www.Dorothee.info In der Reihe "Leben mit der Großen Kolaition sind bisher erschienen: Interviews mit der SPD, den Grünen und der FDP

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