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Jahresrückblick einer Baumbewohnerin

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  Miranda, warum lebst du auf einem Baum mitten im Urwald?  
Am 12. Dezember 2011 begann die Firma Ta Ann mit der Rodung hier in der Gegend. Zwei Tage später haben wir die Plattform errichtet und ich bin auf den Baum gezogen. Ursprünglich wollte ich vor allem filmen und die Zerstörung des Waldes dokumentieren. Dann haben die Medien über unsere Aktion berichtet, und nach einer Woche wurde der Holzeinschlag wieder beendet. Allerdings steht das Gebiet immer noch auf der Rodungsliste, und in anderen Bereichen wird weiterhin abgeholzt. Darum bleibe ich hier oben, bis der Wald effektiv unter Schutz steht. Die ökologische Bedeutung dieser Wälder ist wissenschaftlich bestätigt und die Holzwirtschaft hat zugesagt, sie unter Schutz zu stellen. Aber die Zerstörung geht weiter.  

Parallel läuft eine Protestaktion im Internet. Worum geht es da?  
Ta Ann verkauft das Holz an japanische Unternehmen, die daraus Bodenbeläge herstellen. Das Holz wird als umweltfreundlich deklariert, was nicht den Tatsachen entspricht. Wir wollen, dass diese Unternehmen Druck auf Ta Ann ausüben und kein Holz aus ökologisch wertvollen Waldgebieten akzeptieren. Bisher haben über 7700 Leute die Online-Petition unterzeichnet.  

Wie kann man sich deinen Alltag da oben vorstellen?
Ich verbringe die meiste Zeit am Computer, schreibe meinen Blog und versuche, unsere Botschaft hinaus in die Welt zu bringen. Einmal die Woche kommen Unterstützer und bringen mir frische Lebensmittel. Die Kochmöglichkeiten sind hier etwas eingeschränkt, aber im Großen und Ganzen bin ich gut versorgt. Zum Waschen habe ich nur ein kleines Wasserbecken und einen Waschlappen. Ich benutze eine Komposttoilette, die ich ab und zu zum Ausleeren nach unten lasse.  

Du bist seit über einem Jahr auf der Plattform. Was war dein schönster Augenblick in diesem Jahr?  
Ich denke der großartigste Tag war mein Jahrestag, als ich ein Jahr hier oben war. An diesem Tag haben mir über 300 Leute Fotos geschickt, auf denen sie ihre Unterstützung zum Ausdruck bringen. Die Fotos kamen aus der ganzen Welt, aus Amerika, Europa, Asien. Es war großartig zu sehen, wie viele Menschen unterstützen, was ich tue.  

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Es gab sicher auch schwierige Momente.  
Der Winter war ziemlich hart, es war kalt, halt viel geregnet und geschneit, es war sehr windig. Und es gab Zeiten, in denen ich mich sehr einsam gefühlt habe. Ich bekomme zwar immer wieder Besuch, erst letztens waren meine Mutter und meine Schwester da. Aber die meiste Zeit bin ich alleine hier oben. Manchmal war ich ziemlich traurig. Aber ich bekomme so viel Support, über da Internet bekomme ich mit, wie viele Leute mich unterstützen. Das baut mich dann auf.  

Hast du in solchen Situationen über einen Abbruch nachgedacht?  
Klar, es gab Momente, in denen ich mir nicht sicher war ob ich das durchhalte. Und immer wenn ich mich gefragt habe „Warum tust du das?“, musste ich mich einfach nur umsehen, musste diesen Wald ansehen, wie fantastisch das hier ist. Diese Momente machen mir klar, warum ich hier bin.  

Du lebst seit über einem Jahr außerhalb der Zivilisation. Was vermisst du am meisten?  
Zeit mit Familie und Freunden zu verbringen. Spazieren gehen. Hier auf der Plattform kann ich nur ein paar Schritte machen. Ich habe mir ein Trainingsgerät zugelegt, das sind zwei Pedale, auf denen ich auf und ab treten kann, um das Laufen nicht zu verlernen. Und ich würde unglaublich gern ein richtiges Bad nehmen.

 Andererseits ist es bestimmt toll, in der Natur zu leben. Was wirst du am meisten vermissen, wenn du in den Alltag zurückgekehrt bist?  
Der Wald wird mir wirklich sehr fehlen. Jeden Morgen zu sehen wie die Sonne über den Bergen aufgeht und das Tal erleuchtet, das ist unbeschreiblich. Und die Gesellschaft der Vögel werde ich sehr vermissen. Und die Momente direkt nach dem Regen. Dann sind die Farben unglaublich kräftig. Sehr gerne mag ich auch die Stille bei Nacht. Man hört nur die Eulen und vielleicht  mal ein paar Tiere am Boden. Das ist wirklich fantastisch.  

Wirst du auch den zweiten Jahrestag des Observer Tree oben auf dem Baum feiern?  
Ich hoffe nicht. Noch ein ganzes Jahr wäre wirklich lang. Und es wäre auch eine lange Zeit für den Wald. In dieser Zeit würden eine Menge Bäume gefällt werden und hunderte Hektar Wald verschwinden.    

Miranda hat angekündigt, den Baum erst wieder zu verlassen, wenn die Waldgebiete unter Schutz gestellt wurden. Unterstützer versorgen Miranda regelmäßig mit Lebensmitteln. Mirandas Leben auf dem Baum kannst du unter observertree.org verfolgen.

Text: christian-endt - Fotos: Emma Capp

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