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"Jeden Tag passieren hier eigenartige Dinge."

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jetzt.de: Ende Oktober erscheint euer Debütalbum "Summer". Um das zu bezahlen, habt ihr als erste deutsche Band die Plattform Pledge Music genutzt. Was steckt dahinter?
Pierre Bee: Die Idee hinter Pledge Music ist, dass Fans das Album oder Projekt einer Band finanzieren. Im Grunde läuft das so: Die Fans kaufen Dinge wie original lyric sheets oder so. Dieses Geld kann die Band dann in die Aufnahmen, in Fotos, ins Artwork investieren. Zehn Prozent des Geldes, das wir bekommen, fließen außerdem an wohltätige Zwecke.  

Hat sich dieses Prinzip für euch bewährt?
Pledge Music hat uns geholfen, das Album aufzunehmen. "Auf die Plätze", ein richtig gutes deutsches Indielabel aus Kulmbach, kam dann zu uns, nachdem sie auf ein Video von uns gestoßen waren, und bot uns an, die Platte zu veröffentlichen. Die Fans haben also den Aufnahmeprozess – die Entstehung des Albums – bezahlt. Und "Auf die Plätze" gaben uns das Geld, um das Ganze abzuschließen.  

Was haben die Fans, die euch unterstützt haben, dafür bekommen?
Viele verschiedene Dinge. Die Fans konnten das Album kaufen, bevor es überhaupt erschienen war. Oder einige Bühnenoutfits, die wir bei Konzerten getragen hatten. Alles in allem sehr persönlicher Kram.  

Glaubst du, dass Pledge Music klassische Strukturen wie Plattenfirmen und Musikverlage ablösen kann?
Ich glaube, das hat schon begonnen. Die Tatsache, dass Leute Musik illegal downloaden wirkt sich stark auf die Musikindustrie aus – positiv wie negativ. Optimistisch betrachtet, helfen die Fans heutzutage den Bands, indem sie zu deren Konzerten kommen. Viel mehr Leute gehen heute zu Konzerten als früher. Bands müssen deshalb heute tolle Livebands sein. Wenn es um Pledge Music geht, glaube ich, dass das noch ein wenig dauern wird bis es so richtig funktioniert. Aber Bands wie The Subways, Gang of Four oder Apocalyptica nutzen das bereits – das ist ein gutes Zeichen. Aber damit du als Band Pledge Music gut nutzen kannst, musst du dir erst einmal eine große Fanbase aufbauen.

Du hast gesagt: "Our songs and ideas are like children and we don’t like strangers playing with them." Sind große Plattenfirmen die dunklen Gestalten, von denen man keine Süßigkeiten annehmen sollte?
Wir kennen ein paar Bands, die bei Majorlabels unter Vertrag sind oder mit komischen Managements zusammenarbeiten. Die übernehmen dann die künstlerische Kontrolle. Die Bands machen nicht die Videos und entscheiden auch nicht, welcher Song veröffentlicht werden soll. Wir machen eben alles selbst. Wir haben das Album produziert, gemischt und geschrieben, das Artwork entworfen und die Videos gedreht.

http://www.youtube.com/watch?v=EvHHkW_uX4Y

In der Vorab-Single "Neuzeit" singst du, frei nach dem Zitat "Männer machen Geschichte" vom Historiker Heinrich von Treitschke: "Und wir machen neue Geschichte". Wie sieht diese neue Geschichte denn aus?
Im Song "Neuzeit" geht es um die Art, wie Jugendliche Deutschland sehen. Was wir wollen, ist die Art zu verändern, wie die Leute Musik hören in Deutschland. Es gibt eine wachsende Bewegung hier, die es satt hat, von den großen Labels mit Nonsens gefüttert zu werden. Das ist noch nicht einmal mehr gute Popmusik, sondern Klingeltöne, irgendwelche Krokodile und so ein Quatsch. Keine Ahnung, was der Unterschied zwischen Bosse und Tim Bendzko ist.

Du bist in London aufgewachsen. Glaubst du nicht, dass es in deiner englischen Heimat einfacher wäre Popmusik zu machen als in Deutschland?
Der englische Musikmarkt ist meiner Meinung nach übersättigt. Bands werden dort schlecht behandelt. In England halten die Radios zwar immer Ausschau nach neuer Musik, was gut ist, aber wenn du eine kleinere Band bist, wollen die Leute dich eh nur ausnehmen und sind nicht besonders nett zu dir. Andere Bands reden schlecht über dich, weil sie neidisch sind oder so. Deutschland ist auf dem Indielevel ein Ort, der als Band einfach Spaß macht. Die Promoter zahlen genug. Du musst dir nicht jeden Tag vor Augen halten: "Oh, ich verliere 200 Euro pro Nacht." Wir laden viele Bands aus England hierhin ein, um mit uns zu spielen. Am 29. Oktober kommen Safari, eine Band aus London, rüber. Die sagen immer: "Wir lieben Berlin und wir mögen die Art, wie den Leuten in Deutschland neue Musik gefällt." Und wir stimmen zu: Wir lieben es, in Deutschland zu spielen, und wir lieben es sehr, in Berlin zu sein.

Ist Berlin für dich gerade der beste Ort auf der Welt, um Musik zu machen?
Die Miete hier ist billig. Du verdienst dein Geld, um die Miete zu zahlen, und dann hast du viel Zeit übrig für Musik, für Kunst, für Wasauchimmer. In London müssten dich deine Eltern unterstützen und du hättest gar keine Möglichkeit, so zu leben, wie in Berlin. Berlin ist auch sehr durchwachsen, jeden Tag passieren hier eigenartige Dinge. Wir mögen es, zu beobachten, wie sich Menschen in Berlin verlieren. Das inspiriert uns.  

Ihr sollt euch als Band im Internet gefunden haben, seid sehr präsent im Web 2.0 und habt schon über 5.000 Likes bei Facebook. Wie wichtig sind heutzutage Seiten wie Tumblr oder Facebook für eine aufstrebende Band?
Unglaublich wichtig. Besonders in Deutschland, wo die Radios Songs von Rod Stewart spielen, die du schon fünf Jahre zuvor vergessen hattest. Junge Leute surfen im Internet, um neue Musik zu finden. Wenn du bei Facebook oder Tumblr laut genug bist, kriegst du Aufmerksamkeit. Und das Beste daran ist: Du brauchst dafür gar keine Kohle, du postest einfach deine Lieder. Bands können jetzt direkt mit ihren Fans sprechen. Wir versuchen, diese alte Barriere zwischen Band und Fans zu überwinden.

Könnte man sagen: das Netz ist die neue Geschichte für Musiker?
Definitiv. Gerade für neue Musik. Ich habe immer noch keine richtige Meinung zu illegalen Musikdownloads. Was ich aber weiß: Die Aufgabe der Künstler von heute ist es, Alben zu machen, die die Leute kaufen wollen. Es geht nicht darum, nur einen guten Songs zu schreiben. Wie bei Casper: Jeder Song auf seinem Album ist gut und hörenswert, nicht ein einziges Lied ist schlecht. Und das haben die Leute erkannt und deshalb das Album gekauft. Das ist auch, was wir nach zwei Jahren Arbeit versucht haben – eine Platte zu machen, von der man denkt: Es lohnt sich, die zu kaufen.  

Das Debütalbum "Summer" von I Heart Sharks erscheint am 28. Oktober.

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